Madeleine Abides

Ein gefährliches Spiel


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Frauenkörpers auch einem Fuß einen flüchtigen Kuss verabreicht hatte. Doch nie war es zu einer vergleichbaren Zeremonie wie diesmal gekommen. Und während sich meine Lippen noch sehnsüchtig auf die zarte Haut dieses niedlichen kleinen Gebildes drückten, empfand ich plötzlich eine veritable Angst, mein blonder Engel könne mich zu Unrecht für einen armseligen Fußfetischisten halten.

      Scheu blickte ich zu ihr auf.

      Sie erwiderte meinen Blick lange und fragte dann sanft:

      „Ist es das, was du gemeint hast?“

      „Was?“

      „Dass du dich mit sowas auskennst.“

      Ich schluckte. Senkte den Blick. Und sah wacker wieder zu ihr auf.

      Ihr Blick war noch berückender geworden. Sie hatte den Kopf nach vorne geneigt und sah mich unter der goldenen Haube ihrer Haarpracht hervor so sinnlich an, dass ich auf einmal das schier untrügliche Gefühl hatte, mit Blicken entkleidet zu werden. Das war mir nie zuvor passiert, und ich muss zugeben, dass es mich enorm einschüchterte.

      Ob Frauen das gleiche demütigende Prickeln empfanden, wenn sie das tausendste Mal in der Öffentlichkeit von ihrem Gegenüber mit Blicken bis auf die sich nackt aufrichtenden Brustwarzen freigelegt wurden?

      Das Füßchen dieser selbstsicheren jungen Frau regte sich vor meinen faszinierten Augen keck und unschuldig wie die erwachende Geliebte in den ersten Sonnenstrahlen des frühen Morgens.

      Ohne es zu wollen, stöhnte ich auf.

      Aus purer Verlegenheit presste ich ein weiteres Mal meine Lippen auf ihren süßen kleinen Fuß. Sie ließ es anmutig geschehen.

      Ich bebte vor Lust.

      Und urplötzlich übermannte mich das Gefühl, dass dieses hinreißende junge Weib schon viel, viel mehr über Sex wieder vergessen hatte, als ich jemals darüber lernen würde.

       6

      Sie sah mich dann geraume Zeit an, und mir wurde zunehmend unwohl dabei. Ihre Blicke schienen mir derart durchdringend, dass ich mich vollkommen durchschaut fühlte, und möglicherweise war ich das sogar. So traf es mich wie ein Keulenschlag, als sie mit ihrer feminin samtigen Stimme auf einmal sagte:

      „Du hast lange keine Frau gehabt, nicht wahr!“

      Es war eine Feststellung, keine Frage, doch ich versuchte auszuweichen:

      „Ach, ich, das würde ich so nicht …“

      „Wie lange?“

      „Also, das … das möchte ich nicht …“

      „Antworte!“

      Etwas Schneidendes lag in ihrer Stimme. Das war immer noch dieses becircende Stimmchen, das mich den ganzen Abend lang auf Wolke sieben gehalten hatte. Doch da war auch ein unüberhörbarer Unterton, der mir ganz ohne Worte zu verstehen gab: ‚Entweder du redest jetzt, oder du kannst dir für den Rest der Nacht jeden Gedanken an Sex abschminken’.

      Das wollte ich auf keinen Fall.

      „Ein halbes Jahr“, stieß ich heiser hervor, „nein, nein: über ein Jahr!“

      Ohne ersichtlichen Grund hatte mich auf einmal die Vorstellung gepackt, dass sie in meinen Gedanken lesen konnte wie in einer Speisekarte und dass sie meine Lüge mit dem halben Jahr sofort durchschaut hatte. Wenn sie mich nun ausgerechnet deswegen aufs Abstellgleis geschoben hätte – nicht auszudenken! Dann lieber die Wahrheit gesagt, auch wenn mich die als Liebhaber in einem ziemlich miesen Licht erscheinen ließ.

      „Na also, war doch gar nicht so schwer.“

      Ihre Worte waren wie ein begütigendes Streicheln über meinen Nacken, mit dem ich mich sehr wohl gefühlt hätte, wäre da nicht die beunruhigende Ahnung gewesen, ihr auf eine seltsame Weise ausgeliefert zu sein.

      Zaghaft schüttelte ich den Kopf.

      „Dann onanierst du viel, oder?“

      Ich war fassungslos, wie unbekümmert sie das schändliche Wort aussprach, ganz abgesehen davon, dass sie die hochnotpeinliche Befragung mit äußerster Selbstverständlichkeit durchführte. Es war wirklich, als gäbe es für sie nichts Normaleres auf der Welt.

