Stephane Rambicourt

Barbara


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soweit? Sie ist ja erst zwölf Jahre alt.“

      Der erstaunten Müllerin fiel nichts anderes ein als nur zu nicken.

      „Gibt es eine Weissagung?“ wollte der Priester nun wissen.

      „Ja, ich denke. Aber sie ist doch erst zwölf Jahre alt?“ klagte die Müllerin.

      „Müllerin, das Schicksal nimmt keine Rücksicht auf Alter, Jahreszeit oder sonst etwas. Ist es schlimm?“ beruhigte sie der Pfarrer.

      „Wenn es sich bewahrheiten sollte, kann es sehr schlimm werden“, antwortete die etwas verwirrte Müllerin.

      „Gut, ich möchte mich morgen nachmittag mit der Babette bereden. So hat es der Erzbischof auch vorbestimmt, bevor sonst irgendetwas unternommen werden soll. Er hat sehr, sehr genaue Anweisungen erteilt. Ich komme morgen nach der Frühmesse und anschließendem Frühstück zur Mühle. Dann werden wir weiter sehen. Ich hab auch den Auftrag vom Erzbischof, wenn sie reisen muss, sie zu begleiten. Das müssen wir alles bereden“, bestimmte der Pfarrer und legte seine Hand beruhigend auf die Schulter der Müllerin.

      Anna Catharina erhob sich, wandte sich der Tür zu. Während der Pfarrer sagte: „Gelobt sei Jesus Christus.“

      Die Müllerin brachte gerade noch ein „in Ewigkeit Amen“ über die Lippen, während sie sich in Gedanken versunken auf den Heimweg machte. Ihr Gehirn spielte verrückt und sie fragte sich, was denn hier jetzt gerade passiert. Wie in Trance ging sie nach Hause.

      Als sie die Mühle fast erreicht hatte, konnte sie plötzlich nicht mehr weiter gehen. Sie setzte sich ins Gras und atmete kräftig mehrfach durch. Nach einiger Zeit hatte sie ihre Contenance wieder erreicht.

      „Oh mein Gott, wie soll das alles noch werden. Warum muss mein Kind dieses Schicksal tragen. Wohin bisher solche Schicksale meistens führen? Oft nur bis zum Scheiterhaufen, um als Hexe verbrannt zu werden“, murmelte die taffe Müllerin gebrochen vor sich hin, „nein, das muss ich verhindern. Mein Kind ist keine Hexe. Ihr darf nichts passieren und wenn sie reisen muss, werde ich sie begleiten wie sich das gehört“, sagte die Frau jetzt entschlossen.

      Sie erhob sich und ging entschlossen und zielstrebig auf ihre Mühle zu. Plötzlich, während ihres Weges, hatte sie eine Idee, die sie nicht mehr los lies.

      „Die können alle denken was sie wollen. Aber meine Babette wird keine „weise Frau“ wie man sie kennt. Sie wird vor allem eine Geburtshelferin, Heilkundige und Kräuterfrau. Und mit den Weissagungen werden wir auch umgehen lernen“, sagte sie die taffe Müllerin zu sich selbst und setzte entschlossen ihren Weg fort. Am Wohnhaus der Mühle angekommen, traf sie am Eingang auf ihre älteste Tochter Johanna, die gerade Wäsche auf die Leine hängen wollte.

      „Wie geht es denn unserer Babette?“ erkundigte sich die Mutter entschlossen.

      „Mutsch, da bist du ja. Unser kleiner Engel schläft friedlich, tief und fest. Sie wird wohl den verpassten Schlaf aus der Nacht nachholen“, begrüßte Hanna ihre Mutter.

      „Danke mein Kind. Komm wir gehen jetzt gemeinsam zu ihr und wir werden sie jetzt nicht mehr aus den Augen lassen. Eine oder auch einer von uns wird immer bei ihr sein“, bestimmte die Müllerin und ging entschlossenen Schrittes voraus.

      „Ist dein Vater in der Mühle?“ fragte Anna Catharina Lux, als beide vor der Tür angekommen waren. Hanna nickte nur kurz mit dem Kopf.

      „Gut, wir werden jetzt nach der Kleinen sehen. Ich werde dann noch kurz mit deinem Vater sprechen und du bleibst bitte bei ihr, bis du abgelöst wirst. Verstanden? Die Wäsche kann auch deine Schwester aufhängen“, sagte die Müllerin bestimmend, so dass ihrer ältesten Tochter nur ein kurzes Kopfnicken übrig blieb. Sie wusste, dass sie ihre Schwester nicht mehr aus den Augen lassen durfte.

