Stephane Rambicourt

Barbara


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auf. Lass lieber die Jungen die Arbeit am Mühlrad im Fluss machen“, verabschiedete Anna Catharina ihren Ehemann, wohlwissend, dass er ihrer Bitte nicht nachkommen wird.

      Sie gönnte sich noch einen Moment der Ruhe auf der Eckbank und begann dann das Mittagessen vorzubereiten.

      Kurz bevor sie das Mittagessen fertig hatte, ihre Töchter Margaretha und Catharina, deckten gerade den Tisch, betrat Johanna mit ihrer kleinen Schwester Barbara die Wohnküche.

      „Na wie geht es denn unserer Langschläferin?“ wollte die Mutter wissen.

      „Mir geht es sehr gut Mutsch. Kann ich etwas helfen?“ fragte Barbara eifrig.

      „Wenn du magst, kannst du Papa und deine Brüder zum Essen rufen. Es ist fast fertig“, lächelte die Müllerin und zwinkerte ihrer großen Tochter mit einem Auge zu.

      Als Barbara auf dem Weg zu Mühle war, sagte die Müllerin zu ihrer ältesten Tochter: „Hanna, danke. Ich kann mich halt immer auf dich verlassen. Aber Babette ist jetzt wieder in Ordnung. So dass wir uns keine Sorgen machen müssen.“

      Johanna umarmte ihre Mutter und flüsterte ihr ins Ohr:

      „Ich werde immer auf sie aufpassen, auch weiterhin.“

      „Danke mein Kind“ freute sich die Anna Catharina und umarmte Johanna.

      Wenig später betrat Barbara mit ihrem Vater und den Brüdern die Wohnküche.

      „Setzt euch, das Essen ist sofort fertig“, lächelte die Müllerin, als sie die erwartungsfrohen Blicke ihrer Kinder und auch ihres Ehemannes sah. Heute hatte sie eine große Quiche Lorraine, einer sehr schmackhaften lothringer Spezialität mit Eiern, Creme fraiche, Speck auf einem Mürbeteig, bereitet. Anna Catharina wusste, dass dieses Mittagsmahl allen sehr gut schmeckte.

      Sie nahm zwei große dampfende Backbleche aus dem Ofen und platzierte sie auf dem großen Esstisch. Anschließend wurde ein Dankgebet durch den Hausherren und Müller gesprochen.

      Während des Essens wurde nur sehr wenig gesprochen. Nur dieses eine mal sagte der Müller Nicolaus Lux vorsichtig:

      „Johann mein Sohn. Du kennst doch bestimmt noch den Taufpaten von deinem Bruder Adam, mein entfernter Cousin Johann Adam Stephan aus dem pfälzischen Eppenbrunn?“

      „Ja klar Pip. Der hat doch die schöne Mühle dort in Eppenbrunn, warum fragst du? Braucht er Hilfe?“ erkundigte sich Johann freundlich.

      „Weißt du mein Sohn, er bräuchte tatsächlich Hilfe. Aber nicht nur für eine kurze Zeit, sondern für immer. Er hat ja nur einen Sohn, der körperlich der Arbeit eines Müllers nicht gewachsen ist und so sucht er jetzt einen Nachfolger für seine Mühle“, antwortete Nicolaus einfühlsam.

      „Wenn du mir das zutraust? Und auch die Zunft damit einverstanden ist, würde ich das natürlich gerne machen. Aber wie soll das denn gehen? Willst du die Mühle kaufen?“ erkundigte sich der junge Müller bei seinem Vater.

      „Nun, mein Sohn, verkaufen will er nicht. Die Mühle soll und muss in der Familie bleiben, was ja auch richtig ist. So bleibt eigentlich nur ein Weg“, erklärte Nicolaus seinem Sohn und den neugierigen Ohren der anderen Kinder am Tisch.

      „Und der wäre?“ wollte der junge Mann jetzt wissen.

      „Kennst du seine jüngste Tochter, die Anna Margaretha? Sie soll außerordentlich hübsch sein? Vielleicht könntest du das Mädel heiraten?“ tastete sich Nicolaus Lux langsam und vorsichtig vor.

      Plötzlich strahlte das Gesicht des jungen Mannes.

      „Vater? Ich darf Anna Margaretha heiraten? Du glaubst gar nicht wie glücklich ich bin“, rief der junge Müller froh.

      „Hallo, Herr Sohn. Gibt es da vielleicht etwas, das dein alter Vater und deine Mutter wissen sollten?“ fragte Nicolaus lächelnd.

