Kroatien kenne ich auch, als Kind
Sie rechnet nach, Anfang der 70er war sie schon mit ihren Eltern auf Krk im damaligen Jugoslawien noch.
habe ich schon auf Krk gebadet. Leider hatten wir kein stolzes Segelboot, aber dafür war die Küste auch nicht so überlaufen wie heute.
Auf der Ostsee bin ich auch schon mal mitgesegelt von der Schleimündung hinauf in die Inselwelt der Dänischen Südsee und zurück.
Und ich bewundere deinen Mut, so alleine in der Welt unterwegs zu sein. Ohne Angst vor Wellen und Menschen, mit Selbstvertrauen auf dein seglerisches Können und deine Menschenkenntnis.
Ich wünsche dir aber auch hier in Deutschland jetzt im traurigen Spätherbst eine schöne Zeit und freue mich weiterhin auf deine facebook-Beiträge.
So und nach diesem Spaß, dir schreiben zu können, nehme ich meinen nächsten Aufsatz vor, da muss ich dann was drunter schreiben, bei dir wollte und durfte ich.
Es grüßt dich herzlich,
Veronika
Sie drückt auf >Antworten< und der Text ist angenommen. Auch wenn er Rechtschreib- und Formulierungsfehler enthalten sollte, darauf kommt's hier nicht an. Nur der Inhalt zählt, die Absicht, das erzählende, informatorische Element.
Widerstrebend wendet sie sich ihrer beruflichen Tätigkeit zu. Sie schlägt ein Aufsatzheft auf.
Erörterung: Sollte die Benotung in den Schulen abgeschafft werden?
Erörtern heißt, das Pro und Contra finden.
An einer ähnlichen Themenstellung: Sollte man das Sitzenbleiben in den Schulen abschaffen? hatte sie es eine Woche lang im Deutschunterricht geübt. Solche Themen müssen doch der Gedankenwelt der Schüler entsprechen.
Doch was muss sie lesen?
„Bei einer guten Note gibt es von der Oma Schokolade und vom Vater Geld! Also wäre die Abschaffung der Noten ein Nachteil für die Schüler.“
Ihr graut es. Befriedigend minus, schreibt sie auf ein Zettelchen und wirft das Heft zu den zehn schon nachgesehenen. Es reicht ihr. An die restlichen 14 Hefte geht sie morgen.
Sie schlägt noch einmal Christians Seite auf und schreibt:
Ich begrüße auf meiner Seite Christian, den Streuner!
Darunter schreibt sie einen Text, der bei ihr im Arbeitszimmer an der Wand hängt:
Es gibt keine Pflicht des Lebens,
es gibt nur eine Pflicht des Glücklichseins.
Dazu allein sind wir auf der Welt,
und mit aller Pflicht und aller Moral und allen Geboten
macht man einander selten glücklich,
weil man sich selbst damit nicht glücklich macht.
Wenn der Mensch gut sein kann, so kann er es nur, wenn er glücklich ist,
wenn er Harmonie in sich hat, also wenn er liebt.
Dies war die Lehre, die einzige Lehre der Welt:
dies sagte Jesus, dies sagte Buddha, dies sagte Hegel.
Für jeden ist das einzig Wichtige auf der Welt
sein eigenes Innerstes, seine Seele, seine Liebesfähigkeit.
Ist die in Ordnung, so mag man Hirse oder Kuchen essen,
Lumpen oder Juwelen tragen,
dann klingt die Welt mit der Seele zusammen, ist gut, ist in Ordnung.
5.
„ Die Periode der Fremdherrschaft über Sardinien, die etwa 800 v. Chr. mit den Phöniziern und Karthagern begann und sich über etliche Zwischenstufen fortsetzte, wurde im 11. Jahrhundert in Alghero damit fortgeführt, dass die genuesische Familie Doria die Stadt im Namen der Republik Genua von sarazenischen Piraten befreite, besetzte und in eine Festung gegen die konkurrierenden Pisaner umbaute. Im Jahre 1354 eroberten die Katalanen (das Haus Aragon) die Stadt, bauten die Festung aus und vertrieben die einheimische Bevölkerung. Das führte unter anderem zur Gründung der Stadt Villanova Monteleone.“
Christian zieht sich diese Wikipediabeschreibung auf seinen Reisebericht. Seine Ankunft in der Bucht von Alghero im Westen Sardiniens ist ihm gut in Erinnerung geblieben, „als wenn es gestern gewesen wäre“, denkt er.
