Sabine Tofahrn

Strafrecht Allgemeiner Teil II


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      Beispiel

      Hier hat der BGH das unmittelbare Ansetzen verneint, da es aus Sicht des A zwar möglich aber noch ungewiss war, ob die Täter zurückkehren und dann auch aus der Flasche trinken werden. Ein zeitlich räumlicher Zusammenhang bestand noch nicht.

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      Beispiel

      In dem obigen Vergiftungsfall (Rn. 9) lag das unmittelbare Ansetzen vor, da Ehemann M den Rotwein getrunken hatte. Es hätte aber auch schon dann vorgelegen, wenn E ihm den Wein hingestellt und dann das Zimmer verlassen hätte.

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      Beispiel

      Das Beschaffen einer Waffe stellt demgemäß noch kein unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 1a dar, sofern nicht auch beispielsweise durch Einschlagen der Fensterscheibe und Betreten des Hauses zum Grunddelikt unmittelbar angesetzt wurde.

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      Sofern Sie Zeit haben, können Sie an dieser Stelle den erfolgsqualifizierten Versuch und die versuchte Erfolgsqualifikation wiederholen, dargestellt im Skript „Strafrecht AT I“.

Bei Erfolgsqualifikationen ist teilweise umstritten, ob es den erfolgsqualifizierten Versuch überhaupt gibt. Ein solcher liegt vor, wenn das Grunddelikt im Versuch stecken geblieben ist und dabei bereits die schwere Folge eingetreten ist. Grundsätzlich gilt jedoch auch hier, dass der Versuch erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zum Grunddelikt beginnt.

      Beispiel

      A möchte B mit einem Baseballschläger zusammenschlagen. B will diesem Schlag ausweichen, fällt dabei aber die Treppe zur U-Bahn hinab und bricht sich das Genick.

      Hier hat A zur Körperverletzung durch das Schlagen mit dem Baseballschläger unmittelbar angesetzt. Er hat sich somit jedenfalls gem. §§ 223 Abs. 1 und 2, 22, 23 strafbar gemacht. Ob er sich auch gem. §§ 227, 22, 23 strafbar gemacht hat, hängt davon ab, ob man beim Unmittelbarkeitszusammenhang an die Körperverletzungshandlung oder an den Körperverletzungserfolg anknüpfen möchte. Dieses Thema wird ausführlich dargestellt im Skript „Strafrecht AT I“ und „Strafrecht BT I“.

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      Beispiel

      A plant gemeinsamt mit B, dass dieser zu seinen Gunsten in der Hauptverhandlung uneidlich falsch aussagen soll. Zu der Aussage des B kommt es jedoch nicht mehr, weil in der Hauptverhandlung mit der Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO vereinbart wird.

      Hier ist der Rechtsfrieden durch die Verabredung von A und B nicht erschüttert worden. Etwas anderes gilt lediglich für den Fall, dass eine Verabredung zum Verbrechen stattfindet. Hier kommt eine Bestrafung gemäß § 30 in Betracht.

Das Ausforschen von Tatmöglichkeiten sowie die Schaffung von Gelegenheiten für eine später zu begehende Tat begründen ebenfalls noch kein unmittelbares Ansetzen.

      Beispiel

      A kundschaftet in Köln Gegenden aus, in denen Autos der Luxusklasse stehen, um diese am darauf folgenden Tag zu stehlen. Ferner besorgt er sich für diese Wagen gefälschte Nummernschilder und Papiere. Bevor er am nächsten Tag jedoch seinen Beutezug antreten kann, wird er von der Polizei festgenommen.

      Auch hier kann nicht von einem strafbaren Versuch des Diebstahls ausgegangen werden. Die Maßnahmen, die A ergriffen hat, dienten lediglich der Vorbereitung. Zur Ausführung des Deliktes waren noch weitere wesentliche Zwischenakte, nämlich das Aufsuchen des Tatortes und das Aufbrechen der Autos notwendig. Auch war subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht's los“ noch nicht überschritten worden.

      Problematisch kann das unmittelbare Ansetzen bei einem „gestreckten“ Geschehensablauf werden, beim dem der Täter z.B. das Opfer erst über einen längeren Zeitraum quälen möchte, um es dann anschließend zu töten. Es stellt sich dann die Frage, ob die Körperverletzungshandlungen bereits das unmittelbare Ansetzen zur später beabsichtigten Tötung darstellen.

      Beispiel

      Zwischen A und O kam es nachts in der Wohnung des A zu einem Streit. Als O die Wohnung verlassen wollte, zog A sie an den Haaren zurück und warf sie auf die Couch. Er plante, sie durch anhaltendes Würgen zu quälen und dann später zu töten. Dementsprechend fesselte er, sie an Händen und Füßen und würgte sie mehrfach bis zur Bewusstlosigkeit. Währenddessen rief er seinen Arbeitgeber an und meldete sich krank. Der O erklärte er, er habe jetzt richtig Zeit für sie, sie würde sowieso keiner für die nächsten 5 Tage vermissen. Nachdem er 2 Flaschen Wein getrunken hatte, schlief er ein. Der O gelang es, sich zu befreien und die Wohnung zu verlassen.

      Fraglich ist, ob neben den unproblematisch verwirklichten §§ 223, 224, 239 A auch einen versuchten, grausamen Mord begangen haben könnte. Dann müsste er die Schwelle zum „Jetzt gehtʼs los“ überschritten haben, es dürften keine wesentlichen Zwischenschritte mehr erforderlich sein und das Rechtsgut müsste konkret gefährdet sein. Es lässt sich nicht klären, wann A die O töten wollte. Aus seinen Einlassungen gegenüber O kann geschlossen werden, dass durchaus auch eine Zeitspanne von 5 Tagen bis zur Tötung eingeplant gewesen sein könnte. Während dieses Zeitraums aber hätte vieles geschehen können, wie z.B. die tatsächlich gelungene Flucht der O.