Svea Dunnabey

Sea and Fall


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Noch in der Luft. Wie geht es ihm?<<

      >> Er wird grade wieder operiert, weil es noch mal Komplikationen gab, aber mehr wissen wir nicht. Wann bist du denn da?<<

      >> In etwa sieben bis acht Stunden.<<

      >> So schnell? Wow. Soll ich dich abholen?<<

      >> Warte kurz, ich frage mal nach wo wir landen.<<

      Ich ging schnell zum Cockpit und klopfte an, als Jeanine mir auch schon die Tür öffnete.

      >> Ms della Rossa, was kann ich für Sie tun?<<

      >> Können Sie mir kurz sagen, wann und wo wir genau ankommen?<<

      >> In etwa acht Stunden am Hamburger Flughafen, dort wartet dann schon ein Chauffeur auf Sie, der Sie zum Krankenhaus bringen wird.<<

      >> Ein Chauffeur?<<

      >> Mr Thatcher hat das so eingerichtet, ja.<<

      >> Danke Jeanine.<<

      Ich drehte mich wieder um und ging in Richtung des Schlafzimmers, als ich wieder zu Sebastian sprach.

      >> Du brauchst mich nicht abholen, ich komme direkt zum Krankenhaus.<<

      >> Hab ich gehört. Sag mal, wie bist du eigentlich so schnell an einen Flug gekommen, der auch noch so schnell hier ist? Und dann noch ein Chauffeur?<<

      >> Sebastian bitte! Die Hauptsache ist doch, dass ich gleich da bin. Also bis gleich.<<

      Als ich aufgelegt hatte und in das angrenzende Bad ging, merkte ich, dass ich meine Tage bekommen hatte. Zum Glück hatte ich alles dabei, trotzdem war ich genervt. Ich wusch mir die Hände und ging zurück ins Schlafzimmer, wo ich mich wieder aufs Bett warf und an Sascha dachte. Er durfte nicht sterben und er durfte nicht ernsthaft verletzt sein, dass würde ich nicht verkraften.

      Ich hasste mich dafür, dass wir unsere Beziehung so vernachlässigt hatten, aber jeder von uns hatte sein eigenes Leben und er wollte, dass ich die Vergangenheit hinter mir ließ. Er hatte dafür gesorgt, dass mich meine Mutter nicht mehr verletzen und ich in Ruhe mein Abitur machen konnte, damit etwas Ordentliches aus mir werden konnte. Ich stand dabei immer an erster Stelle bei ihm, weswegen er so viel Ärger mit Denise hatte, doch das kümmerte ihn nicht, so lange es mir gut ging.

      Als ich auszog und zu Julian zog, trennten uns gute 400 Kilometer, da wir zusammen nach Düsseldorf zogen, wo er einen Job bekommen hatte. Von da an telefonierten wir nur noch wöchentlich, bis es über die Jahre irgendwann nur noch die Geburtstage und Feste waren. Der einzige Geburtstag an dem wir nicht telefonierten war meiner, da ich nicht an jenen Tag in meiner Kindheit erinnert werden wollte, was sie akzeptierten. Aber immerhin trafen wir uns an Weihnachten und einmal im Sommer, da die Drei alle im Juni und Juli Geburtstag hatten, sodass die Verbindung noch aufrecht erhalten blieb.

      Als ich ihm erzählte, dass wir nach Australien gingen, war uns klar, dass sich das ändern würde. Inzwischen hatten wir uns seit zwei Jahren nicht mehr gesehen und nur zu den üblichen Anlässen telefoniert. Auch mit Sebastian und Simon war es da nicht anders. Sie hatten alle Familien, Jobs und ein Haus in Deutschland, was ziemlich viel Zeit fraß und weswegen wir nie die Zeit fanden uns wiederzusehen.

      Und nun musste erst so etwas Schlimmes passieren, damit ich mich endlich wieder in den Flieger setzte und zu ihnen kam. Ich fühlte mich schlecht, wie eine Verräterin die zurückkehrte, nachdem sie alles hinter sich gelassen hatte, ohne Rücksicht auf Verluste. All meine Nichten und Neffen würde ich wahrscheinlich wiedersehen, wobei ich bei manchen nicht wusste, ob sie mich noch kannten.

      Immer wieder kreisten meine Gedanken um meine Brüder, während ich die um meine Mutter verdrängte.

      Eine Stunde bevor wir landen sollten, setzte ich mich wieder auf einen Sessel und blickte aus dem Fenster, als Jeanine aus dem Cockpit kam.

