Daniela Schroeder

Grundrechte


Скачать книгу

einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ab und führt dazu aus, die juristische Person handele aufgrund gesetzlicher Zuständigkeiten und nicht in Wahrnehmung von Freiheit. Bei einem Übergriff durch ein anderes Organ der öffentlichen Gewalt gehe es der Sache nach daher um einen Kompetenzkonflikt und nicht um einen Eingriff in subjektive Rechte.[18]

      (b) Ausnahmen

      91

      Der Grundsatz, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig sind, gilt jedoch nicht ausnahmslos; vielmehr sind drei Ausnahmen anerkannt, die Sie unbedingt kennen müssen:

      (aa) Justizgrundrechte

      92

      Beispiel

      Die Stadt B baut einen neuen Bahnhof. Die mit der Projektplanung beauftragten Architekten berechnen die Statik des Vordachs versehentlich falsch. Infolge dieses Fehlers stürzt das Vordach kurz vor der Eröffnung des Bahnhofs ein. Die Stadt B nimmt die Architekten gerichtlich in Anspruch. – Um ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Architekten gerichtlich verfolgen zu können, kann sich die Stadt B z.B. auf die auch für sie geltende Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG berufen.

      (bb) Juristische Personen des öffentlichen Rechts im formellen Sinne

      93

      Die zweite Ausnahme betrifft die Geltung der Grundrechte zugunsten sog. juristischer Personen des öffentlichen Rechts im formellen Sinne. Ihnen wird der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen, ohne dass sie jedoch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Gerade weil sie keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen, kann ihnen die Grundrechtsfähigkeit nicht abgesprochen werden.

      Beispiel

      Eine juristische Person des öffentlichen Rechts im formellen Sinne ist das Bayerische Rote Kreuz. Es ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die jedoch keine hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt.

      (cc) Grundrechtsdienende juristische Personen des öffentlichen Rechts

      94

      95

      Zu den grundrechtsdienenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören zum einen die staatlichen Universitäten sowie deren Fakultäten.

      Beispiel

      96

      97

      Hinweis

      Die dritte Ausnahme, die partielle Grundrechtsfähigkeit grundrechtsdienender juristischer Personen des öffentlichen Rechts, ist ein Klassiker in Prüfungen! Wichtig ist, dass Sie erklären können, warum es diese Ausnahmen gibt. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile die Tendenz zu beobachten ist, dass es zu Erweiterungen dieser Ausnahme kommen könnte.

      98

      JURIQ-Klausurtipp

      Seien Sie in der Fallbearbeitung äußerst vorsichtig, den Kreis der grundrechtsdienenden und damit partiell grundrechtsfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu erweitern. Jedenfalls müssen Sie gute Argumente liefern, um eine solche Erweiterung begründen zu können. Denken Sie dabei insbesondere an das Erfordernis einer grundrechtstypischen Gefährdungslage. Keinesfalls dürfen Sie die Grundrechtsfähigkeit allein deshalb bejahen, weil die juristische Person des öffentlichen Rechts generell rechtsfähig ist (eine Universität kann z.B. privatrechtlich Eigentum erwerben).

      99

      Grundrechtsberechtigt ist derjenige, dem im konkreten Fall ein sachlich einschlägiges Grundrecht persönlich zugeordnet werden kann.

      Beispiel

      Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet sachlich die Berufsfreiheit. Persönlich erfasst werden nach dieser Bestimmung nur „alle Deutschen“. Nichtdeutsche können sich demnach grundsätzlich nicht auf das spezielle Freiheitsrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, sondern nur auf das Auffanggrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen.

      100

      Sie sehen den Unterschied zwischen Grundrechtsberechtigung und Grundrechtsfähigkeit: Bei der Grundrechtsberechtigung geht es um die Frage, wer sich im konkreten Fall auf das sachlich einschlägige Grundrecht berufen kann, während die Grundrechtsfähigkeit unabhängig vom konkreten Einzelfall bestimmt wird. Spätestens hier wird klar: Eine Person, die schon nicht grundrechtsfähig ist, kann auch nicht grundrechtsberechtigt sein.

      aa) Jedermann-Grundrechte

      101

      Die meisten Grundrechte stehen allen Personen zu. Deshalb nennt man sie auch „Jedermann-Grundrechte“. Die Jedermann-Grundrechte erkennen Sie im Grundgesetz bereits am Wortlaut eines Grundrechts. Bei den Jedermann-Grundrechten ist z.B. von „jeder“, „jedermann“ oder „niemand“ die Rede (z.B. Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1, Art. 4 Abs. 3 S. 1, Art. 5