mich aus seinem Griff zu befreien, doch er war zu stark. Nach etlichen Versuchen, sackte ich auf ihm zusammen und heulte hemmungslos. Ich musste erbärmlich aussehen, so wie ich heulte und schluchzte, doch immerhin ging es um meinen Bruder, der in Lebensgefahr war.
>> Du kannst mein Flugzeug nehmen. Ich habe zwei. Ich rufe am Flughafen an, dann fliegen sie mit dir nach Hamburg. Pack deine Sachen.<<
Ich schaute ihn entgeistert an, als er mich auch schon in Richtung der Tür bewegte und erneut zum Packen aufforderte.
Ich zog mich schnell an, wobei mir einfiel, dass es in Hamburg um diese Jahreszeit eiskalt war. Ich brauchte dringend noch einen Mantel, weshalb ich Ethans Schränke durchwühlte, wo jedoch auch nichts zu finden war, da es in Australien nie so kalt wurde. Nebenbei packte ich noch ein Shirt von ihm ein, damit ich etwas hatte, das nach ihm roch und mich an ihn erinnerte. Als ich schließlich alles eingepackt und mich wieder ein wenig beruhigt hatte, ging ich in die Küche, wo Ethan gerade einen Anruf beendete.
>> Das Flugzeug steht bereit. Scott bringt dich hin. Er steht schon unten und wartet auf dich.<<
>> Danke Ethan. Du hast wirklich was gut bei mir.<<
Ich küsste ihn noch mal voller Liebe, weil ich nicht wusste, wann wir uns wiedersahen. Es konnten fünf Tage sein, es konnten jedoch auch zwei Wochen werden.
>> Pass bitte auf dich auf, Sarah. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass du alleine dahin reist.<<
>> Ich passe auf mich auf und du kümmerst dich um Shanghai. Ich melde mich bei dir.<<
>> Ich liebe dich cherié.<<
>> Ich dich auch.<<
Mit diesen Worten flitzte ich zum Aufzug und fuhr in die Tiefgarage, wo ich sofort ins Auto einstieg und mit Scott zum Flughafen fuhr. Während der Fahrt rief ich auf der Arbeit an und cancelte alle Termine für diese Woche. Anschließend meldete ich mich bei Julian, damit er wusste, dass ich erst einmal nicht in Australien war und er sich allein um die Kinder kümmern musste, falls irgendwas passieren sollte. Jacob hinterließ ich eine Nachricht auf der Mailbox, da er wahrscheinlich noch schlief. Wenig später waren wir auch schon da, sodass ich schnell zum Flugzeug rannte. Ich wollte keine Zeit verlieren und stand so unter Strom, dass ich keine Zeit zum Nachdenken hatte.
>> Guten Morgen Ms della Rossa. Ich bin Jeanine, ihre heutige Flugbegleitung.<<
Ich begrüßte sie freundlich, ebenso wie den Piloten Daniel und seinen Copiloten Cliff. Als ich mich umdrehte und den Jet betrachtete, hatte ich das Gefühl in einem Film zu sein. Das Innere des Jets war in warmen Tönen gehalten und sehr luxuriös eingerichtet. Der Teppich war in einem hellen beige gehalten und hatte keinen einzigen Fleck, was mich ziemlich beeindruckte, wenn man manche Unwetter beachtete und wie oft dabei Getränke verschüttet wurden. Die Wände waren im gleichen Ton, wenn auch ein wenig heller, ebenso wie die großen Sessel, die fast schon wie Massagesessel wirkten.
Zwischen den zwei gegenüberliegenden Sesseln stand ein großer lackierter Tisch aus Nussbaum, der durch einen Blumenstrauß aufgepeppt wurde. Neben den Sesseln stand eine lange integrierte Kommode, worüber ein großer Flat Screen eingearbeitet war. Ich setzte mich zunächst auf einen Sessel und schnallte mich an, damit wir losfliegen konnten. Wenige Minuten später hob die Maschine auch schon ab und wir flogen in Richtung Norden.
