Madeleine Abides

Ein gefährliches Spiel


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nicht unbedingt. Ich hab von Anfang an ganz gut verdient, nach dem Studium.“

      „So viel?“

      „Na ja, auch geerbt. Von einer entfernten Tante.“

      „Entfernte Tante?“ Sie kicherte. „Wer hat sie denn entfernt?“

      „Nein, ich meine: Urgroßtante oder so. Weiß es selbst nicht so genau.“

      „Aber sie hat dir was vererbt?“

      „Sie hatte wohl niemanden. Nur das Haus. Und einiges an Wertpapieren. Eigentlich hab ich sie gar nicht gekannt.“

      „Hach, das müsste mir auch mal passieren.“

      Sie war schon herrlich naiv. Doch das störte mich nicht. Eigentlich störte mich gar nichts an ihr.

      Höchstens, dass ich noch nicht die geringste Ahnung hatte, wie und wann ich das Ruder herumreißen sollte. Im Augenblick war ich noch der selbstlose Gönner, der einem armen versprengten Reh Zuflucht bot. Das war ich wirklich, ohne Übertreibung. Mir lief förmlich das Herz über vor selbstlosen Gefühlen, weil ich endlich einmal Gelegenheit hatte, meinem natürlichen Beschützerinstinkt mit etwas Großem Genüge zu tun. Vielleicht zum ersten Mal überhaupt.

      Moderne Frauen pfeifen auf den Beschützerinstinkt. Und sie pfeifen auf einen Beschützer.

      Andererseits verstand ich mich mit Blondie fabelhaft. Es wäre ein Jammer gewesen, wenn da nicht mehr passiert wäre, zumal sie schlicht eine Augenweide war für jeden Mann, dessen männliche Gene ihm den Blick für die Schönsten der Schönen geschenkt haben. Und den Blick für eine reife Frucht natürlich, die nur noch gepflückt werden muss.

      „Hör mal“, warf sie unvermittelt ein, „wenn ich wirklich bei dir übernachten darf, wäre es vielleicht gut, meine Sachen mitzunehmen.“

      „Deine Sachen?“

      „Ja, das Gepäck. Nachthemd und so.“

      Klar, sie war ja auf der Durchreise. Und auf das Nachthemd war ich schon gespannt, kaum dass sie es überhaupt erwähnt hatte. Also fragte ich bloß:

      „Wo ist denn das Nachth…, ähm, also die Sachen, wo sind die denn?“

      „In einem Schließfach am Bahnhof.“

      „Der ist nicht weit.“

      „Toll! Fahren wir hin!“

      Das taten wir, und wenig später holte sie nacheinander ein Köfferchen, eine Reisetasche, einen Aktenkoffer, einen Laptop und noch allerlei Kleinkram aus einem der Schließfächer. Zum Glück für mich aus einem in der obersten Reihe: Nicht nur, dass sie deshalb unentwegt auf Zehenspitzen zu balancieren hatte, um auch die hinteren Stücke zu erreichen – nein, sie musste sich auch noch so weit nach oben recken, dass ihre fabelhaften Brüste unter dem glattgespannten Top für eine ganze Weile in Topform zur Besichtigung einluden. Schlagartig spürte ich wieder, dass wir uns ausgezeichnet verstanden.

      Sobald alles herausgeholt war, blickte sie ein wenig ratlos von einem Gepäckstück zum andern. Ich erkannte sofort, dass es der rechte Zeitpunkt für einen Mann von Welt war, ihr entschlossen beizuspringen. Es war mir ohnehin gar nicht unrecht, dass ich mich zu dem Zeug hinunterbücken konnte. Erstens weil ich dadurch meinen spürbar roten Kopf ein Weilchen kaschieren konnte; zweitens weil es eine gute Möglichkeit war, über die Ausbuchtung in meiner Hose hinwegzutäuschen; und drittens, weil ich auf diese Weise ausnehmend unauffällig an ihren tadellosen Beinen Richtung Rocksaum nach oben spitzen konnte.

      Vor allem wegen dieser Möglichkeit nahm ich besonders bedächtig ein Gepäckstück nach dem anderen auf, linste dabei immer wieder verstohlen zur Seite und konnte mich in der kurzen Zeit gar nicht sattsehen.

