R. S. Volant

Der Tänzer


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mich durchgebissen und geübt, wie ein Besessener! Es war sozusagen, unser Geheimnis! Mit dem Eishockey musste ich dann aufhören, wegen der Verletzungsgefahr! Dad war natürlich nicht begeistert und erst recht nicht, als er den Grund erfuhr, aber Mama hat sich durchgesetzt!“, sagte er stolz. „Naja, dann bin ich ihm zuliebe wenigstens zum Schwimmen gegangen, das würde mir guttun, meinte er! Und wie, es mir gutgetan hat“, lachte Chris auf, „lauter knackige, halbnackte Typen! Einer geiler, als der andere! Mann, ich kam mir vor, wie im Paradies!“ Viktor drückte ihn schmunzelnd an sich. „Kann ich mir vorstellen!“, meinte er, „du bist echt, so richtig schwul, hm?“ „Voll und ganz!“, antwortete Chris überzeugt. „Seit ich denken kann! Aber so richtig krass, wurde es dann erst in der Pubertät, als die anderen Jungs alle anfingen von Möpsen zu schwärmen und den

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      Mädchen nachglotzten! Tja, nur ich nicht, ich hab` den Jungs lieber auf den Arsch gestarrt und beim gemeinsamen Duschen, nach dem Sportunterricht, einen Ständer gekriegt. Das fand ich dann allerdings nicht mehr so toll“, sagte er plötzlich gepresst. „Und die auch nicht!“ Er schnaufte tief durch und rieb sich erneut fröstelnd, über die Arme. Viktor hob kurz nachdenklich seine Augenbrauen und atmete ebenfalls tief ein und aus. „Kann ich mir vorstellen“, wiederholte er nur. „Das muss `ne harte Zeit, für dich gewesen sein“, fügte er dann hinzu. „Ach, ging schon“, erwiderte Chris nur abwinkend. „Ist ja vorbei! Passiert mir jetzt nicht mehr, hab` mich und meinen Lümmel, ganz gut im Griff! Außerdem bin ich vom Sportunterricht befreit, hat mein Dad irgendwie gedeichselt! Also auch kein Gemeinschaftsduschen mehr!“, sagte er und unterdrückte ein Gähnen. „Ist dir kalt?“, fragte Viktor als er erneut bemerkte, wie Chris sich die Arme rieb. „`N bisschen! Brrrr, kalt hier“, meinte er dann. „Ist die Klimaanlage“, sagte Viktor und zog ihn näher an sich. „Bist ja auch ziemlich leicht gekleidet!“ „Haha! Musst du immer wieder darauf `rumreiten?“ „Ich meinte ja nur“, verteidigte sich Viktor. „Möchtest du eine Decke?“ „Wenn ich ehrlich bin, bin ich auf einmal hundemüde. Wahrscheinlich von dem ganzen Gerede“, erwiderte Chris und gähnte diesmal herzhaft. „Dann lass uns ins Bett gehen“, meinte Viktor und richtete sich mit ihm auf. „Richtig schön kuscheln, was hältst du davon? Oder möchtest du wirklich ein eigenes Zimmer?“ Chris seufzte erst einmal. „Nee, lass mal“, meinte er dann lässig abwinkend, „reicht, wenn wir ein Bettzeug benutzen! Aber es wird nur gekuschelt! Und geschlafen! Sonst gar nichts, kapiert?“ Viktor zog ihn kopfschüttelnd auf sich und drehte sich mit ihm um, so dass er nun auf ihm lag. „Du kleines Biest“, sagte er grinsend und küsste ihn verliebt.

      Es war gerademal halb acht, als Viktor erwachte. Chris lag halb auf ihm, den Kopf an seine Brust gekuschelt und schlief tief und fest. Eine Zeitlang genoss er einfach nur ihre Zweisamkeit, dann hob er Chris vorsichtig an, glitt unter ihm weg und stand auf. Chris grummelte leise und drehte sich auf die andere Seite. Viktor betrachtete ihn noch einmal zärtlich und deckte ihn liebevoll zu. Dann ging er ins Bad, duschte und rasierte sich und zog sich an. Er verließ die Wohnung, fuhr mit dem Aufzug nach unten, überquerte die Straße und betrat ein Lebensmittelgeschäft, das schräg gegenüber des Hochhauses, lag. Er kaufte frische Brötchen, Butter, ein Glas Nutella, Milch, Orangensaft und ein wenig Schinken, für sich selbst. Mit einer großen Einkaufstüte bepackt, schlenderte er wieder nach Hause und deckte den Tisch. Danach ging er wieder nach oben und betrat das Schlafzimmer. Chris schlief immer noch und lag wie vor zwei Wochen, auf dem Rücken, mit leicht geöffnetem Mund und ein seeliges Lächeln umspielte seine sinnlichen Lippen. Viktor beugte sich lächelnd zu ihm hinab und küsste ihn sanft darauf. Chris blinzelte ihn an, streckte sich ausgiebig und gähnte herzhaft. „Morgen“, nuschelte er. „Guten Morgen, mein Schatz“, sagte Viktor, „Frühstück, ist fertig!“ „Oh, Mann, du bist echt `n Frühaufsteher, hm?“, meinte Chris und reckte und streckte sich erneut. „Boah, bin ich noch müde! Wie spät?“ „Gleich neun“, antwortete Viktor. „Oh Gott, ist ja noch mitten in der Nacht“, seufzte Chris, „Und das am Samstag! Wieso stehst du immer so früh auf?“ „Weil ich es halt gewöhnt bin?! Ich muss jeden Tag, früh raus und zur Arbeit, mein Schatz! Und eigentlich, müsstest du es doch auch, immerhin beginnt die Schule doch auch, um acht!“ „Ja, aber vielleicht hab` ich Ferien?“, nörgelte Chris, doch dann sprang er mit einem Satz, aus dem