>> Sie können sich jetzt abschnallen Ms della Rossa. Kann ich Ihnen etwas zu Trinken bringen, oder ein Frühstück?<<
>> Danke, aber ich habe keinen Hunger und auch keinen Durst.<<
>> Wie Sie wünschen. Hier vorne haben Sie ein Telefon und hier ist ein Laptop, falls Sie einen benötigen. Weiter hinten auf der linken Seite finden Sie ein Badezimmer und gerade hindurch ist ein Schlafzimmer, falls Sie sich hinlegen möchten. Dort ist auch ein Telefon vorhanden. Und wenn Sie irgendetwas brauchen, drücken Sie einfach auf diesen Knopf, dann komme ich zu Ihnen.<<
>> Vielen Dank Jeanine.<<
Sie lächelte freundlich und ging wieder zurück ins Cockpit, während ich zum Schlafzimmer schlenderte. Ich wollte einfach nur allein sein und die Zeit so schnell wie möglich herumbekommen, weshalb Schlaf mir als die beste Lösung erschien. Als ich die Tür öffnete, blickte ich auf ein weißes, großes Bett, das mit mehreren weißen und schwarzen Kissen verziert war und extrem gemütlich aussah. Der Raum war relativ schlicht gehalten, weswegen ich mich hier drin wohler fühlte, als draußen. Es waren lediglich noch zwei Nachtschränke und eine Kommode vorhanden. Ich legte mich vorsichtig aufs Bett und rollte mich direkt zusammen, machte mich so klein ich konnte, da es mir ein Gefühl von Sicherheit gab.
Ethan hatte nicht umsonst Zweifel und Angst gehabt, mich alleine nach Hamburg zu schicken. Ich würde wieder mit meiner Vergangenheit konfrontiert werden und das konnte nach hinten losgehen. Ich hoffte nur, dass meine Mutter nicht in der Lage dazu wäre, Sascha im Krankenhaus zu besuchen, damit ich sie nicht sehen musste. Dann würde es nicht so schlimm werden und ehrlich gesagt, konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie ihr Haus noch groß verließ. Außerdem traf ich sie wenn auf neutralem Boden mit anderen Personen, sodass sie nicht die Gelegenheit haben würde mir körperlich wehzutun. Psychisch sah es dabei schon anders aus, doch das würde ich aushalten. Ich musste einfach unbedingt für Sascha da sein.
Ich fiel in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich immer wieder hochschrak, weil mich mehrere Kindheitserinnerungen heimsuchten.
Das Klingeln eines Telefons ließ mich schließlich vollends aufwachen. Es war das integrierte Telefon des Flugzeugs, also ging ich ran.
>> Ja?<<
>> Cherié! Wie geht es dir?<<
Es war Ethan, der besorgt und niedergeschlagen klang. Ich schaute auf die Uhr und musste zu meiner Freude feststellen, dass wir schon 13 Stunden unterwegs waren. Trotzdem würden noch mindestens sieben Stunden hinzukommen.
>> Es geht und bei dir?<<
>> Ich bin grade angekommen, aber ich kann mich irgendwie nicht konzentrieren. Ich wäre viel lieber bei dir, um dir beizustehen.<<
>> Das ist lieb Ethan, aber da kannst du mir nicht helfen. Auf die Intensivstation dürfen nur Angehörige und da werde ich die ganze Zeit über sein, also würdest du mich eh nicht sehen. Mach deinen Job und wir sehen uns dann in ein paar Tagen.<<
>> Melde dich aber bitte zwischendurch, sonst mache ich mir zu viele Sorgen um dich.<<
>> Natürlich. Und danke noch mal für den Flieger. Was kostet der Spaß eigentlich?<<
>> Wieso willst du das wissen?<<
>> Weil ich es dir zurückzahlen möchte.<<
>> Du sollst mir nichts zahlen. Sieh es als einen Gefallen an.<<
>> Das will ich aber nicht. Für ein Ticket hätte ich auch bezahlt.<<
>> Lass es gut sein Sarah. Konzentrier dich auf deinen Bruder!<<
>> Aber dann fühle ich mich, als hätte ich dich ausgenutzt.<<
>> Du bist die letzte, die sich darüber Gedanken machen müsste. Ich weiß, dass dir Geld vollkommen egal ist.<<
>> Nicht, wenn ich es jemandem schulde.<<
>> Und mir schuldest du nichts. Genieß den Rest deines Fluges und melde dich, wenn du da bist. Ich liebe dich cherié.<<
>> Ich dich auch.<<
Da schon so viele Stunden vergangen waren und ich gerade eh das Telefon in der Hand hielt, wählte ich Sebastians Nummer, obwohl ich schreckliche Angst hatte, dass er schlechte Neuigkeiten hatte. Es dauerte lange bis er endlich ranging, sodass ich schon fast wieder auflegen wollte.
>> Della Rossa?<<
>> Hey, Sebastian hier ist Sarah.<<
>>