Stephane Rambicourt

Barbara


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keinen Widerspruch duldete: „Babette, sofort ins Bett und du Anna Maria geh in die Mühle und hole deinen Vater hierher.“

      Nachdem sich Barbara ins Bett geschleppt hatte, kamen Mutter und Vater diskutierend zu ihr.

      „Kind was ist denn los mit dir?“, wollte der Müller wissen.

      „Ach Pip, mir geht es gar nicht gut. Ich hatte heute Nacht einen Alptraum. Meine Schwester hat mich dann geweckt und ich konnte dann nicht mehr schlafen. Weil ich immer an den Traum denken musste und jetzt nicht weiß was ich tun soll und auch wie ich das tun könnte“, erklärte Barbara in weinerlichem Ton.

      „Magst du mir den Traum erzählen Kleines?“ fragte der Vater einfühlsam.

      „Ja aber ihr dürft mich deshalb nicht auslachen oder verurteilen. Es ist etwas sehr, sehr sonderbares“, erklärte Barbara ernst.

      „Gut Kind, wir hören“, schaltete sich jetzt auch die Mutter ein.

      Zögerlich beginnt Barbara zu erzählen: „Also ihr könnt euch vielleicht noch erinnern, als ich mit Mama im Wald Kräuter und Pilze gesammelt hab. Ist schon eine Weile her. Ich habe dort doch diese seltsame alte Frau getroffen, die Mama nicht gesehen hat. Die Frau ist mir heute in der Nacht im Traum erschienen und hat mir Anweisungen gegeben. Jetzt weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll.“

      Der gestandene Müller Nicolaus Lux und seine Frau Anna Catharina zuckten beide unmerklich zusammen.

      Leicht mit dem Kopf nickend bat der Vater seine Tochter: „Erzähl, was dich so verwirrt, Kind. Vielleicht können wir dir helfen?“

      „Also gut“, erwiderte Barbara, „Sie meinte, was sie mir sagt ist von ganz großer Bedeutung und muss ganz, ganz schnell an alle wichtigen Persönlichkeiten, dem Herzog, dem Bürgermeister und allen Pfarrern weitergegeben werden. Ich würde dabei aber auf großes Unverständnis stoßen. Sie werden mir vermutlich nicht glauben. Deshalb musst ich selbst die wichtigsten Orte besuchen und nach Beweisen suchen. Sie sagte weiter, und jetzt achte genau auf meine Worte. Am 2. Dezember 1728 wird es ein sehr großes und sehr schweres Beben geben. Ein Beben der Erde, das die Welt bis dahin noch nicht gesehen hat. Nur wer Vorkehrungen trifft und an diesem Tag nicht in der Nähe eines Hauses ist wird überleben. Sie meinte, gehe an genau diese Orte die dir gegeben sind, lege dein Ohr an den Boden und achte auf ein Brummen aus dem Inneren der Erde. Ich hab die seltsame Frau auch gefragt wer sie denn ist, da hat sie gesagt mein Name ist wie Schall und Rauch. Manche würden sie Nostradamus, andere Jeanne d'Arc oder das Orakel von Delphi nennen. Ich soll ihr vertrauen und nach meiner Bestimmung gehen. Sie sagte noch wörtlich: Du wirst eines Tages als weise Frau von Eschviller in die Geschichtsbücher eingehen. Also ich weiß nicht was ich tun soll, ich weiß auch nicht wer die Menschen sein sollen, von denen sie sprach und was sind Geschichtsbücher? So und jetzt ist es raus, alles!“

      „Mein Kind“, begann die Mutter nachdenklich, „du bleibst jetzt erst einmal in deinem Bett und erholst dich. Versuche nicht an das alles zu denken. Hier ist dein Lavendel-Kissen, das wird dir helfen. Dein Vater und ich werden uns unten in der Küche unterhalten.“

      Mit dem Kopf leicht nickend, nahm sie ihr Lavendel-Kissen und roch daran. Der wohltuende Geruch machte sie schnell müde.

      Die Müllersleute gingen in die Wohnküche. Der Müller nahm zwei Schnapsgläschen aus dem Schrank, während Anna Catharina die beiden Gläschen füllte. Sie sahen sich an und kippten den Schnaps in ihre Kehlen. Beide schüttelten sich heftig und setzten sich auf die selbstgebaute Eckbank.

      „Jetzt ist das eingetreten, was ich unbedingt vermeiden wollte“, begann die Müllerin.

      „Wie soll ich das jetzt verstehen Frau?“ fragte der Müller irritiert.

