Valuta Tomas

Closing Words


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      ***

      Fast zwei Stunden später betrat sie den Vernehmungsraum erneut. Sie ging direkt auf Matt zu und schloss ihm die Handschellen auf.

      »Wir haben ihr Alibi überprüft. Sie können gehen. Bleiben sie aber bitte für etwaige Fragen für uns erreichbar.« Neve kämpfte mit sich, Matt nicht in die Arme zu fallen. Sie wusste nicht wie ihr Boss das anstellte, aber sein Alibi war tatsächlich Wasserdicht. Die erste Recherche bestätigte, dass er vergangenen Montag nach New York flog und Sonntag wieder zurück. Auch das genannte Hotel bestätigte eine einwöchige Buchung unter diesem Namen.

      »Aber natürlich, ich helfe doch gerne.« Matt konnte es sich nicht nehmen lassen, Neve diesen Spruch entgegen zu schmettern. Er triefte so vor Sarkasmus, dass Neve ihn flüchtig anschaute. Ihre Blicke trafen sich nur kurz, aber sie konnte in den Augen ihres Bosses Verständnis erkennen. Er wird ihr diese Nummer also nicht krumm nehmen.

      Bevor er den Vernehmungsraum verließ, blickte er zu ihr zurück.

      »Schönen Abend noch. Ich werde dann mal zu meiner Familie zurückkehren und meinen Kindern erklären, weshalb das versprochene zelten im Garten ausfällt.« Unbemerkt biss sich Neve auf die Lippen. Deshalb befand sich dieses verdammte Zelt im Garten, was nun in der Forensik liegt und nach Spuren untersucht wird. Sie konnte es ja aber auch nicht wissen. Woher denn? Neve wusste nichts davon, dass Precious und Damon an diesem Abend zelten wollten. Wahrscheinlich machten Matt und Sam das den Tag über aus. Sie bekommt ja kaum noch etwas vom Familienleben mit.

      ***

      Auch wenn sie eigentlich viel lieber zu Sam nach Hause gefahren wäre, um diesen Abend zu erklären, befand sie sich kurz vor Mitternacht in der Gasse, die zu Sams alter Garage führte. Sie alle haben dort noch immer ihre getunten Fahrzeuge stehen, mit denen sie Rennen fahren.

      Aus welchen Gründen auch immer, fühlte sich Neve dort schon immer wohl. In den zehn Jahren in denen Sam im Gefängnis saß, verbrachte sie dort oft Stunden.

      Als sie sich damals ihren Gefühlen Sam gegenüber sicher war und die Zeit ohne ihre Frau an ihrer Seite verstrich, zog sie sich oftmals hierhin zurück, um nachzudenken. Um einen klaren Kopf zu kriegen und sich die nächsten Schritte zu überlegen. Es war für sie ein kleiner Zufluchtsort, wo sie wieder Kraft und Zuversicht tanken konnte.

      Neve war erstaunt aber auch skeptisch, dass das Tor zur Garage offenstand. Es war eigentlich nie offen. Sam und die anderen achteten immer darauf, dass es verschlossen war.

      Konzentriert und mit einer Hand an der Waffe, ging sie langsam auf das Tor zu. Vorsichtig spähte sie in die Garage. Licht drang hinaus.

      Ihr entwich ein lautes Keuchen, als sie Matt in der Garage stehen sah. Erleichterung keimte in ihr auf. Sämtliche Anspannung fiel mit einem Schlag von ihr ab.

      Sie trat aus ihrer Stellung hervor und blickte zu Matt. Er lehnte gegen die Motorhaube seines Wagens. Die Scheinwerfer waren eingeschaltet. Dieses Licht erzielte bei Neve eine beruhigende Wirkung.

      Matt blickte hoch und erfasste sie. Anstatt ein Wort zu sagen, hob er beide Hände. In der einen hielt er zwei Flaschen Bier, in der anderen eine Packung Zigaretten.

      Neve wusste nicht wie sie darauf reagieren sollte. Wie erstarrt stand sie im Tor der Garage und schaute ihren Boss mit großen Augen an. Dann brach alles in ihr zusammen.

      Mit schnellen Schritten eilte sie zu Matt, warf sich in seine empfangenden Arme und begann zu weinen. Die vergangenen Stunden raubten ihr so viel Kraft, dass sie ihre starke Fassade einfach nicht mehr aufrechterhalten konnte. Sie weinte wie ein kleines Kind in Matts Armen, die ihn fest umschlossen. Mit aller Kraft die er besaß, hielt er sie fest und drückte sie an sich.

      Minuten verstrichen, in denen Neve weinte und Matt sie einfach festhielt.

