Daniela Schroeder

Grundrechte


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8 Abs. 1 GG gewährleistet die Versammlungsfreiheit. Vom sachlichen Schutzbereich erfasst sind jedoch nur solche Versammlungen, die „friedlich und ohne Waffen“ durchgeführt werden. Unfriedliche und bewaffnete Versammlungen fallen daher nicht in den sachlichen Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG. Grundrechtlicher Schutz kann in diesem Falle nur über das Auffanggrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG begehrt werden.

      Hinweis

      Im Zweifel legen Sie den sachlichen Schutzbereich weit aus. Auch das Bundesverfassungsgericht legt den Schutzbereich im Zweifel extensiv aus, um einen möglichst weit reichenden Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Es gilt also: „In dubio pro libertate“ („im Zweifel zugunsten der Freiheit“).

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      Die Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs prüfen Sie in drei Schritten:

      JURIQ-Klausurtipp

      Denken Sie noch einmal daran: Das Prüfungsschema dient Ihnen nur als Orientierung. Auf einzelne Prüfungsschritte brauchen Sie nur dann näher einzugehen, wenn sie in Ihrer Fallbearbeitung problematisch und daher erörterungsbedürftig sind! Keinesfalls dürfen Sie das Schema in Ihrer Falllösung stur abarbeiten.

      aa) Begriff

      75

      Im ersten Schritt prüfen Sie die Grundrechtsfähigkeit der Person(en), die in dem zu prüfenden Freiheitsrecht möglicherweise verletzt ist/sind.

      76

      Grundrechtsfähig ist jeder, der generell Träger von Grundrechten sein kann.

      Für die Frage, ob eine Person grundrechtsfähig ist, ist damit eine abstrakte, d.h. vom konkreten Einzelfall unabhängige Betrachtung maßgeblich.

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      Wiederholen Sie ggf. an dieser Stelle die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit!

      Materiell-rechtlich betrachtet, entspricht die Grundrechtsfähigkeit der Rechtsfähigkeit im Zivilrecht.

      Beispiel

      Ein Nichtdeutscher im Sinne des Art. 116 GG ist grundrechtsfähig, weil er generell Träger von Grundrechten (z.B. Art. 4, Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) sein kann. Dass er hinsichtlich der Deutschengrundrechte (z.B. Art. 8 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) nicht berechtigt ist, ist (erst) eine Frage seiner Grundrechtsberechtigung (s.u. Rn. 99 ff.).

      bb) Grundrechtsfähige Personen

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      Generell können sowohl natürliche als auch juristische Personen grundrechtsfähig sein.

      (1) Natürliche Personen

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      (a) Dauer der Grundrechtsfähigkeit

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      (b) Personenmehrheit

      81

      Nach den bisherigen Ausführungen wissen wir, dass einzelne natürliche Personen grundrechtsfähig sind. Nun stellt sich aber die Frage, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn sich mehrere natürliche Personen zusammenschließen. Grundrechtsfähig sind in diesem Falle – nach den bisherigen Erörterungen – unproblematisch die einzelnen natürlichen Personen als Mitglieder der Personenmehrheit. Grundrechtsfähig könnte aber auch die Personenmehrheit selbst sein.

      Beispiel

      D, E und F bilden hobbymäßig eine Musikband. Meist musizieren sie stundenlang am Wochenende in der Wohnung des D. Der Vermieter des D wohnt unmittelbar unter D und ist über die musikalischen Aktivitäten seines Mieters wenig erfreut. Daher will er das Musizieren am Wochenende zukünftig weitestgehend unterbinden.

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      Schließen sich mehrere natürliche Personen zu einer schlichten Personenmehrheit zusammen, ist diese Personenmehrheit nicht grundrechtsfähig. Grundrechtsfähig sind nur die einzelnen Mitglieder dieser schlichten Personenmehrheit. In unserem Beispielsfall (Rn. 81) ist die Musikband als schlichte Personenmehrheit daher selbst nicht grundrechtsfähig. Die einzelnen Bandmitglieder D, E und F können sich demgegenüber jeweils selbständig u.a. auf das Grundrecht auf Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG berufen (beachte hier die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte!).

      (2) Juristische Personen des Privatrechts

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      Im Gegensatz zu schlichten Personenmehrheiten können sich inländische juristische Personen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auf Grundrechte berufen, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf die juristische Person anwendbar sind. Art. 19 Abs. 3 GG begründet somit eine eigene Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen.

      JURIQ-Klausurtipp

      In der Fallbearbeitung ist Art. 19 Abs. 3 GG immer dann von Bedeutung, wenn eine überindividuelle Person eigene Grundrechtsverletzungen geltend macht.

      Beispiel

      E und F aus dem Beispiel oben (Rn. 81) arbeiten beide als angestellte Elektriker. Eines Tages beschließen sie, sich gemeinsam beruflich selbständig zu machen. Hierfür gründen sie eine OHG. Den Beitrag, den sie für das laufende Kalenderjahr an die Handwerkskammer entrichten sollen, halten sie für überhöht. Überhaupt halten sie die Mitgliedschaft in der Kammer an sich für völlig überflüssig.

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