Madeleine Abides

Ein gefährliches Spiel


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dich jetzt!’.

      Na ja, zum Glück sprach wenigstens ihr Körper eine andere Sprache.

      Und die verstand ich sogar ausgezeichnet.

      Also rasch noch das passende Ambiente geschafft, damit sie sich vollkommen entspannen konnte. Kerzenlicht passte immer, allerdings entschied ich mich für die Kerze in der Tischlaterne: Wenn wir später überstürzt das Zimmer verlassen mussten, sollte außer der just entbrannten Leidenschaft besser nichts in Flammen geraten.

      Davon abgesehen, war es einer dieser Anlässe, für die das betagte Gebälk des Hauses wie geschaffen war. An die achtzig Jahre war das Haus alt, und seine Renovierung hatte mich etwas mehr gekostet, als für einen Neubau fällig geworden wäre. Doch jeder einzelne Tausender war bestens angelegt: An der Fassade blitzte das Fachwerk wieder in altem Glanz, im Inneren gab es allerlei freistehende Balken und offene Verstrebungen. Das dunkle Holz bot einen herrlichen Kontrast zu den weiß gekalkten Wänden. Dazu Dielenböden in fast allen Räumen und einzelne Durchbrüche, die die strenge Etagengliederung speziell in den größeren Räumen weitgehend aufhoben.

      Ein Traum aus ‚Schöner wohnen’, einerseits. Andererseits musste ich zuweilen notgedrungen mit dieser emotionalen Schwäche für alte Häuser klarkommen, die gerade unter jungen Frauen nicht selten anzutreffen ist. Vielleicht brachte die heimelige Atmosphäre sie einfach in die richtige Stimmung für konkrete Maßnahmen zur Familiengründung, was weiß ich?

      Ganz so weit wollte ich natürlich nicht gleich gehen, für die ersten Schritte in diese Richtung jedoch war ich jederzeit zu haben. Vorausgesetzt die Kandidatin hatte lange Beine, keine falschen Hemmungen und diesen entzückenden Sprachfehler, der es ihr in gewissen Situationen vollkommen unmöglich machte, nein zu sagen.

      Was diesen Abend betraf, war ich zuversichtlich.

      Sobald alles so weit vorbereitet war, ging ich in den Keller, um eine Flasche Wein zu holen. Ich entschied mich für einen besonders alten und teuren Château Lafite. Erstens war die Flasche von einer dicken Staubschicht überzogen, was ihr ein ebenso nobles wie romantisches Flair verlieh. Zweitens haben erfahrungsgemäß die meisten Frauen im Gegensatz zu mir eine ausgeprägte Schwäche für Rotwein. Als ich die Kellertreppe wieder hochgegangen war und oben das Licht ausknipsen wollte, stand sie schon da.

      „Du lebst wirklich allein hier?“

      Offenbar hatte sie sich frisch gemacht im Badezimmer und vermutlich sogar ihr herrliches Haar gebürstet. Sie verschränkte die Hände im Nacken und dehnte sich genüsslich, ohne zu bedenken, wie prachtvoll das ihren exquisiten Vorbau zur Geltung brachte. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment rückwärts die Treppe hinunterzufallen.

      „Keine Freundin? Keine Frau, die verreist ist?“

      „Nein, wirklich nicht.“

      „Du belügst mich doch nicht?“

      „Nein.“

      „Zeig mir deine Hand!“

      Ich reichte ihr rasch und bereitwillig die rechte, und schon fühlte ich ihre feingliedrigen Finger daran, ganz leicht feucht und sehr, sehr weich. Sie drehte prüfend die Handfläche nach oben, nach unten, schnappte sich einzeln den Ringfinger und spreizte ein bisschen roh die übrigen Finger weg. Dann die gleiche Prozedur an der linken Hand.

      „In Ordnung!“, sagte sie huldvoll nickend und gab mir auch meine linke Hand gnädig zurück, „aber die Fingernägel könntest du ruhig mal bürsten“. Dann spitzte sie leicht die Lippen, vergaß anscheinend völlig meine Anwesenheit und ließ demonstrativ ihren Blick schweifen:

      „Das ist ein großes Haus.“

      „Wie gesagt: geerbt.“

      „Zeigst du es mir?“

      Sie konnte erfrischend direkt sein. Freilich konnte sich eine Führung durchs Haus ohne Frage auch als gute Gelegenheit erweisen, ihr hie und da unverfänglich näherzukommen. Hauptsache, die Führung endete in einem Raum mit Bett. Doch wo anfangen?

