bei der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden.
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In der Literatur wurde die Ansicht vertreten, dass Entlohnungsmethode gegenüber Entlohnungsgrundsatz der umfassendere Begriff ist.21 Begründet wurde dies mit dem allgemeinen Sprachgebrauch. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde unter einer Methode die Art und Weise mit der eine Aufgabe angegangen und gelöst wird verstanden, z.B. die Lösung einer Rechenaufgabe. Nichts anderes gelte für den Begriff Entlohnungsmethode.
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Grundsätze seien demgegenüber methodenimmanente Regeln besonderen Gewichts. Die Menge der eine Entlohnungsmethode bildenden Normen kann eine oder mehrere Normen enthalten, die besonders wichtig erscheinen, mithin Entlohnungsgrundsätze. Unter einer Entgeltmethode sei daher die Gesamtheit der bei der Entlohnung angewandten Normen über die Art und Weise der Entlohnung zu verstehen. Entlohnungsgrundsätze seien aus der Menge dieser Normen wegen ihres Gewichts herausragende Regeln.22
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Nach anderer Auffassung ist es richtig, dass unter einer Methode die Art und Weise, mit der eine Aufgabe angegangen wird, verstanden wird.23 Der Begriff des Grundsatzes müsse jedoch anders ausgelegt werden. Hiernach ist ein Grundsatz eine feste Regel, die jemand zur Richtschnur seines Handelns macht bzw. ein allgemeingütiges Prinzip, das einer Sache zugrunde liegt. Damit beschriebe der Entlohnungsgrundsatz ein abstraktes, übergeordnetes Entgeltsystem, welches mittels der Entlohnungsmethode konkret umgesetzt werden soll. Der Entlohnungsgrundsatz stehe damit über der Entlohnungsmethode.
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Für eine solche Annahme spricht u. U. die Systematik im Gesetz. Der Entlohnungsgrundsatz wird im Wortlaut vor der Entlohnungsmethode genannt.
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Das BAG hat hingegen bereits sehr früh darauf hingewiesen, dass das Gesetz nicht eindeutig erkennen ließe, worin es den Unterschied zwischen den Grundsätzen und Methoden sieht. Gleichzeitig stellte das BAG aber fest, dass Entlohnungsmethode der „engere Begriff“ sei. Innerhalb des Grundsatzes kann der Lohn nach verschiedenen Methoden berechnet werden.24
21
Auch die Literatur geht davon aus, dass Entlohnungsmethoden die Art und Weise der Durchführung eines bereits gewählten Entlohnungssystems beschreiben.25 Es geht methodisch um das Verfahren, wie der Entlohnungsgrundsatz technisch umgesetzt wird. Entlohnungsmethode sei demnach im Verhältnis zum Entlohnungsgrundsatz der engere Begriff.
22
Die Grenze zwischen Entlohnungsgrundsätzen und Entlohnungsmethoden ist m.E. nicht in jedem Fall eindeutig. Eine genaue Abgrenzung ist praktisch jedoch nicht erforderlich, denn in beiden Fällen ist die betriebliche Lohngestaltung betroffen und damit das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eröffnet.26
3. Bedeutung von „Insbesondere“
23
Abschließend bleibt zu erörtern, welche Bedeutung dem Wort „insbesondere“ in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zukommt. Nach allgemeiner Einordnung handelt es sich bei der Aufzählung von Entlohnungsgrundsätzen und Entlohnungsmethoden lediglich um Regelbeispiele für die betriebliche Lohngestaltung. Diese Beispiele sind nicht abschließend. Unter betrieblicher Lohngestaltung könnten noch andere Fallgestaltungen subsumiert werden. Dies verdeutlicht das Wort „insbesondere“.
24
Es könnte die Auffassung vertreten werden, dass dem Regelbeispielscharakter des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG keinerlei Bedeutung zukommt, da alle Fälle der betrieblichen Lohngestaltung bereits unter Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode subsumiert werden können.
