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Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten


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dargestellt anhand von drei seiner Gutachten, in: ZNR 19 (1997), S. 1–16. – Wieacker: PRG, 158. – ADB 1 (1875), 397f. (R. v. Stintzing). – HRG2 I (2008), 199f. (H.-R. Hagemann). – Jur.Univ. II, 166–168 (P. Pichonnaz). – NDB 1 (1953), 246f. (A. Hartmann). Bibliographie bis 1962 in: G. Kisch: Die Anfänge der Juristischen Fakultät der Universität Basel 1459–1529, 1962, 352–354.

      P.

       [Zum Inhalt]

      Dominicus ArumaeusArumaeus, Dominicus (1579–1637)

      (1579–1637)

      Geboren 1579 in Leeuwarden, Westfriesland; calvinistische Familie; Studium ab 1593 in Franeker, Oxford, Rostock; in Jena ab 1599; 31. März 1600 Promotion und Hochzeit (seine Frau eine Tochter des Jenaer Professors Virgilius Pingitzer), 1602 außerordentlicher Professor; 1605 ordentlicher Professor zunächst für römisches Privatrecht, später deutsches Reichsstaatsrecht; gleichzeitig als Beisitzer am Jenaer Schöffenstuhl, später am Hofgericht; 1608, 1628, 1636 Rektor, 1618 Prorektor der Universität Jena; 1619 Senior (zweiter Rang), 1634 Ordinarius (erster Rang) der jur. Fakultät und damit Vorsitzender des Schöffenstuhles; Rat des Weimarischen Hofes; gestorben 24.2.1637 bei einer Fakultätssitzung.

      Gegen Ende des 16. Jhs. begann das Reichsstaatsrecht, an den Universitäten als besondere Disziplin der Jurisprudenz gelehrt zu werden. A. setzte sich als „erster Lehrer des ius publicum in Jena“ (Conring) aus zwei Gründen für diese Entwicklung ein: Juristen, die in ihrem Beruf oft wichtige Stellungen in den fürstlichen Geheimen Räten und damit bei der Leitung des Staates innehatten, müßten schon auf der Universität im Staatsrecht ausgebildet werden. Entscheidend war für ihn aber seine Forderung an die Staatsrechtswissenschaft: Die Axiome des römischen Staatsrechts, die der deutschen Verfassungswirklichkeit |29|nicht mehr gerecht wurden, sollten einer realistischen Behandlung des tatsächlichen Verfassungsrechts im deutschen Reich weichen. Quellen des deutschen Staatsrechts konnten nicht mehr das Corpus Iuris Civilis oder die Lex Regia sein, sondern man mußte das positive Recht etwa der Goldenen Bulle oder der Wahlkapitulationen heranziehen. A. gab ab 1615 eine Sammlung von Abhandlungen (Diskursen) seiner Schüler heraus, die die Rechtsverhältnisse im Reich des beginnenden 17. Jhs. vor allem nach diesen „Reichsgrundgesetzen“ beurteilten.

      Ganz aus seiner Feder stammt der „Commentarius iuridico-historico-politicus de Comitiis Romano-Germanici Imperii“ von 1630. Aus dieser historisch fundierten Beschreibung der Institution Reichstag kann man A.s Verfassungslehre herauskristallisieren. Der „Stammvater der deutschen Publizisten“ erscheint hier als ein Wegbereiter der Lehre von der doppelten Majestät. Es ist vor allem ein terminologischer Unterschied zu dieser erst später ausgebauten Lehre, wenn er nur die Gewalt des Kaisers als „maiestas“ bezeichnet. Sie ist entgegen dem absoluten Majestätsbegriff Bodins definiert als „summa unius in regenda Republica potestas“ und entsteht dem gewählten Kaiser (Imperator designatus) durch Errichtung der Wahlkapitulation. A. weist zwar die zu seiner Zeit noch verfochtene unveränderte Fortgeltung der Lex Regia in der das römische Volk alle Gewalt dem Kaiser übertragen hatte, zurück. Er sieht aber in der jeweiligen kaiserlichen Wahlkapitulation nichts anderes als die „Lex Regia Germanorum“. Hierin zeigt sich, wie er trotz seiner Ausrichtung auf die Gegenwart doch am Weiterleben des Imperium Romanum im römisch-deutschen Reich festhält. Die maiestas ist für ihn eingeteilt in Teil-Rechte die ursprünglich in der Hand der respublica oder des regnum liegen. Auch die beschränkte Übertragung dieser Majestätsrechte durch die Kapitulation gibt dem Kaiser die höchste Gewalt eines einzelnen, begründet also (nicht: begrenzt!) seine volle maiestas. Der Reichstag hat nach A.s Ansicht an der maiestas des Kaisers keinen Anteil. Er repräsentiert das Reich (durch das Kurfürstenkollegium) bei der Wahl des Kaisers und dessen Ausstattung mit Majestätsrechten. A. sucht hier nicht nach einer Lösung der Probleme, die sich für den Reichstag aus dem Erstarken der einzelnen Reichsstände ergaben. Ihm kam es auf die Betonung der kaiserlichen Machtstellung als Garantie für die Reichseinheit an. Deshalb qualifizierte er auch das Reich als eine Monarchie (hierin mit → AlthusiusAlthusius, Johannes (1557–1638) übereinstimmend). Festhaltend am Altüberkommenen sah er als Hauptaufgabe des Reichstages nur die Koordination der Einzelinteressen seiner Mitglieder.

      |30|A.s Werk über die Goldene Bulle von 1617 steht am Übergang zu moderner Kommentierungsweise: Es umfaßt den gesamten Text dieser Urkunde, geht jedoch nicht abschnittsweise vor, sondern setzt sich aus verschiedenen Monographien zusammen.