      „Willst du den Keller auch sehen?“

      Sie lächelte spöttisch:

      „Da kommst du doch eben her. Wird schon alles in Ordnung sein in dem finsteren Loch. Oder hast du da unten vielleicht gerade ein paar deiner nackten Sklavinnen angekettet?“

      Donnerwetter! Dieses Herzchen konnte wirklich das Tempo ändern, dass einem die Luft wegblieb. Schon wieder war ich um eine schlagfertige Antwort verlegen und presste nur ein erbärmliches:

      „I wo, für wen hältst du mich denn?“

      hervor.

      Kaum hatte ich das gesagt, ärgerte ich mich schon darüber. Wieso musste ich Idiot ausgerechnet beim Thema Sex abwiegeln, wenn sie mir mit ihrem unbekümmerten Drauflosplappern schon eine solche Vorlage gab?

      Nun, jedenfalls hatte ich mich mit meiner bekloppten Antwort selbst aus der Bahn geworfen und unterließ es nun tunlichst, meinerseits irgendwelche delikaten Anspielungen zu wagen. Die hätte ich aber gebraucht, um mit meinen Verführungsplänen zügig voranzukommen. Es war höchste Zeit.

      Immerhin zeigte sie bemerkenswertes Interesse an dem Haus. Sie ließ sich alles ausgiebig erklären, drängte sich auch selbst mal in diesen oder jenen Winkel und stellte viele Fragen zu praktischen Details.

      „Hast du gar keine Angst, mal überfallen zu werden, in einem so abgelegenen Haus?“, fragte sie mit ängstlichem Unterton.

      „Angst? Was ist das?“, prahlte ich. „Außerdem habe ich eine erstklassige Alarmanlage.“

      „Ist bestimmt waaaaahnsinnig kompliziert.“

      „Überhaupt nicht. Geht alles automatisch.“

      „Dann ist sie immer … äh, wie sagt man …?“

      „… aktiv? Nein. Sieh mal, hier im Flur gibt es diese Steuereinheit, da kann ich sie jederzeit scharf- oder abschalten.“

      „Scharf?“

      Frauen und Technik!

      Mir war klar, dass sie von derlei Dingen besser die Finger lassen sollte, und ihr vermutlich auch. Aber da sie es nun mal wissen wollte, konnte ich es ihr ebenso gut erklären. Verstehen würde sie es sowieso nicht. Aber vielleicht würde sie dafür meine Körpersprache verstehen:

      „Du drückst diesen Knopf – Aus! – oder diesen Knopf – Scharf!“

      Um die Knöpfe zu drücken, hatte ich bedauerlicherweise eng um sie herumfassen müssen, weil sie mir in typisch weiblicher Gedankenlosigkeit genau im Weg gestanden war. Meine Nähe schien ihr aber diesmal nicht viel auszumachen, denn sie drehte nur den Kopf nach mir und zeigte mir lächelnd ihre blitzsauberen Zähne.

      „Und was ist nun scharf?“

      Möglicherweise hatte ich mich in meinem begreiflichen Überschwang doch etwas zu eng an sie gedrückt, und sie hatte schon einmal die ganze Härte der Zukunft zu spüren bekommen. Das, worauf ihr Schoß sich noch dreieinhalb bis vier Minuten lang freuen durfte.

      Doch erstmal piano, piano!

      „Ich, ähm, na ja … also … die Anlage eben. Wenn sie eingeschaltet ist.“

      „Aber müsste da nicht irgendwas blinken oder leuchten oder so?“, fragte sie in einem jähen Anfall von Erkenntnis.

      „Schon. Du musst natürlich den Code eingeben, damit die Anlage anspricht. Ich komme jetzt gerade schlecht ran. Drück du doch mal …“

      Ich drückte unterdessen einstweilen ihre Taille, die ich ersatzweise gefasst hatte, weil sie wirklich genau vor den Knöpfen stand. Ob ich vielleicht auch schon mal zwei Knöpfe drücken sollte?

      „Hier diese?“, fragte sie, und sah mich wieder so schelmisch über die halbentblößte Schulter hinweg an.

      „Ja“, erwiderte ich und rückte ihr vorsichtshalber noch etwas enger auf die Pelle, damit ich ihr in etwaigen Notfällen ohne Verzögerung beistehen