25
Aufschluss über diese Behauptung gibt die historische Entwicklung. Nach § 56 Abs. 1 h) BetrVG 1952 konnte der Betriebsrat mitbestimmen bei der „Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung von neuen Entlohnungsmethoden“. Die betriebliche Lohngestaltung wird nicht genannt. Erst mit der Reform des BetrVG 1972 änderte sich der Wortlaut in unsere heutige Fassung. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG über das damalig geltende Recht hinaus auf alle Fragen der betrieblichen Lohngestaltung erstrecken sollte, um so ein umfassendes Mitbestimmungsrecht in diesem Bereich sicherzustellen.27
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Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber unter der betrieblichen Lohngestaltung mehr versteht als allein die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung von neuen Entlohnungsmethoden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die ältere Rechtsprechung zunächst auf dem Begriff der betrieblichen Lohngestaltung eingegangen ist, um im Anschluss als Beispiele Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode zu nennen.28
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Die neuere Rechtsprechung hingegen definiert m.A. den Entlohnungsgrundsatz verkürzend mit der betrieblichen Lohngestaltung und subsumiert alle Fälle unter den Entlohnungsgrundsatz.29 Daraus lässt sich ableiten, dass die Rechtsprechung dem Regelbeispielscharakter des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG keinerlei Bedeutung (mehr) beimisst. Dies kann nicht überzeugen. Denn unter der betrieblichen Lohngestaltung muss weit mehr verstanden werden. Zur Lohngestaltung gehört auch die Festlegung, in welchem Verhältnis verschiedene Entlohnungsgrundsätze zueinander stehen, wenn ein kombiniertes Entgeltsystem gewählt wird.30 Zu den Strukturformen des Entgelts und damit zu den Entgeltfindungsregeln gehören darüber hinaus auch der Aufbau der Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale.31 Schließlich fällt unter die Lohngestaltung bei zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers die Aufstellung der Verteilungsgrundsätze.32 Diese Regelungsinhalte lassen sich nicht unter den Entlohnungsgrundsatz oder die Entlohnungsmethode subsumieren, sind jedoch gängige Praxis.
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Daher sollte die Rechtsprechung den Begriff der betrieblichen Lohngestaltung wieder stärker in den Blick nehmen, denn er verdeutlicht, dass der Betriebsrat bei weit mehr als allein bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat.
III. Reichweite der Mitbestimmung
1. Vergütungsfindung
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§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst kurzgesagt das Verfahren für die Vergütungsfindung. Dabei geht es um die Frage, nach welchen Kriterien die Vergütung der Beschäftigten festgelegt werden soll. Wie Haberkorn ausführt, versteht er unter Vergütungsfindung nichts anderes als die Einführung eines Vergütungssystems.33 Es ginge um die Strukturformen des Entgeltes und die Grundlagen der Lohnfindung, um die Ausformung des jeweiligen Vergütungssystems und damit die Festlegung derjenigen Elemente, die dieses System im Einzelnen ausgestalten und zu einem in sich geschlossenen machen.34
30
Die Festlegung des Gehaltes ist wesentlicher Bestandteil der Vertragsverhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei lautet die Frage nicht, ob überhaupt eine Vergütung geschuldet ist, vielmehr allein wie hoch die geschuldete Vergütung ausfällt. Die Höhe der Vergütung wird in Abhängigkeit vom Leistungserbringungsbild des Arbeitnehmers an unterschiedliche Kriterien geknüpft, anhand derer ein Vergütungsmodell bestimmt wird. Die Art und Weise der Leistungserbringung erfordert dabei ein schlichtes oder ein komplexeres Vergütungsmodell. Der Arbeitgeber wird hierbei die ökonomische Lage seines Unternehmens berücksichtigen und der Arbeitnehmer wird hingegen sein Gehalt möglichst hoch ansetzen wollen. Es bedarf somit einer Entgeltfindung, die dem jeweiligen Leistungsbild entspricht, was zu einem komplexen und ausdifferenzierten Gesamtsystem im Unternehmen führen kann. Weitere Einflussnehmer sind Wachstum, Investitionen, Gewinn und Arbeitsmarktgegebenheiten. Schließlich sind soziale Aspekte wie Lebensalter, Familienstand, Betriebszugehörigkeit, Ausbildung sowie branchen- oder rollenspezifische Gehaltserwartungsniveaus