      >> Ms della Rossa, darf ich Ihnen jetzt etwas zu Essen bringen?<<

      >> Danke, nein. Aber eine Apfelschorle wäre nett.<<

      Ich konnte einfach nichts essen, wenn ich nicht wusste, was mit Sascha war. Allein der Gedanke etwas zu Essen, war unerträglich für mich. Immer wenn ich Stress hatte oder mich etwas bedrückte, reagierte mein Körper auf diese Weise, während andere, wie Jacob, Berge von Eis in sich hineinschaufelten.

      >> Kommt sofort.<<

      Es dauerte keine Minute als sie auch schon wieder da war und mir die Apfelschorle auf den Tisch stellte.

      >> Danke Jeanine.<<

      >> Bitteschön. Sie sollten sich jetzt anschnallen, da wir gleich mit dem Landeanflug beginnen.<<

      >> Jeanine?<<

      >> Ja?

      >> Wie kalt ist es zur Zeit in Hamburg?<<

      >> Etwa drei Grad.<<

      >> Gibt es hier an Bord irgendwo einen Mantel? Ich konnte in der Hektik keinen mehr einpacken.<<

      >> Ich werde sofort einen organisieren.<<

      >> Vielen Dank.<<

      Ich legte den Gurt an und trank meine Apfelschorle aus, da ich wirklich Durst hatte. Als wir durch die Wolkendecke flogen, sah ich plötzlich Hamburg unter mir, all die gewohnten Umrisse und die Elbe die sich quer durch die Stadt schlängelte. Ein bedrückendes Gefühl erfasste mich und ließ mir die Tränen in die Augen schießen. So lange war ich nicht mehr hier gewesen, so lange hatte ich es verdrängt. Selbst bei unseren Treffen an Weihnachten und im Sommer, waren meine Brüder immer nach Düsseldorf gekommen, damit ich nicht doch eventuell wieder auf meine Mutter traf. Das bedeutete, dass ich seit 14 Jahren nicht mehr hier gewesen war und dennoch so gut wie alles wiedererkannte.

      >> Wir landen jetzt Ms della Rossa.<< verkündete eine Stimme aus dem Lautsprecher, die zu Daniel gehören musste.

      Es war eine sehr sanfte und angenehme Landung, woraufhin wir sofort zu unserem Gate fuhren. Allerdings brauchte ich nicht mehr durch den Flughafen laufen, da zwei Zollbeamte auf uns warteten und kurz meinen Pass kontrollierten. Als ich gerade meinen dünnen Blazer überziehen wollte, kam ein junger Mann ins Flugzeug, der einen hellbeigen Mantel aus Cashmere in den Händen hielt und mir reichte.

      >> Ms della Rossa, ich bin ihr Chauffeur Dennis. Sie brauchten noch einen Mantel, also habe ich den gerade besorgt. Ich hoffe er gefällt Ihnen.<<

      >> Danke Dennis, dass ist sehr nett von Ihnen.<<

      Ich zog ihn an und schloss die Knopfleiste. Er ging mir bis zu den Knien und saß wie angegossen. Um die Taille war ein breiter dunkelroter Gürtel, den ich zuschnallte, bevor ich meine Tasche nahm und mit Dennis zum Auto ging.

      Während der Fahrt tippte ich noch schnell eine Nachricht an Ethan, da ich nicht wusste, wann ich das nächste Mal dazu käme.

      „ Danke für alles Ethan. Deine Angestellten waren sehr nett und ich bin gut angekommen. Fahre grade ins Krankenhaus, wo ich nicht mehr erreichbar sein werde. Ich melde mich, wenn ich wieder Zeit habe. Ich liebe und vermisse dich. Kuss“

      Als es nur noch wenige Minuten waren, die uns vom Krankenhaus trennten rief ich Sebastian erneut an, damit er mich vor der Tür abholen konnte und ich nicht das halbe Krankenhaus absuchen musste. In Deutschland war es inzwischen knapp vier Uhr Nachmittags, sodass auch noch eine Besuchszeit herrschte. Als Dennis anhielt, sah ich Sebastian bereits.

      >> Danke Dennis.<<

      >> Alles Gute Ms della Rossa.<<

      Ich nickte, nahm meine Tasche und stieg aus, als mein Bruder mich auch schon entdeckte.

      >> Sarah!<<

      Er lief auf mich zu und umarmte mich überschwänglich, sodass sofort wieder die Tränen in mir hochkamen.