      Im ganzen muß man A. einordnen zwischen den meist katholischen oder lutherischen strengen Monarchisten (→ ReinkingkReinkingk, Dietrich (1590–1664)) und den Monarchomachen, die den Herrscher in völliger Abhängigkeit vom Volk sehen. Seine Ansicht von der Reichsverfassung kann daher nicht als rein konservativ bezeichnet werden. Wenn er auch die Volkssouveränitätslehre des → AlthusiusAlthusius, Johannes (1557–1638) nicht übernimmt, wenn er auch darauf verzichtet, die Machtverhältnisse von Kaiser und Reichstag in einem Zahlenproporz anzugeben, wie es Zeitgenossen versuchten, wenn er auch die Abhängigkeit des Kaisers vom Reichstag nicht ausspricht, so läßt sich doch nicht leugnen, daß er durch die realistische Behandlung seines Stoffes Ansätze schuf, die dann von seiner „Pflanzschule der deutschen Publizistik“ (vor allem → LimnaeusLimnäus, Johannes (1592–1663)) zu einer durchaus nicht konservativen Lehre weiterentwickelt werden konnten. Es ist sogar denkbar, daß → PufendorfsPufendorf, Samuel (1632–1694) Ansicht, das Reich sei überhaupt nicht in eine der klassischen Verfassungsformen einzuordnen, auf A. zurückgeht. Sieht man die Befruchtung der neuen Reichsstaatsrechtswissenschaft als A.s Verdienst an, so wird dieses Verdienst noch vergrößert, wenn man bedenkt, daß er noch unter dem Einfluß des Humanismus stand (häufig finden sich Zitate römischer Schriftsteller in seinen Werken) und daß er – ein Kind seiner Zeit – mit theologisch-biblischen Argumenten arbeitete.

      Hauptwerke: Tractatus methodicus de mora 1603. – Exercitationes Iustinianeae ad Institutiones, 1607. – Decisionum et Sententiarum libri II, 1612. – Disputationes ad praecipuas Pandectarum et Codicis leges, consuetudines feudales, quatuor Institutionum libros, 1613, 21620, 31628, 41665 und 51672 bearb. v. E.F. Schröter. – Discursus academici de iure publico, Bd. 1: 1615 (1621), Bd. II–V: 1620–1623. – Discursus academici ad Auream Bullam, 1617, 21619, 31663 mit Zusätzen v. E.F. Schröter. – Commentarius iuridico-historico-politicus de comitiis Romano-Germanici Imperii, 1630, 21635, 31660.

      Literatur: Geschichte der Universität Jena. 1548/58–1958. Festgabe zum 400jährigen Universitätsjubiläum, hrsg. v. einem Kollektiv d. Hist. Inst. d. Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Leitung v. M. Steinmetz, 1. Bd., 1958, 89f. – R. Hoke: Die Emanzipation der deutschen Staatsrechtswissenschaft von der Zivilistik im 17. Jh., in: Der Staat 15 (1976), 211–230 (219–224). – R. Hoke: Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnäus, 1968, 27–38, 80–83. – W. Pauly/M. Siebinger: Dominicus Arumaeus (1579–1637) und Johannes Limnäus (1592–1663): Wegbereiter der Wiss. |31|vom öff. Recht in Deutschland, in: G. Lingelbach (Hrsg.): Rechtsgelehrte der Univ. Jena aus vier Jh.en, 2012, 33–50. – J.S. Pütter: Litteratur des teutschen Staatsrechts, I, 1776 (Ndr. 1965), 165–170. – M. Schmoeckel: Dominik Arumaeus und die Entstehung des öff. Rechts als rechtswiss. Lehrfach in Jena, in: R. v. Friedeburg u.a. (Hrsg.): Recht, Konfession und Verfassung im 17. Jh., 2015, 85–127. – Friedrich Herrmann Schubert: Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit, 1966, bes. 451–466, 482–494. – Stintzing-Landsberg: GDtRW I, bes. 719–721. – Stolleis: Gesch., I, 214f. – ADB I (1875), 614f. (T. Muther). – C. Strohm: Calvinismus und Recht, 2008, 413ff. – HRG2 I (2008), 316f. (R. Hoke). – Jur., 41f. (M. Stolleis). – Jur.Univ. II, 329–331 (M. Stolleis).

      P.