Er hatte die Nacht zuvor in der Südbucht von Mandriola vor Anker gelegen, geschützt vor dem Mistral, dem heftigen Nordwestwind an der sardischen Westküste.
Er war früh am Morgen, schon bei Sonnenaufgang gestartet, wenn das Meer noch einigermaßen ruhig ist.
Doch als er Kap Mannu umrundet hatte, blies es schon ganz heftig und eine unangenehme Welle bremste seine Nirwana immer wieder ab.
Er steuerte einen klaren Nordkurs, hoch am Wind, und kämpfte sich Meile für Meile nach Norden. 60 Seemeilen, das waren rund 100 km.
Er rechnete immer noch in Kilometer und hatte auch sein GPS und seinen Speedometer auf km/h eingestellt. Nur die Windstärke las er in miles/h ab und rechnete sie in Beaufort um.
Bei 3-4 Beaufort war er gestartet. Sein Segler machte dabei rund acht Stundenkilometer über Grund.
Mittags war der Wind auf gut 5 Beaufort aufgefrischt, sein Vorwindkurs und seine Geschwindigkeit waren gleich geblieben, nur die Kränkung hatte zugenommen.
Erst als er spät am Abend Capo Caccia an Backbord hatte, war die Welle weg, hatte er es mal wieder geschafft. Ein harter Tagestörn war erfolgreich zurückgelegt.
Er hatte vor dem Hafen Alghero in einer Nebenbucht geankert, das sparte die teuren Liegegebühren und brachte den Luxus mit sich, am Morgen direkt nach dem Wachwerden mit einem Kopfsprung in das azurblaue Wasser den Tag zu beginnen.
Ja, die Arbeit an seinem großen Reisebericht war auch eine Aufarbeitung seiner Abenteuer, es war sozusagen, des Törnes dritter Teil.
Der erste war die Vorfreude der Planung, der Törnfestlegung und die voraussichtlichen Etappenziele. Der zweite Teil war die Reise selbst, die Konfrontation mit der Wirklichkeit, die doch manchmal ganz anders verlief als die Planung. Und nun saß er an der Nachbereitung und vieles wurde ihm erst jetzt richtig klar. Auch hier hatten sarazenische Piraten von der algerischen und marrokanischen Küste angelandet und Beute gemacht. Erst die Rekonquista, die er in Spanien studiert hatte, hatte auch hier in Sardinien für die Vorherrschaft der christlichen Adelsfamilien gesorgt.
Ach wie leicht und informativ ist es heutzutage, denkt Christian, während man die Texte zu seinen Fotos ins Schreibfenster des Fotoprogrammes eintippt, über google alles nachschlagen zu können, was man nicht oder nicht sicher weiß. Die Welt tritt aus dem Dunkeln, aus der Geschichte in das Licht des 21. Jahrhunderts. In seinem Weltpuzzle, dreidimensional zergliedert in Längen- und Breitengrade und in die Ebenen der Geschichte, wie beim Häuten einer Zwiebel, hatte Günther Grass geschrieben, hat ein weiteres Puzzleteil seinen Platz gefunden.
Seine Gedanken schweifen zurück ins Jahr 1981.
31 Jahre sind das jetzt her, ein junger Mann war er damals gewesen, 32 Jahre alt, verheiratet, mit zwei Kindern gesegnet. Nach dem Bau seines Einfamilienhäuschens hatte er mit zwei Hobbies begonnen.
In den Weihnachtsferien und über Karneval ging er zum Skifahren.
Dann war das Tauchen dazu gekommen.