waren alle im Buckingham Palast. Sie hatte zwar gehofft, ihn heute zu treffen, so wie letztes Jahr, doch bisher Fehlanzeige … Als sie daran dachte, wie das vergangene Jahr dabei allerdings endete, konnte sie nur mit dem Kopf schütteln.
Anabel versuchte natürlich, ihre beste Freundin aufzuheitern und abzulenken. Gemeinsam mit Alexander, Anabels Bruder und seiner Freundin Lucy standen sie mit Champagnergläsern auf der Straße und sangen und tanzten. So dass Isabel gar nicht anders konnte, als lachend mitzuziehen. Doch plötzlich blieb sie abrupt stehen und starrte auf den Bürgersteig auf der anderen Straßenseite. Sie glaubte, sich verguckt zu haben und schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie noch immer in zwei strahlende, mausgraue Augen. „Ich wünsche allen ein gesundes neues Jahr!“, rief Harry von der anderen Straßenseite zwar an alle gerichtet aus, doch er hatte nur Augen für seine Bell! „Hallo Glöckchen, auch Dir alles Liebe und Gute für 2012. Und jetzt schau mich nicht weiterhin an wie ein Auto, sondern komm verdammt noch mal her!“ Sogleich kam Isabel Harrys Aufforderung nach und fiel ihm sehnsuchtsvoll um den Hals. Ihre Lippen fanden sich zu einem nicht enden wollenden, innigen Kuss.
Plötzlich räusperte sich jemand hinter ihnen. „Ich will ja das turtelnde Paar nur sehr ungern stören, aber dürften wir vielleicht unsere Neujahrsglückwünsche auch noch loswerden?!“, fragte William. Jane stand neben ihm und grinste.
„Das hätte auch nicht noch fünf Minuten mehr Zeit gehabt?“, fragte Harry knurrend und hielt Isabel weiterhin fest an sich gedrückt.
„Nein, denn es ist ein wenig frisch und wir würden gerne in die warmen Räume des Clubs!“, erklärte Jane, die nur eine dünne Stola um die Schultern trug. Harry gab Isabel nur schweren Herzens für einen kurzen Moment frei. Doch kaum waren Jane und William ihre Wünsche losgeworden, zog Harry seine Freundin auch sogleich wieder zurück in seine Arme.
„Ich liebe Dich, Kätzchen!“, flüsterte er an ihren Lippen.
„Und ich liebe Dich! Möge uns das neue Jahr nur Glück bringen!“, gab Isabel bekannt.
„Das wird es; das wird es!“, prophezeite Harry und nahm seine Freundin an die Hand. Doch statt den anderen in den Club zu folgen, lief Harry mit Isabel an der Hand die Straße ein kleines Stückchen weiter rauf und blieb dann dort vor dem Schaufenster eines Reisebüros stehen und platzierte Isabel genau vor sich. Anschließend umarmte er sie von hinten und ließ seinen Kopf auf ihrer rechten Schulter ruhen. „Was würdest Du davon halten, wenn wir Ende Januar für zwei Wochen verreisen?“, fragte Harry vorsichtig.
„Der Gedanke ist sehr verlockend, doch wie stellst Du Dir das vor???“
„Ganz einfach, Du steigst am 27. Januar in ein Flugzeug und lässt Dich von mir in eine völlig andere Welt entführen. Und am 10. Februar kommst Du dann gut erholt wieder in London an.“
Isabel drehte sich zu Harry um und sah ihm verwirrt ins Gesicht.
„Dein Vater ist auf Tour, Deine Mum ist von der Idee begeistert und Anabel würde auch mitkommen. Du musst also nur noch ‚Ja‘ sagen …“, offenbarte Harry.
„Aber ich kann doch nicht für vierzehn Tage die Kita schließen!“, widersprach Isabel trotz alledem.
Harry grinste. „Auch an Deine sechs Rabauken habe ich gedacht. Sie würden in dieser Zeit von Deiner Mutter und Melissa, Marybeth’ ehemaligem Kindermädchen, betreut werden. Melissa hat auch auf Deine Kids aufgepasst, als wir in Freshwater waren. Sie freut sich schon riesig darauf, Deine Zöglinge wiederzusehen.“
„Aber den Flug hast Du noch nicht gebucht, oder?“, hakte Isabel nach.
„Nein, noch nicht. Aber es bedarf lediglich eines Anrufs und die Reise steht.“
„Da habe ich wohl keine Chance ‚Nein‘ zu sagen, oder?“, fragte Isabel rein rhetorisch.
