konterte sie überaus bissig und brachte ihn damit in Verlegenheit.
„Tut mir leid, meine Teuerste, aber ich bin nicht gewillt, mich auf dieser Ebene mit Ihnen zu unterhalten! Es ist besser, wenn wir diese Peinlichkeit so schnell wie möglich vergessen!“
Carola hatte sich inzwischen wieder gefangen und bereute ihren Anfall. Das war dumm und völlig überzogen. So ein Ignorant verdiente ihre Fürsorge nicht. Schnell fand sie ihre Fassung wieder und wischte sich trotzig die Tränen fort. Dann ging sie schweigend zur Tür hin, wandte sich aber noch einmal um. „Ist das Ihr letztes Wort?“
„Bitte sehr“, er wies noch einmal zur Tür, ohne sie anzusehen.
Sie verließ daraufhin das Zimmer. Kaum aber fort, drückte der Doktor sogleich den Knopf und bestellte Mako herein. Als seine Geliebte eintrat, fand sie ihren Chef völlig aufgelöst vor.
„Diese Frau ist verrückt geworden, völlig verrückt!“, begann er sich sogleich zu echauffieren und raufte sich das Haar. „Aber was das Schlimmste ist - sie weiß es, weiß alles! Wie konnte das nur geschehen?“
„Das ist unmöglich!“
„Wenn ich es doch sage!“
„Na und – was kümmert es uns?“, erwiderte Mako gelassen. „Sie ist doch nur neidisch!“
Damit brachte sie Hendrik zur Weißglut. „Versteh‘ doch! Sie hat uns beobachtet und danach meine Frau angerufen! Zum Glück ging meine Schwester ran, die gerade zu Besuch bei uns weilt, so dass die beabsichtige Wirkung verpuffte! Das hat sie wohl etwas aus der Fassung gebracht! Sie erwartete offenbar, dass ich ihr eine Szene mache und konnte nicht begreifen, dass ich es nicht tat. Stattdessen hat sie versucht, mich mit so etwas wie einem unmoralischen Angebot zu erpressen. Kannst du dir das vorstellen?“
„Wer? Diese einfältige Ziege? Ich werd‘ nicht mehr!“ Mako begann zu kichern „Jetzt ist sie wohl völlig ausgeflippt. Du solltest dafür sorgen, dass sie so schnell wie möglich von hier wegkommt, bevor sie dich am Ende noch vernascht, hahaha.“
„Tut mir leid, aber ich finde das nicht witzig. Wenn sie so viel über uns weiß, ist das gefährlich!“
„Ach du Ärmster, soll ich mal mit ihr reden?“
„Das wirst du gefälligst bleiben lassen! Ich will keine Eskalation! Wer weiß, wozu sie noch fähig ist!“
„Aber wenn es doch Spaß macht!“
„Lass sie in Ruhe, hörst du? Ich weiß nicht, aber ich habe plötzlich ein ungutes Gefühl! Ich fürchte, sie ist ernsthaft krank und könnte zur Unbesonnenheit neigen! Das ist das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können!“
„Ach was, sie ist nichts weiter als ein vernarrtes kleines Dummchen! So etwas soll es ja hin und wieder geben. Wir werden künftig vorsichtiger sein müssen.“ Mit diesen Worten hängte sie sich an seinen Hals und suchte seine Zärtlichkeit. Doch Hendrik wehrte ab.
„Nicht jetzt! Ich muss überlegen.“
„Was gibt es da zu überlegen? Wir müssen diese Klette so schnell wie möglich loswerden.“
„Wenn das so einfach wäre, hätte ich es längst getan. Aber eine menschliche Disharmonie wird man als Grund nicht akzeptieren, zumal an ihrer Arbeit nichts auszusetzen ist. Aber das allein ist es nicht. Du hättest ihre Augen sehen sollen! Das hat mich doch sehr beunruhigt! Sie wirkte so wild entschlossen wie jemand, der nichts zu verlieren hat.“
„Und was willst du jetzt tun?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht werde ich noch mal mit ihr reden. So jedenfalls kann es nicht bleiben. Und du wirst dich ihr gegenüber künftig etwas zurücknehmen, hörst du? … Und jetzt komm her und bring mich auf andere Gedanken.“
*****
4. Kapitel
Im Übrigen war Mako durchaus nicht so unbedarft, wie es schien. Selbst wenn sie nicht unbedingt an Carolas intellektuelle Fähigkeiten heranreichte, verfügte sie doch über eine gewisse Lebenserfahrung kombiniert mit einer gesunden Portion Bauernschläue. Allein ihr Hüftschwung wirkte auf die Herrenwelt geradezu elektrisierend. So quollen manchem im Amt schon mal die Augen heraus, wenn sie sich bückte oder lasziv die Beine übereinander schlug. In einem Fall küsste ein älterer Kollege vor Entzücken sogar die Finger. Den Vogel allerdings schoss der dicke Behrend aus der ersten Etage ab. Das war ein Disponent der mittleren Ebene, der sich ihretwegen das Haar tönte und in enge Jeans presste, nur weil sie Zimmernachbarn waren. Die Sache war deshalb so pikant, weil er sich dadurch einige unangenehme Quetschungen zuzog, welche später behandelt werden mussten. Die nachfolgende Diskussion, ob nun ein Dienst- oder Arbeitsunfall vorlag, befeuerte ihren Ruf als Vamp nur noch mehr. Eine solche Eroberung musste einen Mann wie Dr. Willberg natürlich aufwerten und nichts schien ihm zu aufwendig, dieses Prestige auch zu erhalten.
