Madeleine Abides

Ein gefährliches Spiel


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das Leben so spielt, lag rein zufällig auch das letzte Mal masturbieren schon länger zurück, so dass ich einfach nur so scharf war wie ein frisch abgezogenes Rasiermesser.

      Und dann dieses Traumgeschoss!

      Ihre Eltern hatten sie offenbar nie davor gewarnt, dass kein Mädchen einem Mann mit bösen Absichten noch entrinnen kann, wenn es erst einmal allein mit ihm im Auto sitzt. Ein Unhold muss sein Fahrzeug nur geradewegs auf einen verlassenen Parkplatz lenken oder gleich aus der Stadt hinaus in einen einsamen Waldweg, und nichts kann sie mehr retten. Natürlich wollte ich weder das eine noch das andere, schließlich war ich kein krimineller Vergewaltiger.

      Außerdem besaß ich ein Bett, das für Liebesspiele aller Art weitaus mehr Platz und Komfort bot als jedes Auto unter dem Standard eines gehobenen Rolls Royce. Und wenn die Kleine mir in diesem Bett so viel Spaß bereitete, wie ich erhoffte, dann würde ich ihr später einmal schon beibringen, nicht mehr mir nichts, dir nichts zu fremden Männern ins Auto zu steigen.

      Doch das war der Zeit weit voraus. Erst einmal musste ich sie wirklich bei mir zu Hause haben, dann mochte sich alles andere finden.

      Fürs erste nahm ich mir vor, all meine Konzentration darauf zu richten, dass ich weder anzügliche Bemerkungen noch eindeutige Komplimente vom Stapel ließ, so sehr sie mir auch auf der Zunge lagen. Es war schwer, bei ihrem Anblick nicht unentwegt auszusprechen, was meine Augen sahen und mein teilweise abgeschaltetes Gehirn kaum glauben mochte.

      So viel zauberhaftes Gesicht, so viel atemberaubend perfekte Figur!

      Ein schockierter Rückzieher ihrerseits wäre wirklich das letzte gewesen, was ich in meinem Zustand hätte verkraften können.

      Irgendetwas muss dennoch schiefgelaufen sein in meinem Rausch der Gefühle. Denn wir waren noch nicht weit gekommen, als ich mich schon hitzig mit ihr über die verwirrende Selbstverständlichkeit diskutieren hörte, mit der heute selbst ausnehmend kultivierte Frauen tabulos ihre Reize zur Schau stellen, sich teuren Intimschmuck einsetzen lassen und ihre Scham unter Schmerzen auch noch vom feinsten Härchen befreien.

      Nur mit knapper Not vermochte ich mich von der Frage abzuhalten, wie es sich damit bei ihr verhielt.

      Doch auch so plapperte ich in einem fort. Sie war eine jener berückenden Zuhörerinnen, die mir vollkommen beiläufig einen schier endlosen Redefluss entlocken konnten, welchen ich dann aus eigener Kraft kaum noch zu stoppen vermochte. Selbst den kleinsten Moment des Schweigens hätte ich als unhöflichen Akt angesehen, als bedrohliches erstes Anzeichen dafür, dass wir uns nichts mehr zu sagen hatten. Dabei war ich mir nicht einmal sicher, dass mein Redeschwall sie tatsächlich bis ins letzte Detail fesselte. Doch ich plapperte und plapperte, während sie wenig mehr von sich gab als ein paar aufgeweckt eingestreute Stichworte sowie hin und wieder eine knappe Frage, die mich dann sofort wieder zum ungehemmten Weiterplappern verleitete.

      So verging die Fahrt für mich wie im Fluge, obwohl sie nicht viel weniger als eine Stunde gedauert haben dürfte. Schon als ich beim Einsteigen ihrer Beine ansichtig geworden war, hatte ich mich spontan für den längsten und umständlichsten Weg zu mir nach Hause entschieden, der mir nur eingefallen war. Ich wollte die Nähe dieses himmlischen Wesens in der Abgeschlossenheit meines Wagens unbedingt noch eine Weile genießen. Denn in diesem kleinen Reich zwischen Türholm und Türholm war ich der unumschränkte Herrscher und kein anderer Mann konnte mir in die Quere kommen. Falls ich am Ende einmal mehr leer ausgehen sollte, würde ich wenigstens auf den Genuss zurückblicken können, meine Phantasie für eine Weile auf grüner Weide spazieren geführt zu haben. Welch ein Glück immerhin, dass wir schon mal am falschen, weil weit von meinem Zuhause entfernten Ende der Stadt gestartet waren.