„Nein, eigentlich nicht. Bell, Deine Mutter ist der Meinung, dass es Dir guttun würde, einmal rauszukommen. Und ich bin der gleichen Ansicht. Ich weiß von ihr zum Beispiel auch, dass Du noch nie England verlassen hast und Euer letzter Familienurlaub schon eine ganze Weile zurückliegt. Zudem wollte ich sowieso einmal richtig mit Dir verreisen. Warum nicht also jetzt?!“ Hoffnungsvoll blickte Harry Isabel an. Ihre Unsicherheit stand ihr ins Gesicht geschrieben. Harry strich ihr sanft über die Wange und erklärte völlig ruhig: „Ich kann Dich natürlich nicht zwingen und wenn Deine Antwort ‚Nein‘ sein sollte, dann lautet sie halt ‚Nein‘. Ich bin auch nicht enttäuscht oder böse auf Dich. Denn mir ist nur eines wichtig: Dass Du glücklich bist, Isabel!“
Isabels Miene hellte sich sogleich auf. Dafür entglitten Harry prompt die Gesichtszüge und er stellte sich auf eine Absage ein. Zu seiner Überraschung nickte Isabel jedoch nur freudestrahlend.
„Ist das ein ‚Ja‘?“, fragte Harry trotzdem noch einmal vorsichtig nach.
„Natürlich ist das ein ‚Ja‘! Glaubst Du wirklich, ich würde mir diese Gelegenheit entgehen lassen? Wer weiß, vielleicht ist es ja meine einzige Reise außer Landes?!“, sagte Isabel schlicht.
„Oh Bell! Solange Du mit mir zusammen bist, verspreche ich Dir eines: Es wird nicht die letzte Reise dieser Art gewesen sein! Eher solltest Du Dich bereits jetzt daran gewöhnen, dass Du des Öfteren einfach von heute auf morgen von mir zu einem Urlaub entführt werden wirst“, gab Harry vor Glück überschäumend von sich.
„Und ich kann Dich nicht davon abbringen?“
„Nein, definitiv nicht!“, bestätigte Harry Isabels Vorahnung.
„Also schön. Und wo soll es hingehen?“, fragte Isabel.
Harry grinste breit und tippte Isabel zärtlich neckend auf die Nasenspitze: „Das, meine liebe Bell, wird nicht verraten. Nur so viel: Dort, wo wir hinfliegen, gibt es viel Sonne und blauen Himmel!“
„Super, das kann ja dann so ziemlich überall sein!“
Harry lachte laut auf und zog Isabel fest in seine Arme. Zärtlich küsste er sie aufs Haupt. Anschließend liefen sie zurück zum Club und feierten noch bis weit in die frühen Morgenstunden in das neue Jahr hinein.
„Hallo, Erde an Isabel! Jemand da?“, rief Anabel und tippte ihrer Freundin an die Schulter. Isabel schreckte sogleich hoch. „Hey, ganz ruhig. Ich wollte Dir nur mitteilen, dass wir da sind.“ Fragend sah Isabel aus dem Taxifenster und las die großen Letter über dem Flughafeneingang: HEATHROW Airport. Isabel seufzte. „Alles in Ordnung mit Dir?“, fragte Anabel besorgt.
„Ja, alles okay. Ich habe nur die Nacht nicht schlafen können und nun bekomme ich die Quittung dafür“, gestand Isabel kleinlaut.
Anabel grinste nur. „Ach, das ist doch nicht schlimm, dann schläfst Du halt nachher im Flieger.“ Skeptisch sah Isabel zu ihrer besten Freundin herüber. „Hey Isa, fliegen ist nicht viel anders als mit einer Achterbahn zu fahren. Nach Wales bist Du doch auch geflogen und war es schlimm?“
„Nein, aber das war ja auch nur ein Kurzstreckenflug …“
„Und? Ob Du nun zwei Stunden im Flieger sitzt oder zwölf …“, erwiderte Anabel. Sogleich keuchte Isabel auf. Anabel kicherte und erwähnte: „Warts ab, wenn nachher Harry da ist, dann wirst Du eh alles andere vergessen. Also komm, lass uns das Gate F3.b finden. Nicht, dass wir zu spät kommen und der Flieger schon ohne uns abgehoben hat!“, scherzte Anabel weiter. Doch Isabel sah sogleich wieder panisch auf. Anabel schüttelte nur amüsiert den Kopf und nahm ihre Freundin an die Hand.
Kurz darauf wurden sie in einen privaten, hinter Milchglasscheiben befindlichen VIP-Wartebereich geführt. Außer drei schwarzen Lebercouchen und einem großen Plasmafernsehbildschirm war der Raum leer.
„Sind wir zu spät?“, fragte Isabel prompt.
Anabel kicherte. „Nein, eher zu früh. Soll ich uns mal einen Kaffee holen?“ Isabel nickte dankend und Anabel verschwand kurz hinter der Schiebetür. Zwei Minuten später überreichte sie Isabel eine Tasse Kaffee.
Isabel nahm einen Schluck und ging dann zum Fenster herüber, um sich das geschäftige Treiben