Tobias Weber

Kommunalrecht Bayern


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als Vertreter ohne Vertretungsmacht (falsus procurator). Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts gilt dabei die allgemeine Fehlerlehre. Die Wirkungen seines eigenmächtigen Handelns bestimmen sich in der Folge danach, welchen Rechtsakt der erste Bürgermeister getroffen hat. Ein erlassener Verwaltungsakt ist rechtswidrig, eine Satzung/Verordnung nichtig, ein öffentlicher bzw. privatrechtlicher Vertrag schwebend unwirksam Art. 62 S. 2 BayVwVfG, § 177 BGB entsprechend bzw. § 177 BGB direkt.[10] Eine eigenmächtige Klageerhebung des ersten Bürgermeisters wird gem. § 173 VwGO in Verbindung mit § 89 ZPO entsprechend ebenfalls für schwebend unwirksam erachtet (kann aber nach h.M. auch noch nach Ablauf der Klagefrist vom zuständigen Organ genehmigt werden).[11] Besonders problematisch wird es in Fällen, in denen der erste Bürgermeister ohne entsprechende Beschlussgrundlage das gemeindliche Einvernehmen (§ 36 BauGB), welches nach seiner Rechtsnatur bloßes Verwaltungsinternum ist, zu einem Bauvorhaben verweigert.[12]

      Hinweis

      Das Formerfordernis des Art. 38 Abs. 2 GO

      Prüfungsreihenfolge bei eigenständigem Handeln des ersten Bürgermeisters

       I. Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO Laufende Angelegenheit

       II. Art. 37 Abs. 2 GO Konstitutive Übertragung durch Geschäftsordnung

       III. Art. 37 Abs. 3 GO Dringliche Angelegenheit

       IV. Art. 38 Abs. 1 GO Formales Außenvertretungsrecht ohne entsprechende Vertretungsmacht

      JURIQ-Klausurtipp

      Denken Sie bei gemeindlichem Handeln bei Prüfung der Zuständigkeit an die gebotene Zweiteilung zwischen Verbands- und Organkompetenz. Sofern der erste Bürgermeister gehandelt hat, beginnen Sie Ihre Prüfung mit der Erörterung von Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO, gehen im Anschluss kurz auf die Art. 37 Abs. 2 und 37 Abs. 3 GO ein. Schließlich legen Sie dar, dass Art. 38 Abs. 1 GO ein formales Außenvertretungsrecht ohne die erforderliche Vertretungsmacht begründet. Sofern kein Fall von Art. 37 GO einschlägig ist, handelt der erste Bürgermeister ohne Kompetenz; sein Handeln ist rechtswidrig, da folglich der Gemeinderat bzw. ein beschließender Ausschuss organkompetent ist. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GO stellt dies klar.

      Anmerkungen

       [1]

      Lissack § 4 Rn. 14.

       [2]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 39 Rn. 2.

       [3]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 37 Rn. 3 ff.

       [4]

      BayVGH BayVBl. 2006, 370 ff.

       [5]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 37 Rn. 11.

       [6]

      Hölzl/Hien/Huber Art. 37 Anm. IV; BayVGH BayVBl. 2015, 91 ff.

       [7]

      Lissack § 4 Rn. 25; Knemeyer 5. Kap. Rn. 243, 244; a.A. Bauer/Böhle/Ecker Art. 37 Rn. 13.

       [8]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 59 Rn. 4.

       [9]

      BayVGH BayVBl. 2012,177 ff.; BayVGH BayVBl. 2012, 341; OLG München Beschluss vom18.6.2010, Az. 34 Wx 65/10 –; juris; kritisch zu dieser Rechtsprechung BGH BayVBl. 2017, 389 ff.; BAG NVwZ-RR 2016, 924 f.; Bauer/Böhle/Ecker Art. 38 Rn. 3; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke Art. 38 Anm. 1.1; Hölzl/Hien/Huber Art. 38 Erl. 2.1; zum Streitstand; Widtmann/Grasser/Glaser Art. 38 Rn. 3.

       [10]

      BayVGH BayVBl. 2012, 177.

       [11]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 38 Rn. 5.

       [12]

      Vgl. hierzu VG Augsburg Urteil vom 22.11.2012, Az: Au 5 K 11.1754 – juris; BayVGH NVwZ-RR 2014, 693.

       [13]

      Bauer/Böhle/Ecker Art. 38 Rn. 3.

       [14]

      BGH BayVBl. 1967, 277 ff.

       [15]

      Kopp/Ramsauer § 44 Rn. 25.

      4. Teil Organe der Gemeinde und deren Aufgaben › B. Der Gemeinderat

      4. Teil Organe der Gemeinde und deren AufgabenB. Der Gemeinderat › I. Zusammensetzung des Gemeinderats

      100

      Der Gemeinderat wird ebenfalls für die Dauer von 6 Jahren gewählt, Art. 23 Abs. 1 GLKrWG.

      Der Gemeinderat ist nach Art. 30 Abs. 1 S. 1 GO das Vertretungsorgan der Gemeindebürger.

      101

      

      Gemäß