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      Bett. „Oh Scheiße!“, rief er, stürzte zu seinen Sachen und kramte sein Handy hervor. „Ich hab` mich gestern gar nicht abgemeldet“, sagte er und schaltete es ein. „Verdammt, der Akku ist fast leer“, stöhnte er. „Wen willst du denn anrufen?“, fragte Viktor verblüfft. „Meine Mum!“ „Du kannst meins nehmen“, sagte Viktor, doch Chris winkte ab. „Nee, geht schon, für `ne Nachricht reicht`s schon noch“, meinte er und schrieb hastig: ´Hi, Lil, mir geht es gut, macht euch keine Sorgen! Habe bei einem Freund gepennt, melde mich später! Ciao!` Viktor sah ihn zweifelnd an. „Ich dachte, du wärst achtzehn! Musst du dich da immer noch, bei Mutti abmelden?“ Chris drehte und wendete sich verlegen. „Mann, sie macht sich halt Sorgen und möchte halt gerne wissen, wo ich mich `rumtreibe. Ist sie halt noch nicht gewöhnt, wenn ich über Nacht wegbleibe. Was ist falsch daran?“ „Nichts, gar nichts“, meinte Viktor nur achselzuckend. „Ist eben nur ein wenig ungewöhnlich!“ „Quatsch! Mama sorgt sich halt schnell!“, erwiderte Chris etwas reserviert. „Muss sie sich denn Sorgen machen?“, fragte Viktor, „also ich, habe mich in dem Alter bei meiner Oma nicht mehr jedes Mal abgemeldet, wenn ich mal über Nacht weggeblieben bin!“ „Das verstehst du eben nicht!“, antwortete Chris gereizt, „Mütter, sind eben anders! Und jetzt, geh ich erstmal duschen, wenn du nichts dagegen hast!“ Viktor nahm den Kopf zurück. „Ok, ok!“, wiegelte er ab, „beruhige dich wieder! Wenn du `ne Zahnbürste brauchst, neben dem Waschbecken, in der obersten Schublade, sind welche. Ich bin dann mal unten“, sagte er leicht eingeschnappt und verließ den Raum. Chris schloss für einen Moment seine Augen, nahm dann seine Sachen und ging ins Bad. Als er herunterkam, saß Viktor am Tisch und las in der Zeitung. „Hi“, sagte Chris betreten. „Hi!“, kam es recht kühl zurück. „Mmmh! Tolles Frühstück“, sagte Chris und setzte sich. „Sogar Nutella!“ „Ja“, meinte Viktor, „ich hoffe, dass alles zur Zufriedenheit des jungen Herrn ist!“ Chris verschränkte seine Hände ineinander, streckte die Arme aus und knete verlegen seine Finger. „Tschuldige, bitte“, sagte er leise. „Chris! Was ist los mit dir? Irgendetwas stimmt doch nicht, mit dir! Du bist von einer Sekunde, zur nächsten, manchmal völlig verändert! Dann bist du launisch und abweisend, zu mir! Denkst du nicht, dass du mich damit verletzt?!“, fuhr Viktor ihn an. Chris senkte nur seinen Blick und biss sich auf die Unterlippe. Ganz plötzlich stand er wieder auf und wischte sich über die Augen. Er wandte sich um und ging auf die Terrasse. „Was ist denn jetzt wieder los?“, rief Viktor ihm nach, „ach so, der Herr muss ja erst mal rauchen!“ Er schenkte sich Kaffee ein und nahm sich ein Brötchen. „Was bin ich bloß, für ein Depp“, murmelte er vor sich hin, „jeden anderen, hätte ich schon längst in den Arsch getreten!“ Er begann zu frühstücken, legte dann die zweite Brötchenhälfte wieder hin. „Kommst du heute noch?!“, rief er wütend. Als sich nichts rührte, rückte er den Stuhl zurück und stand auf. „Hast du vor, da draußen Wurzeln zu schlagen?“, sagte er laut und trat nach draußen. Chris saß mit dem Rücken an die Terrassenbrüstung gelehnt, mit angezogenen Beinen und hatte seine Stirn, gegen seine Knie gepresst. Er hatte beide Arme um seine Beine geschlungen und wippte leicht vor und zurück, dabei. Viktor blieb erst einmal verwirrt stehen. „Was soll das denn? Heulst du etwa? Oder hast du vielleicht deine Periode? Also ganz ehrlich, du bist schlimmer als jede Frau, die ich hatte!“ „Und du, bist so ein Arschloch!“, schluchzte Chris zu ihm hin. Er presste beide Fäuste gegen seine Augen und schniefte laut.

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      Viktor kam zu ihm und ging vor ihm in die Hocke. „Hey, mein Kleiner, was ist denn, hm?“, fragte er sanft und berührte ihn an der Schulter. „Chris, so sag` mir doch, was los ist!“ Chris drehte nur seinen Kopf zur Seite und Viktor seufzte schwer. „Was ist denn? Was hab` ich falsch gemacht?“, sagte er leise. „Nichts, gar nichts“, antwortete Chris, „es liegt nicht, an dir.“ Er schluckte schwer und wischte sich über die Augen. Viktor zog ihn in seine Arme. „Hey, mein Liebling, ist ja schon gut, hm?“ Chris schlang seine Arme