      „Also gut. Anna Margaretha und ich, wir kennen uns schon sehr lange und sind eigentlich auch bereits seit langem ein Paar. Erinnerst du dich an meine Walz? Eppenbrunn, die Stephan-Mühle war meine letzte Station vor der Lossprechung und dabei habe ich die Anna Margaretha sehr oft gesehen und mich auch mit ihr getroffen und sehr, sehr gut verstanden. Dass ich sie jetzt heiraten darf wäre für mich das Größte überhaupt“, erklärte der junge Müller frohen Herzens.

      „Gut, dann soll es so sein mein Sohn, wenn deine Mutter auch ihren Segen gibt“, sagte der Müller grinsend.

      Alle Blicke richteten sich jetzt erwartungsvoll auf Anna Catharina, die lächelnd sagte:

      „Mein Sohn, du bist alt genug für diesen Schritt. Wenn es dein eigener Wille ist, dann soll es so sein. Gerne gebe ich dir und deiner zukünftigen Frau meinen Segen.“

      Alle Kinder am Tisch klatschten in die Hände und freuten sich sehr für ihren Bruder.

      „Ich werde also gleich einen Brief an Johann Adam schreiben und vorschlagen, dass du deine Anna Margaretha heiraten kannst. Wir werden aber ins Pfälzische fahren müssen und du musst formell um ihre Hand anhalten“, freute sich auch der Müller Nicolaus.

      Nach dem Essen setzte er sich deshalb sofort an seinen Schreibtisch und schrieb seinem Cousin einen Brief, den Barbara lachend zur Poststation brachte.

      Während Barbara unterwegs war und die anderen ihren Arbeiten nachgingen, fragte Anna Catharina ihren Mann leise:

      „Gib es zu, du hast das alles vorher bereits gewusst! Stimmt doch?“

      „Ja, aber anders konnten wir das nicht machen. Adam weiß ja auch schon lange Bescheid, dass zwischen den beiden etwas ist. Also geht jetzt alles seinen geordneten Weg“, antwortete der Müller lachend, „ich denke ein Hochzeitstermin nach der Ernte wird sich bestimmt finden lassen“.

      Der Müller küsste seine Frau und ging wieder an die Arbeit.

      3

      Die folgende Nacht und der Morgen vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Für den Tag hatte sich der Pfarrer aus Volmunster, Hochwürden Maginot, angesagt.

      Johanna, die älteste Tochter der Müllerfamilie hatte für diesen Anlass bereits das traditionelle Madeleine-Gebäck gebacken und aus dem Ofen genommen. Die Schwestern, Catharina und Margaretha deckten in der Zwischenzeit den Tisch ein. Anna, die zweitälteste Schwester, bereitete während dessen den dampfend heißen Kräutertee zu. Die Mädchen durften heute, zu Ehren des hohen Gastes, das besondere Geschirr aus Soufflenheim, welches Anna Catharina von ihrer Mutter als Aussteuer bekommen hatte und nur zu besonderen Anlässen aufgelegt wurde, eindecken. Mit großer Andacht, damit nichts zu Bruch geht, nahmen die Mädchen jeden Teller einzeln in die Hand und deckten bedächtig den Tisch.

      „Hanna, bekommen wir Kinder auch von den Madeleines oder sind die alle für den Pfarrer?“ fragte der kleine Blondschopf Anna Catharina.

      „Ich denke schon, dass noch welche übrig bleiben werden und die Mirabellencreme zum Eintauchen reicht auch noch für uns alle“, erklärte Johanna ihren kleinen Geschwistern. Insgeheim freute sie sich, dass die Madeleines, ihre Madeleines, den Kindern so gut schmeckten und das machte sie sehr stolz.

      Zwischenzeitlich kam auch Anna Catharina zu ihren Kindern und bedankte sich für den schön gedeckten Tisch.

      „Weiß jemand von euch, wo Barbara ist?“ fragte die Müllerin.

      „Ja, die ist unten beim Fluss und macht so komische Dinge“, antwortete die kleinste Tochter Anna Maria.

      „Was für komische Dinge denn?“ wollte Anna Catharina nun wissen.

      „Erst ist sie auf dem Boden gekniet und hat den Kopf mit den Ohren auf den Boden gedrückt, anschließend mit der anderen Seite. Vielleicht will sie hören wie die Blumen und das Gras wachsen. Ich weiss es nicht“, erklärte die kleinste betrübt.