      „Ich wusste bereits vor der Geburt unserer Babette, dass sie eine gewisse Bestimmung für diese Welt haben wird. Ich sagte dir doch vor der Geburt, dass unsere Tochter etwas ganz besonderes sein wird. Nun jede Mutter meint, dass ihr Kind etwas ganz besonderes ist, was ja auch so stimmt. Aber für unsere Barbara wurde schon vor der Geburt der Weg einer weisen Frau vorbestimmt. Ich wusste das sogar bevor wir verheiratet waren. Du weißt vielleicht noch der frühere Erzbischof von Metz war ein guter Freund meines Vaters und der hat mir prophezeit, dass mein elftes Kind eine Tochter sein wird und für sie der Weg der Weisen Frau vorbestimmt ist“, erläuterte Anna Catharina Lux, die Müllerin nachdenklich.

      „Bitte? Und du hast mir das nicht gesagt? Ich habe dir aber auch etwas verschwiegen. Es hat mit einem Erlebnis deines verstorbenen Vaters zu tun. Er und deine Mutter waren doch wegen eines Geschäfts oder so in Eschviller, als Barbara geboren wurde. Auf dem Rückweg ist es dann passiert. Mitten in unserem Wald kam ein fast weißer Hirsch aus dem Wald. Deine Mutter blieb zurück und er ging langsam weiter. Der Hirsch stand richtig Furcht erregend auf seinem Weg. Plötzlich senkt er seinen Kopf, so als ob er einen Diener vor deinem Vater machen würde. Dann erhob der Hirsch sich, röhrte laut und verschwand im Wald. Dein Vater meinte es sei so als ob der Hirsch sagen wollte, heute wird noch etwas Wunderbares und außergewöhnliches Geschehen. Und nun ist die kleine Barbara da. Das waren die Worte deines Vaters und auch seine, so sehr aufgeklärte, tapfere Frau, deine Mutter, war der gleichen Meinung“, lächelte der Müller seine Frau an, „und jetzt sitzen wir hier und wissen nicht was wir tun sollen.“

      „Meine oder deine Eltern können wir nicht mehr fragen, aber der alte Erzbischof von Metz meinte damals er würde diese Informationen auch an seine Nachfolger übergeben, so dass wohl irgendwo etwas geschrieben stehen müsste. Ich werde heute sofort nach Metz fahren und versuchen zum Erzbischof zu kommen oder soll ich vorher mit unserem Pfarrer reden?“ entgegnete die Müllerin.

      „Ich denke, das mit dem Pfarrer und mit dem Erzbischof wäre soweit wichtig und richtig. Aber hilft das unserer Babette?“ fragte der Müller.

      „Was sollen oder können wir sonst machen? Ich sage Johanna Bescheid, sie soll für unsere Babette einen Baldrian-Tee bereiten und dann soll die Kleine sich erstmal ausschlafen“, erklärte Anna Catharina und gab ihrer ältesten Tochter sofort die Anweisungen, „und ich geh jetzt sofort zu unserem Pfarrer.“

      Nicolaus Lux ging zurück in seine Mühle, konnte sich aber nicht gut auf seine Arbeit zu konzentrieren. Er rief seinen Sohn Johann Adam zu sich und übergab ihm die Aufträge des Tages. Anschließend ging er zurück zum Haus um nach Barbara zu sehen.

      „Pip, alles in Ordnung. Die Kleine schläft ganz ruhig“, beruhigte ihn seine älteste Tochter Johanna.

      „Danke Hanna, wir sind alle im Moment etwas aufgeregt“, erklärte der Müller seiner Tochter.

      „Was ist eigentlich eine weise Frau?“ fragte Johanna ihren Vater.

      „Ja Kind. Das sind besondere Frauen, die sich auf Prophezeiungen, Zauberei und auch auf die Heilkunde verstehen“, antwortete der Müller.

      „Und so eine ist unsere Babette? Also zaubern kann sie bestimmt nicht, sonst hätte sie das bereits ausprobiert,“ bohrte Johanna weiter. Als Antwort bekam sie nur ein nicken des Vaters.

      Johanna setzte daraufhin wieder ihre Arbeit in der Küche mit den Vorbereitungen für das Mittagessen fort.

      Anna Catharina erreichte zur gleichen Zeit die Kirche und schaute kurz rein, ob der Pfarrer sich gerade in der Kirche befand. Als sie ihn nicht sah, ging sie Richtung Pfarrhaus, dabei stellte sie fest, dass der Pfarrer auch nicht in der Sakristei war. Im Pfarrhaus erreichte sie den Pfarrer, der gerade über seiner Predigt für den Tag saß.

      „Gelobt sei Jesus Christus“, grüßte die Müllerin den Pfarrer.

      „In Ewigkeit, Amen“, erwiderte der Pfarrer, „Müllerin was führt dich außerhalb des Gottesdienstes zu mir? Ist etwas passiert? Ist etwas mit Babette?“

      „Wie kommen ihr darauf, dass ich wegen unserer Barbara hier sein könnte?“ fragte die Müllerin neugierig.

      Lächelnd erwiderte der greise Pfarrer: „Ich habe gerade heute wieder einmal das Dosier von Erzbischof