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Handbuch des Strafrechts


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(Straftat) bzw. vorwerfbare (Ordnungswidrigkeit) Verhalten einer Leitungsperson zugerechnet. Wenn aber § 30 OWiG keinen Verstoß gegen den Schuldgrundsatz begründet, dann verstößt hiergegen auch eine parallel konstruierte strafrechtliche Regelung nicht. Im Übrigen kann auf die Strafvorschrift des § 74e StGB[257] hingewiesen werden, durch die dem Verband ein schuldhaftes Handeln seiner Organe und Vertreter ausdrücklich „zugerechnet“ wird. Schließlich ist erneut das BVerfG im Bertelsmann-Lesering-Beschluss von 1966 zu zitieren: „Wird sie [die juristische Person] für schuldhaftes Handeln im strafrechtlichen Sinne in Anspruch genommen, so kann nur die Schuld der für sie verantwortlich handelnden Personen maßgebend sein.“[258] Diese Aussage wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das BVerfG in einem Beschluss von 1997 angeführt hat, dass die Geldbuße des § 30 OWiG „weder einen Schuldvorwurf noch eine ethische Mißbilligung enthält, sondern einen Ausgleich für die aus der Tat gezogenen Vorteile schaffen soll“.[259] Denn bei § 30 OWiG geht es eben nicht bloß um den Vorteilsausgleich (§ 17 Abs. 4 OWiG), sondern auch um die Ahndung[260] (Rn. 34). In anderer Hinsicht ist der Beschluss ebenfalls kritikwürdig, da er juristischen Personen die Berufung auf den Nemo-tenetur-Grundsatz im Hinblick auf deren fehlende Menschenwürde versagt hat, ohne zu berücksichtigen, dass dieser Grundsatz gleichfalls auf das Rechtsstaatsprinzip, die allgemeine Handlungsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und Art. 6 Abs. 1 EMRK gestützt werden kann, also Rechte, die auch juristischen Personen zustehen.

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