      Trotzdem protestierte ich jetzt:

      „Darüber will ich nicht … nicht … Wie kannst du nur so etwas fragen?“

      „Gib Antwort!“, sagte sie völlig ruhig. „Auf der Stelle!“

      Ich kann nicht sagen, weshalb ich sie an diesem Punkt nicht rigoros zurechtwies oder sie gleich aus dem Haus warf. Oder nein: Einen Punkt weiß ich schon, eigentlich zwei. Insgesamt sogar drei. Wenn man ihre sehenswerte Rückseite dazurechnet, vier beziehungsweise fünf.

      Denn mittlerweile saß sie nicht mehr so reglos da wie zu Beginn. Sie bewegte sich vielmehr auf eine kaum wahrnehmbare, sinnliche Art, der ich nichts entgegenzusetzen hatte. Es war wie das lautlose Gleiten einer Anakonda, die sich ihrem Opfer nähert, bis dem kein Ausweg zur Flucht mehr bleibt. Und die es dann erbarmungslos bei lebendigem Leib verspeist.

      „Ja, sicher“, stieß ich schließlich kleinmütig hervor. „Macht doch jeder.“

      Ohne es zu wollen, sah ich zu Boden wie ein ertappter Fünftklässler. Ich fühlte, dass ich errötete. Doch im nächsten Moment hörte ich sie sagen:

      „Na, da muss man doch was tun. Komm mal her zu mir!“

      Ich war jetzt vollkommen von der Rolle und hätte dringend jemanden gebraucht wie einen Regisseur oder einen Verkehrspolizisten oder auch bloß ein billiges elektronisches Navigationssystem, um mich wieder in der Welt zurechtzufinden. Doch ich war auf mich allein gestellt. Weil mein Gehirn trotz allen Bemühens keinen einzigen verwertbaren Gegenvorschlag zu unterbreiten vermochte, tat ich wie mechanisch, wozu sie mich aufgefordert hatte. Als ich mich erhoben hatte und vielleicht eine Armlänge von ihr entfernt stand, fühlte ich mich einfach nur unendlich hilflos.

      Sie lächelte mich von unten heraus an, wissend und herausfordernd, und sie bewegte sich noch immer in dieser schlangengleichen Art, die mich so einschüchterte. Der Ausschnitt ihres Tops gewährte von oben jeden Einblick, den sich ein Mann wünschen kann. Ich wusste mit absoluter Sicherheit, dass ich ihr keinen Wunsch abschlagen würde. Keinen einzigen.

      „Nimm mal die Hände in den Nacken“, forderte sie mich auf, „beide!“

      Vor Verlegenheit bebend biss ich mir auf die Lippen, versuchte mir eine Antwort auszudenken, mit der ich mich verweigern konnte, ohne sie gegen mich aufzubringen. Weil mir keine einfiel, tat ich schließlich widerstrebend, was sie verlangt hatte. Von da an wurde es besser.

      Sie ließ ihre flache Hand an meiner Hose aufwärtsgleiten, sachte und mit Bedacht, und sie sprach dabei leise Worte, die ich schon gar nicht mehr als solche mitbekam. Dann das gleiche am anderen Bein. Ich atmete heftig, ja keuchte, obwohl ich doch nur dastand.

      Es war eine bizarre Situation. Mit fügsam erhobenen Armen stand ich vor einem Mädchen, einer jungen Frau, die ich noch am Morgen nicht gekannt hatte. Ich hatte sie mitgenommen, weil sie kein Obdach gehabt hatte und nicht einmal die Mittel, sich für die Nacht einfach ein Zimmer zu nehmen. Trotzdem harrte ich jetzt bebend vor ihr aus, ließ gefügig meinen Intimbereich inspizieren und brachte selbst nicht mehr zustande als ein bisschen lüsternes Keuchen. Wie ein Tölpel nahm ich es hin, dass sie mich immer wieder aus dem Nichts mit kleinen Neckereien verspottete. Und statt ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen, wagte ich nicht einmal, mit der Hand meinem eigenen Ständer behilflich zu sein, der seit einer kleinen Ewigkeit vergebens versuchte, sich gegen die hinderliche Hose durchzusetzen.

      „Oh weh!“, hörte ich da wieder die Stimme meines blonden Engels. „Das ist ja noch viel schlimmer, als ich dachte. Du möchtest jetzt wirklich sehr gerne, nicht wahr?“

      Ich schluckte hart. Und nickte.

      Es war beschämend, das vor ihr einfach zuzugeben, vor allem wo sie schon wusste,