      Die Müllerin Anna Catharina Lux öffnete leise die Türe zum Schlafraum und schaute hinein. Als sie sah dass Barbara tief schlief und ruhig atmete, ging sie auf Zehenspitzen zu ihr und fühlte an der Stirn, ob sie noch fiebrig war. Erleichtert stellte sie fest, dass das Kind kein Fieber mehr hatte und nun auch wirklich ihr Schlafbedürfnis nachholte.

      Leise schlich sie sich wieder vor die Tür, wo Hanna gewartet hatte.

      „Kind, es scheint alles in Ordnung zu sein. Sie hat kein Fieber mehr und atmet völlig ruhig. Bleib bitte hier, oder immer in der Nähe, damit du hörst, wenn sie wach werden sollte. Dann sagst du mir sofort bescheid“, entschied die Mutter.

      Johanna nickte kurz und fragte schüchtern und sehr leise: „Werden die Büttel uns unsere Babette wegholen und sie als Hexe verbrennen, Mutter?“

      „Nein mein Kind. Das wird nicht passieren. Und das mit der weisen Frau, werden wir in eine andere Richtung lenken, so dass niemand mehr auf die Idee kommt unserer Babette etwas antun zu müssen. Ich habe da auch bereits eine Idee, wie ich finde eine gute Idee“, erklärte die Frau lächelnd ihrer Tochter.

      Entschlossen machte sich Anna Catharina auf den Weg in die Mühle um mit ihrem Mann, dem Müller Nicolaus Lux zu reden. Vor der Mühle traf sie auf ihren Sohn Johann Adam.

      „Adam, wo ist denn dein Vater?“ fragte sie kurz.

      „Mutsch, ist etwas passiert? Du bist doch nicht so oft hier in der Mühle?“, fragte Adam neugierig.

      „Nein, ich muss nur sofort mit deinem Vater reden. Wo finde ich ihn denn?“ fragte die Frau ungeduldig.

      „Der ist gerade mit Hans am Mühlrad um die angespülten Äste aus der Schwalb zu entfernen, damit das Mühlrad sich leichter drehen kann“, antwortete der junge Mann freundlich.

      Anna Catharina ging entschlossen zum Fluß und rief laut:

      „Nic, komm bitte her. Es gibt dringend etwas zu bereden!“

      „Cathi, ich komm sofort rüber in die Stube. Dann können wir reden“, meldete sich der Müller aus einer kleinen Entfernung.

      Während sie zurück zum Wohnhaus ging, sah sie ihren Ehemann auch schon kommen. In der Wohnküche band die Müllerin sich ihre Schürze um und setzte sich auf die Eckbank, als auch schon der Müller den Raum betrat.

      „Cathi, erzähl bitte. Was hat der Pfarrer gesagt?“ wollte Nicolaus ungeduldig wissen.

      „Also, der Pfarrer hat einen alten Brief vom Erzbischof, an den er sich auch sofort erinnert hat, weil er das Dosier über Barbara heute erst in der Hand hatte. Er sagte auch, dass der jetzige Erzbischof und auch der Herzog Bescheid wissen würden. In dem Dosier sind genaue Anweisungen für den Pfarrer fest geschrieben worden. Dort steht auch, dass er unsere Babette, wenn sie reisen müsste, begleiten müsse. Ich sage dir aber eines bereits jetzt und heute, ich werde Babette nicht alleine mit dem Reisen lassen. Ich werde sie begleiten und da gibt es keinerlei Diskussionen. Außerdem wird der Pfarrer morgen hier her kommen und mit uns gemeinsam reden“, antwortete die Müllerin sehr entschlossen.

      „Du hast recht mit allem was du gesagt hast. So und nicht anders wird es gemacht“, erklärte derMüller.

      „Auf dem Nachhauseweg ist mir durch den Kopf gegangen, dass unserer Babette sehr leicht der Scheiterhaufen drohen könnte. Der Pfarrer hat zwar das Dosier vom Erzbischof, aber wie die Zukunft aussieht wissen wir nicht. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass das Kind, auch wenn sie eine weise Frau sein sollte, sich nicht auf die Prophezeiungen konzentrieren muss, sondern viel eher eine Geburtshelferin und Wundheilerin sein soll. Außerdem haben wir sie dann immer in unserer Nähe und können auf sie achten. Vielleicht wird sich auch ein Ehemann in der Nähe finden lassen, an dem sie Gefallen findet“, schlug Anna Catharina vor.

      Der Müller lächelte jetzt erleichtert. Er hatte die gleichen Befürchtungen wie seine Frau, die sich sogar noch dahingehend steigerten, dass Barbara durch die Kirche gezwungen werden könnte in ein Kloster einzutreten. Er äußerte diese Gedanken aber nicht, vielmehr gefiel ihm die Idee seiner Frau einen Ehemann für die Kleine in der Nähe zu finden, so dass sie immer bei ihnen wäre und sie auf Barbara achten konnten.