      »Bist du dir sicher, dass du das schaffst?«, flüsterte er fürsorglich. Neve wusste natürlich, dass er sie auf ihren gewagten Spagat ansprach. Sie wusste aber auch, dass sie das packen würde. Egal wie dieser Anblick im Moment wirken mochte.

      »Ja Matt, ich schaffe das. Wir sind doch erst am Anfang. Das war unsere Bewährungsprobe und ich glaube, dass wir diese, trotz meiner jetzigen Heulattacke, gut gemeistert haben«, schniefte Neve. Matt lachte kurz. Zärtlich hauchte er ihr einen Kuss auf den Kopf und entließ sie seinen Armen. Liebevoll nahm er ihr Gesicht in seine Hände und betrachtete sie eingehend. Dann drehte er sich um, nahm das Bier und die Zigaretten, die er dort kurz vor der Umarmung ablegte und reichte Neve eine Flasche.

      »Feierabendbierchen?«, lächelte er vertraut.

      »Ist auch alkoholfrei«, fügte er zwinkernd hinzu. Dankend nahm Neve das Bier an und stieß mit ihm an.

      »Es war echt mal interessant dich bei der Arbeit zu sehen. Du bist gut, verdammt gut. Du hattest die Festnahme und alles drum herum vollkommen unter Kontrolle. Ich bin wirklich beeindruckt. Die Sicherheit und gleichzeitige Eleganz mit der du dich bewegt und agiert hast, hat mir fast den Atem geraubt. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so scharfsinnig sein kannst. So präsent und autoritär. Du hattest eine Macht und einen Einfluss über diese ganze Situation, die einen echt überrannt hat.« Neve schluckte das Bier herunter und schielte zu ihrem Boss hinüber.

      »Schleimer«, grinste sie. Zärtlich stieß er seinen Ellbogen in ihre Seite. Sie schmunzelte wegen dieser liebevollen Geste.

      ***

      Auf Zehenspitzen schlich Neve durch das Schlafzimmer, hob vorsichtig die Decke hoch und glitt fast lautlos drunter. Kaum kam ihr Körper zum erliegen, drehte sich Sam zu ihr um. Ihre Augen waren wach und aufmerksam. Sie schien noch keine Sekunde geschlafen zu haben.

      Neve drehte sich in ihre Richtung und schaute sie an. Ihr kam Sams verängstigter Gesichtsausdruck ins Gedächtnis zurück, als ihre Frau mit ansehen musste, wie sie Matt vor einigen Stunden abführte.

      »Es geht ihm gut. Wir haben keine eindeutigen Beweise. Er ist wieder zuhause«, flüsterte sie beruhigend. Sam nickte.

      Fast bewegungslos glitt sie auf Neves Körper und zog sie in einen Kuss, der solch eine dankbare und machtvolle Geste ausdrückte, dass sich Neve davon erschlagen fühlte.

      Stage 4

      »Äh… .« Neve stupst Sam in die Seite, bevor die Precious zurückrufen kann. Der kleine Zwerg hat eben einen Joghurt mit Smarties in den Einkaufswagen geschmissen, schmeißt ihren Lockenkopf herum und flitzt auch schon wieder in den nächsten Gang.

      »Schatz, lass sie. Sie braucht solche Zuckerbomben zwischendurch auch mal«, beruhigt Neve ihre Frau. Diese zieht fassungslos eine Augenbraue hoch und holt sich den Joghurt aus dem Wagen. Angestrengt liest sie sich die Zutatenliste durch.

      »Neve!«, quiekt sie entsetzt.

      »Hast du dir schon mal durchgelesen was da alles für ekelhafte Inhaltsstoffe drinnen sind? Das kann doch nicht gesund sein.« Beschwichtigend lächelt Neve sie an und zieht die Schultern hoch.

      »Komm schon.«

      »Nein!« Sams Stimme gleicht einer Hundepfeife. Ihr Ton befindet sich auf solch einer Höhe, dass nur Neve die Frequenz hören kann. Und die klingelt ungemein fies in ihren Ohren.

      »Neve, so einen Kram wird Precious nicht kriegen. Ich kann ihr genauso gut einen Joghurt machen. Naturjoghurt und Agaven Dicksaft, fertig ist der Lack. Mehr braucht man da nicht und das ist viel gesünder.«

      »Und wie willst du die Smarties ersetzen?«, grinst Neve spielerisch.

      »Da fällt mir schon was ein«, grummelt Sam und stellt den Joghurt in das Regal zurück.

      Kopfschüttelnd schaut Neve ihrer Frau hinterher, während die das Kühlregal inspizierend entlangläuft. Mit einem schnellen Griff holt sie den Smarties Joghurt aus dem Regal wieder heraus und versteckt ihn im Wagen unter dem Toilettenpapier.

      Manchmal fragt sie sich tatsächlich, wie Precious ohne solche künstlichen