      „Das da auch noch“, sagte sie zwei- oder dreimal ruhig, als ich mit dem Aufladen nicht mehr so gut vorankam, weil mir die freien Hände und Schultern ausgegangen waren. Ihre Bemerkung war nicht besonders helle, denn in dem kahlen Gang zwischen den stählernen Schließfachwänden hätte man nicht einmal eine Briefmarke übersehen können. Doch immerhin half sie mir dann beim Aufnehmen der letzten Teile, hängte mir den schweren Laptop-Koffer an seiner langen Schlaufe um den Hals und klemmte mir am Ende sogar noch das Schminktäschchen unters Kinn. Dann fragte sie freundlich:

      „Geht das so?“

      Ich bejahte mit zusammengebissenen Zähnen und wollte nicken. Das hatte leider zur Folge, dass mir das Schminktäschchen herausrutschte und zu Boden plumpste. Sie ging anmutig neben mir in die Knie und hob es auf. Kopfschüttelnd wischte sie mit spitzen Fingern darüber und sagte dann in leicht gereiztem Tonfall:

      „Pass doch auf!“

      Sie schob mir das Ding wieder unters Kinn, machte auf dem Absatz kehrt und ging mit leeren Händen voraus. Als ich mich daraufhin verdattert in Bewegung setzte und noch hastig hervorpresste, wir könnten doch einen Gepäckwagen suchen, zwitscherte sie bloß fröhlich zurück:

      „Ach, den brauchen wir nicht. So ist es doch viel einfacher.“

      Frauen können manchmal furchtbar gedankenlos sein.

      Ich stolperte so gut es ging weiter und tröstete mich damit, eingehend ihr entzückendes Hinterteil zu studieren, das sich bei ihren forschen Schritten keck und herausfordernd unter dem Mantel abzeichnete. Allerdings fiel ich mit meinen unbeholfenen Versuchen, alles auf einmal zu tragen, nach und nach ziemlich weit hinter sie zurück. Bis sie schließlich innehielt, sich energisch umdrehte und mir ungeduldig zurief:

      „Kommst du?“

      „Jaja, sofort, geht schon irgendwie“, ächzte ich hilfeheischend.

      „Prima!“, quittierte sie trocken und wandte sich in einer eleganten Bewegung zum Weitergehen. „Aber nun sieh zu, dass du dich ein wenig beeilst.“

      So ein Früchtchen! Doch solange ich einigermaßen den Anschluss hielt, entschädigte ihr Anblick für vieles. Den Rest konnte sie ja in der Nacht gutmachen. Falls alles so lief, wie ich mir das mittlerweile ausmalte.

       3

      Sie wartete bereits am Auto, als ich schließlich ächzend dort ankam.

      „Da bist du ja endlich“, trällerte sie fröhlich.

      „Ja“, entgegnete ich zähneknirschend, „die Teile sind immer so gerutscht und ich …“

      „Ach was, du hast wahrscheinlich nur getrödelt.“

      Erst wollte ich sie dafür barsch zurechtweisen. Glücklicherweise fiel mir rechtzeitig ein, was ich noch mit ihr vorhatte. Sollte ich mir etwa wegen so einer Lappalie die Aussicht auf eine heiße Sexnacht vermasseln, auf die ich ohnehin schon viel zu lange hatte warten müssen? Also fragte ich stattdessen keuchend:

      „Magst du mir mal kurz ein oder zwei Teile abnehmen, damit ich den Kofferraum aufschließen kann?“

      „Das schaffst du schon“, gab sie aufmunternd zurück, und mehr hatte sie dazu offenbar nicht zu sagen.

      Ich schaffte es tatsächlich, auch ohne dass sie einen Finger rührte, und endlich konnte ich die Kofferraumklappe wieder zuschlagen. Fragend sah ich sie an.

      „Jetzt hast du dir aber wirklich eine Belohnung verdient“, verkündete sie strahlend.

      Genau, was ich erhofft hatte.

      „Ich habe nicht mehr viel Geld. Aber ich möchte dich wenigstens auf etwas Kleines einladen für all das, was du für mich tust.“

      „Ach was“, gab ich zurück, „das geht schon in Ordnung.“

      „Nein, geht es nicht. Du bist so selbstlos und so anständig, welcher andere Mann hätte mir schon so ritterlich aus der Patsche geholfen?“

      Absolut jeder, dachte ich im Stillen. Jeder Mann, der einen durchschnittlich geschulten Blick für Hinterteile hat und gerade so zum Platzen geladen ist wie ich. Aber so direkt sagte ich das nicht. Sondern lieber nur:

      „War