Tobias Weber

Kommunalrecht Bayern


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angehört worden. Auch bestünde keine Rechtsgrundlage für die Anordnung, zumal er ein Gutachten eines befreundeten Veterinärs besitze, das bescheinige, dass sein Hund gutmütig sei.

      Beurteilen Sie die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Antrags.

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      Lösung

      Vorüberlegung

      Da die Verfügung des ersten Bürgermeisters A mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) versehen wurde, ist es sachgerecht, gerichtlichen Rechtsschutz über ein Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes zu suchen. Ein solcher müsste zulässig und begründet sein.

      I. Entscheidungskompetenz des Gerichts

      1. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges

      § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO analog. Zunächst müsste für die Streitsache der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Da der einstweilige Rechtsschutz akzessorisch zur jeweiligen Hauptsache ist, muss an dieser Stelle auf die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges in der Hauptsache abgestellt werden. In der Hauptsache beurteilt sich der Rechtsstreit maßgeblich nach den Normen des LStVG, so dass Normen streitgegenständlich sind, die ausschließlich einen Hoheitsträger berechtigen bzw. verpflichten (Sonderrechtstheorie). Auch ist die Streitigkeit mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, da keine unmittelbar an der Verfassung beteiligten Stellen über Verfassungsrecht streiten.

      2. Zuständigkeit des Gerichts

      Die Zuständigkeit des Gerichts beurteilt sich nach §§ 45, 52 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO. Zuständig ist das jeweilige Gericht der Hauptsache.

      II. Zulässigkeit eines Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes

      1. Statthaftigkeit des Antrags

      Da die VwGO zwei Formen einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stellt – zum einen das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, zum anderen das Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO – ist an dieser Stelle eine Abgrenzung vorzunehmen. Abgrenzungsnorm ist hierbei die Bestimmung des § 123 Abs. 5 VwGO. Diese bestimmt, dass der einstweilige Rechtsschutz nicht im Verfahren nach § 123 VwGO zu gewähren ist, soweit die §§ 80, 80a VwGO einschlägig sind. Das Gesetz geht damit vom Vorrang der §§ 80, 80a VwGO aus. §§ 80, 80a VwGO sind wiederum nur dann einschlägig, wenn in der Hauptsache Rechtschutz über Anfechtungswiderspruch bzw. Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren ist. Die Abgrenzung der beiden Arten einstweiligen Rechtsschutzes hat demnach nach Maßgabe des in der Hauptsache gebotenen Rechtsschutzes zu erfolgen. Da Klageziel des C vorliegend in der Hauptsache die Aufhebung (Kassation) der Verfügung des ersten Bürgermeisters sein wird, ist der einstweilige Rechtsschutz im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu verfolgen. § 80a VwGO ist nicht einschlägig, da lediglich ein Zwei-Personenverhältnis (Gemeinde – Bürger C) betroffen ist.

      Weiter ist für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich, dass die an sich nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung von Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 2 VwGO entfallen ist. Der angegriffene Verwaltungsakt muss daher kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 1–3 VwGO) bzw. kraft behördlicher Anordnung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) sofort vollziehbar sein. Hier wurde von Seiten des ersten Bürgermeisters der Sofortvollzug, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für Leinen- und Maulkorbzwang ausgesprochen. C muss daher einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage stellen.

      2. Antragsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog

      C müsste antragsbefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sein. Da C in der Hauptsache Adressat einer ihn als Hundehalter betreffenden Maßnahme ist, kann er sich zumindest auf die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG berufen (Adressatentheorie).

      3. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

      a) Zunächst stellt sich die Frage, ob es vor gerichtlicher Geltendmachung der Einlegung eines vorherigen Rechtsbehelfs in der Hauptsache bedarf. Rechtsbehelf in der Hauptsache wäre vorliegend eine noch zu erhebende Anfechtungsklage gegen die gemeindliche Verfügung. Insoweit würde ein Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2, Abs. 3 AGVwGO entfallen. Nun bestimmt aber § 80 Abs. 5 S. 2 VwGO, dass der Antrag (nach § 80 Abs. 5 VwGO) schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig ist. Daher kann C bereits vor Erhebung seiner Klage im Hauptsacheverfahren um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen.

      b) Allerdings darf der in der Hauptsache zu erhebende Rechtsbehelf nicht offensichtlich unzulässig sein. Hier ist in erster Linie auf eine mögliche Verfristung der Klage in der Hauptsache, § 74 Abs. 1 VwGO, einzugehen. Da die Verfügung des ersten Bürgermeisters jedoch mündlich und damit ohne Rechtsbehelfsbelehrung ausgesprochen wurde, gilt für C ohnehin die Jahresfrist aus § 58 Abs. 2 VwGO. Diese kann vorliegend problemlos gewahrt werden.

      c) Ebenfalls nicht erforderlich ist die Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens vor gerichtlicher Inanspruchnahme, § 80 Abs. 4 VwGO. Aus § 80 Abs. 6 S. 1 VwGO im Gegenschluss ergibt sich, dass der behördliche Vorantrag nur in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (öffentliche Abgaben und Kosten) zwingend zu verlangen ist. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Sofortvollzug kraft behördlicher Anordnung) ist ein vorheriger Antrag an die Ausgangsbehörde entbehrlich.

      4. Zwischenergebnis

      Ein Antrag im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage ist zulässig.

      III. Begründetheit eines Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

      Der Antrag im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist dann begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit formell rechtswidrig ist und/oder eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des C das Vollzugsinteresse der Gemeinde überwiegt.

      1. Antragsgegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog

      Der Antrag müsste gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet sein, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog. Da der erste Bürgermeister offensichtlich in seiner Funktion als Gemeindeorgan (und nicht als bloße Privatperson) die angegriffene Verfügung erlassen hat, wird sein Handeln der Gemeinde B zugerechnet. Der Antrag ist dem Rechtsträgerprinzip folgend daher gegen die Gemeinde B zu richten.

      Hinweis

      Im Weiteren ist zunächst die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen.

      2. Formelle Rechtmäßigkeit der Sofortvollzugsanordnung

      a) Zuständigkeit

      Die Gemeinde B ist als Ausgangsbehörde für eine Entscheidung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zuständig zur Anordnung des behördlichen Sofortvollzuges, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

      b) Anhörung

      c) Form/Begründungserfordernis

      §