R. S. Volant

Der Tänzer


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recht, vielleicht hab` ich mich da einfach in was verrannt! Hilft ja eh nichts“, zuckte er die Schultern, „wenn er sich nicht meldet.“ „Das wird schon wieder, wirst sehen“, meinte Vincent tröstend, doch Viktors Laune besserte sich in den nächsten Tagen nicht. Mal war er mürrisch und im nächsten Moment wieder still in sich gekehrt und nachdenklich. Vincent ließ in weitestgehend in Ruhe und beklagte sich stattdessen bei Hellen, die ebenfalls nur fassungslos darauf reagierte. Am folgenden Freitagabend trafen sie sich wieder im Club. Hellen kam auf die Beiden zu geschlendert, umarmte zuerst Viktor, küsste ihn auf beide Wangen, dann Vincent und küsste den lange und innig auf den Mund. „Na, ihr beiden, was läuft?“, fragte sie lächelnd. Viktor, der die Beiden beinahe ablehnend beim Küssen beobachtet hatte, grunzte nur und Vincent zuckte dabei die Achseln. „Siehst es ja selbst“, meinte er seufzend. „Ich konnte es echt nicht glauben“, antwortete Hellen und verzog mit einem Seitenblick auf Viktor, ihr Gesicht. „Was?!“, brummte Viktor. „Mensch, Junge, was ist mit dir los? Wie siehst du denn aus?! Ok, Vollbärte sind gerade wieder in, aber im Ernst, was ist los?“, fragte sie ihn erneut. Viktor wirkte ziemlich zerknautscht, fast ein wenig ungepflegt. Er war unrasiert, trug eine alte,

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      verwaschene Jeans und ein einfaches, weißes T-Shirt. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten und er wirkte um Jahre älter. „Was soll schon los sein?“, fragte er schnippisch. „Hatte halt keine Lust, mich zu rasieren, na und? Wozu auch“, murmelte er dann, wie zu sich selbst. Hellen warf Vincent einen mehr als fragenden Blick zu. „Oh, Mann“, meinte sie nur und stieß geräuschvoll die Luft aus. „Naja, also gratuliere übrigens, zu deinem Sieg“, sagte sie dann und Vincent verdrehte warnend seine Augen. „Was?“, fragte sie zu ihm hin, „Mann, das hilft ihm auch nicht weiter, wenn du ihn wie ein rohes Ei behandelst!“, sagte sie dann scharf und wandte sich wieder an Viktor. „Jetzt hör mir mal gut zu, mein lieber Schatz! Du hast mit dem Feuer gespielt und dir die Finger verbrannt, na und? Ist jedem von uns, schon mal passiert! Und, denkst du, wenn du in Selbstmitleid zerfließt, wird es besser? Mitnichten, mein Freund! Ablenkung, ist hier die beste Medizin und immerhin bist du nun um eine Erfahrung reicher! Du hattest doch deinen Spaß, mit dem Kleinen, oder etwa nicht? Also hak` ihn ab und vergiss ihn!“, sagte sie eindringlich. „Und jetzt wird gefeiert! Vincent, hol` schon mal den Schampus!“ „Naja, warum nicht“, meinte Viktor nur und sah dann zwischen beiden hin und her. „Also eines kann ich bis heute nicht verstehen! Wieso ihr beiden nicht mehr zusammen seid! Ihr ward doch das Traumpaar, schlechthin!“ „Tja, mein Lieber, wir hatten eben zu viel gemeinsam, die gleichen Vorlieben sozusagen und irgendwann wollte ich eben auch lieber obenauf sitzen! Vincent war ein guter Lehrmeister und ich eine gelehrige Schülerin“, raunte sie kokett und grinste breit. „Der Beste“, meinte Vincent übertrieben stolz und Viktor musste tatsächlich kurz mitlachen. „Siehst du, schon besser!“, sagte Helen und strich ihm über die Wange. „Wo bleibt der Schampus?“, rief sie dann und schnippte mit ihren Fingern. Viktor schüttelte schmunzelnd seinen Kopf. „Du bist wirklich eine Klassefrau und danke“, meinte er dann zu ihr. „Wofür?“ „Für deine Freundschaft“, antwortete Viktor ernst, „euch beiden! Es ist schön, wenn man sich geliebt weiß und man sich auf jemanden verlassen kann. „Oooooh“, machten die Beiden und fielen ihm um den Hals. Jeder drückte ihm einen feuchten Kuss auf die Wange und Viktor wehrte sich lachend dagegen. „Deppen!“, sagte er leise und überaus zärtlich. Der Champagner kam und die drei stießen erst einmal miteinander an. „Sag mal“, meinte Hellen dann, nach dem zweiten Glas, „hast du ihn wirklich, richtig gefickt?“ „In allen Stellungen!“, antwortete Viktor und grinste spitzbübisch. „Ich sag euch, der konnte gar nicht genug kriegen und er war feucht, wie `ne Muschi!“ Sie lachten alle herzlich, bis Vincent plötzlich zur Treppe blickte und innehielt. „Scheiße!“, rutschte es ihm heraus, „wenn man vom Teufel spricht! Nun seht mal, wer da die Treppe herunter hüpft!“ Viktor blieb das Lachen im Halse stecken, als er in die angegebene Richtung sah. Chris kam wie selbstverständlich herunter getänzelt und er war nicht allein. Ein junger Mann war bei ihm und die beiden schienen sehr vertraut miteinander zu sein. Immer wieder berührte der Fremde ihn mehr als kameradschaftlich und legte sogar kurz seinen Arm um Chris` Taille. Beide strebten sofort zur Tanzfläche und begannen ziemlich eng miteinander zu tanzen. „Wow“, machte Hellen, „das muss man ihm lassen! Der Kleine lässt echt nichts anbrennen! Der hat dich ja ziemlich kalt abserviert, hm? Hast wohl doch keinen so bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen, echt schade darum!“, sagte sie dann zu Viktor und Vincent stieß sie an. „Da hast du wohl recht“, erwiderte Viktor und stand auf. „Aber den wird er jetzt bekommen!“, sagte er wütend und marschierte los.