      „Werden wir auch bestimmt niemanden stören?“, fragte das blonde Herzchen irgendwann fast schüchtern.

      „Ich lebe allein, … zur Zeit.“

      „Es ist bestimmt ein sehr kleines Appartement.“

      „Ein Appartement würde ich es nicht unbedingt nennen.“

      „Nicht? Was dann.“

      „Ein Haus. Im Wald. Mit allerhand Grund dabei.“

      „Dann musst du reich sein.“

      Ihr Stimmchen klang erschreckt.

      „Na ja, ich komme schon zurecht.“

      Mir schien es, als ob sie plötzlich eine gewisse Beklommenheit erfasst hätte. Klar, als arme Studentin hatte sie vermutlich kaum jemals mit Menschen Kontakt, deren finanzielle Probleme eher theoretischer Natur waren. Jetzt war es wichtig, erst gar keine lähmende Distanz zwischen uns entstehen zu lassen. So fragte ich betont beiläufig:

      „Hast du denn selbst ein Appartement?“

      „Das könnte ich mir niemals leisten.“

      „Wie wohnst du dann?“

      „Wir teilen uns zu dritt eine Art Loft. Sehr klein aber.“

      „Klingt doch gut.“

      „Zum Wohnen ist es nicht ideal. Wenigstens sind wir ungestört.“

      „Wer ist denn wir?“

      „Du bist aber neugierig.“

      „Komm schon. Immerhin werden wir beide ja sozusagen auch zusammenwohnen. Wenn auch nur für eine Nacht.“

      Einen Moment lang musterte sie mich. Zu gerne hätte ich dabei ihren Gesichtsausdruck gesehen, doch leider lenkte mich der Verkehr genau im falschen Moment vom Wesentlichen ab. Dann sagte sie mit einem eigenartig lauernden Unterton, der mir kurz die Nackenhaare zu Berge stehen ließ:

      „Zwei Mitbewohnerinnen und ich.“

      Mitbewohnerinnen waren weiblich. Also interessierten sie mich prinzipiell schon mal. Vor allem wenn sie möglicherweise hübsch waren. Tja, und falls Blondie auch nur im Geringsten ein Anhaltspunkt war …

      „Du musst dir meinetwegen aber keine Umstände machen“, unterbrach sie meine Gedankenspiele. „Ich schlafe natürlich auf der Couch.“

      „Kommt ja gar nicht in Frage“, entgegnete ich. Fairerweise hätte ich auch noch zugeben können, dass ich gar keine klassische Couch besaß. Aber was konnte es schaden, zwischendurch auch mal den Kavalier der alten Schule zu markieren?

      Wie es schien, war sie wirklich beeindruckt. Sie fuhr sich mit einer Hand durch das blonde Haar und behielt am Ende eine Strähne zwischen den Fingerspitzen.

      „Du bist so anders als andere Männer!“

      „Ist das gut oder schlecht?“

      Ich stieß die Antwort krampfhaft hervor, weil mir bei ihren fast schon klassischen Worten ums Haar die Luft weggeblieben wäre.

      „Weiß nicht, ich kenne dich ja kaum.“

      „Was möchtest du denn wissen?“

      Erst nachdem ich das gefragt hatte, fiel mir auf, dass es ja auch sein konnte, dass sie überhaupt nichts über mich – oder von mir – wissen wollte. Rein theoretisch. Glücklicherweise zerstreute sie meine Bedenken im Nu.

      „Na, du hast ein Haus und so ein Auto. Welcher Student hat das schon?“

      Ich lachte. Hatte sie mich also tatsächlich noch für einen Studenten gehalten. Einen ewigen vielleicht.

      „Nein, nein“, erwiderte ich dann. „Mein Studium habe ich hinter mir. Schon einige Jahre.“

      „Und was tust du jetzt?“

      Sie verdrehte sich ein wenig auf dem Sitz, und es war ein Jammer, dass ich nicht angemessen konzentriert hinsehen konnte.

      „Geld verdienen“, sagte ich lachend. Sie sollte nicht glauben, dass ich nur in Discos herumlungerte und Mädchen wie sie abzuschleppen versuchte.

      „Dann musst du sicher früh raus.“

      „Nein, ich bin selbständig. Sozusagen mein eigener Chef.“

      „Muss man da nicht schrecklich