Dies wiederum kam Makos Ambitionen sehr entgegen. Sie hatte längst mehr im Sinn als nur ein billiges Amüsement auf Kosten eines in die Jahre gekommenen alternden Gockels. Als alleinstehende Mutter mit magerem Gehalt musste man sehen, wo man bleibt. War es da nicht verständlich, dass man sich statt eines finanziell ewig klammen Partners wie den Vater ihres Kindes einen reifen und vor allem solventen Liebhaber suchte, jemand mit Rang und Namen? Was kümmerten da Altersunterschied und Ehestand, wenn das Konto stimmte? Natürlich hielt sie das nicht davon ab, sich einen weiteren Lover zu leisten - einen in Reserve sozusagen. Dieser versüßte ihr hin und wieder den Feierabend, wenn der andere aus familiären Gründen unpässlich war.
Entsprechend ihrer Neigung zu Extremen konnte es sich dabei nur um ein ganz anderes Exemplar handeln. Und tatsächlich fiel ihre Wahl auf einen scheinbar noch in der Adoleszenz befindlichen Kollegen namens Lucas Hövelmann. Dabei handelte es sich um einen 25jährigen Bubi mit weichen Zügen, dunklen Knopfaugen, frecher Stupsnase, vor allem aber einem unglaublichen Knackarsch. Das fiel ihr sofort auf. Ansonsten war er groß, erstaunlich gut gebaut, kraftvoll und selbstsicher. Doch obwohl er etwas vorlaut, bisweilen auch recht einfältig wirkte und mit einer recht überschäumenden Emotionalität nervte, fand sie ihn irgendwie süß und sagte ihm das auch.
Er war natürlich sofort angesprungen und kehrte ganz den Macho raus. Sie aber starrte nur auf seinen prachtvollen Hintern, der sie irgendwie an John Travolta erinnerte. Als er das merkte, fragte er sie sofort, ob sie ihn mal sehen wolle und meinte das im ernst. Nur mit Mühe konnte sie ihn davon abhalten, wobei er sich noch dagegen sträubte, als müsste er es ihr nun erst recht beweisen.
Oh Gott, wie hatten beide gelacht – ein Lachen bis zu Tränen. Das war der Anfang. Fortan bedrängte er sie beinahe täglich, so dass sie schließlich nachgab und gelegentliche Besuche gestattete, natürlich mit allem Drum und Dran. Vor allem sein ‚Dran‘ imponierte ihr, womit er Hendrik im wahrsten Sinn des Wortes um Längen schlug. Es machte ihr jedes Mal unheimlich Spaß, ihn ordentlich zu packen und zu sehen, wie er unter ihrer Geschicklichkeit zerfloss. Dabei lagen Lust und Leid nah beieinander, zumal sie als Meisterin der Verführung um die rechte Dosierung wusste. Kein Wunder, dass er ihr schnell verfiel und ebenso wie Hendrik aus der Hand fraß.
Der Umstand, nur Zweiter zu sein, störte ihn dabei nicht unbedingt, auch wenn er schon mal wegen eines verschobenen Dates murrte. Ob er es einsah, war ihr dabei zweitrangig, wie sie überhaupt seine Befindlichkeit nicht sonderlich scherte. Ihr genügte seine Akzeptanz ihrer zuweilen doch recht sprunghaften Neigungen mit der Lust auf ‚Frischfleisch‘. Sein Verständnis für diese Promiskuität verstand sie wiederum mit jedem Kuss von Neuem einzufordern und scheute sich auch nicht, so offen auszusprechen.
Freilich hätte Lucas das gern anders gehabt, so richtig traditionell mit stetem Zusammensein und notarieller Beglaubigung. Sie aber nannte ihn nur einen Schafskopf und solche Anwandlungen ‘dummes Zeug‘. Auch wenn sie nicht deutlicher wurde, wusste er genau, was davon zu halten war. Weder verfügte er über den nötigen Stand noch besaß er die dafür nötigen Mittel, um sie ganz für sich zu gewinnen, und das quälte ihn. Sie ahnte zwar davon, hatte jedoch