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      „Musste das sein?“, fragte Vincent verständnislos, „musstest du auch noch Öl ins Feuer kippen?“ „Wieso, das kleine Miststück hat doch `ne Abreibung verdient und ich hoffe, dass Viktor ihm jetzt so richtig Feuer unterm Arsch macht!“, antwortete Hellen nur achselzuckend und setzte sich gespannt auf die Tanzfläche blickend, zurück. Vincent schnaubte nur und folgte seinem Freund nach. Viktor war inzwischen bei den beiden Tanzenden angekommen, packte Chris von hinten grob bei den Schultern und riss ihn zurück. „Hey!“, machte der erschrocken und gleichermaßen wütend und drehte sich zu ihm um. Einen kurzen Moment starrte er ihn an. „Hast du sie noch alle?“, schrie er dann, „was soll das?“ „Was das soll?“, brüllte Viktor zurück, „das frag` ich dich! Du kommst jetzt sofort mit!“ Er ergriff sein Handgelenk und wollte ihn mit sich zerren, doch da trat Chris` Begleiter dazwischen und schubste Viktor hart. „Lass` ihn sofort los, du Arsch!“, schrie er Viktor gellend an. Der legte nur spöttisch grinsend seinen Kopf etwas schräg und stieß ihm dann dermaßen gegen die Brust, dass der zurücktaumelte und beinahe hinfiel. „Misch dich da lieber nicht ein, du Tucke, oder dir fehlen gleich ein paar Zähne“, raunte Viktor, doch da war Vincent schon zwischen sie getreten und hob beide Hände in deren jeweilige Richtung. „Schluss jetzt!“, rief er energisch, dann wandte er sich an Viktor. „Viktor! Mach hier keine Szene“, sagte er scharf und sah zu Chris, der sich mittlerweile aus Viktors Griff befreit hatte. „Du hast wirklich Nerven, Kleiner, hier noch mal aufzukreuzen, nach der Nummer, die du abgezogen hast! Es ist besser, wenn du hier ganz schnell abhaust und dich nie wieder blicken lässt, sonst passiert was!“ „Ach! Und was?“, blaffte Chris ihn an. „Das hier ist ein öffentlicher Tanzschuppen und ich kann hierherkommen, wann immer ich möchte!“ „Kannst du nicht! Der Laden gehört zufällig mir und ich brauche nur mit den Fingern zu schnippen und meine Türsteher schmeißen dich raus! Und zwar im hohen Bogen! Also mach `ne Fliege!“ „Moment!“, mischte Viktor sich wütend ein, „erst wenn ich mit ihm geredet habe! Wir zwei sind noch nicht fertig!“ Erneut packte er Chris am Handgelenk und der wehrte sich prompt wieder dagegen. „Lass mich los, du krankes Arschloch!“, schrie er ihn an. „Du kommst jetzt sofort mit!“, erwiderte Viktor noch einmal nachdrücklich, doch Chris stemmte sich dagegen. „Einen Scheißdreck, werde ich! Und jetzt lass mich los!“ Vincent platzte endgültig der Kragen und er stieß Chris grob an. „Jetzt hör mir mal zu, Schätzchen! Du wirst jetzt mit ihm gehen und dann werdet ihr zwei das ein für alle Mal klären! Und dann kannst du abhauen und zwar auf nimmer wiedersehen, ist das klar!“ Er wandte sich an Viktor. „Geh mit ihm hoch, in die VIP-Lounge, verdammt nochmal!“ „Ach und was sollen wir da?“, fragte Chris herausfordernd. „Reden!“, antwortete Viktor zornig, packte ihn wieder und zog ihn mit sich. Chris folgte ihm zögernd, drehte sich aber noch einmal um. „Ich bin gleich wieder da, Phillip! Warte auf mich, ja?“, rief er zurück. „Hier gibt`s nichts mehr zu glotzen!“, schnauzte Vincent die umstehenden Gäste an, die einen großen Ring um sie gebildet hatten und folgte den beiden dann nach. Sie stiegen eine Treppe, die zu einer höheren Etage führte, hoch und betraten einen durch eine Glasfront abgetrennten Raum. Viktor ließ Chris los und schubste ihn hinein. „Spinnst du? Arschloch!“, blaffte der und sah ihn wütend an. „Also, was willst du?“ „Was ich will? Ich will, dass du mir eine Frage beantwortest! Wieso, hast du dich nicht bei mir gemeldet!“, fragte Viktor laut. „Hatte halt keinen Bock, wieso auch! Ich bin doch nicht dein Eigentum!“, gab Chris achselzuckend

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      zurück. „Ich kann machen, was ich will!“ Viktor konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Das kann ja wohl nicht wahr sein“, sagte er wesentlich