Peter Behrens

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht


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Regeln, die der Verbesserung der Verbraucherinformation dienen.

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      Im Rahmen der grundsätzlich bei den Mitgliedstaaten verbliebenen Zuständigkeiten zur Marktregulierung steht es im Ermessen der Mitgliedstaaten, darüber zu befinden, wie sie die Funktionsfähigkeit von Märkten durch Regulierung sichern wollen. Es kommt daher unvermeidlich zu Regulierungsunterschiedenen. Unabhängig vom Inhalt mitgliedstaatlicher Regulierungen kann sich allein schon ihre Unterschiedlichkeit negativ auf den Binnenmarkt auswirken, weil etwa Waren oder Leistungen, die den Vorschriften des Herstellungs- bzw. Ursprungsstaates entsprechen, in anderen Mitgliedstaaten nicht ohne weiteres verkehrsfähig sind, wenn sie nicht zugleich den Vorschriften des Bestimmungsstaates entsprechen, in den sie exportiert werden sollen. Regulierungsunterschiede können so den freien Verkehr von Produkten und Produktionsfaktoren und damit die Marktöffnung in der EU behindern. Darauf reagiert die EU mit den Mitteln des Unionsrechts (dazu sogleich im Folgenden).

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      In der EU ist die Frage der Vereinbarkeit staatlicher Regulierung mit der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes eine Rechtsfrage. Die wirtschaftliche Integration in der EU beruht auf der Bereitschaft der Mitgliedstaaten, im Interesse der Errichtung eines Binnenmarkts auf eine politische Steuerung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs zu verzichten, die der Marktöffnung zuwiderliefe. Die rechtlichen Maßstäbe für die Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Maßnahmen mit dem Binnenmarkt ergeben sich aus dem AEUV, insbesondere aus den Verkehrsfreiheiten und den Wettbewerbsregeln. Soweit die Mitgliedstaaten auf Befugnisse zur politischen Steuerung der Wirtschaft nach Maßgabe des Unionsrechts verzichtet haben, stellt sich die Frage, ob und inwieweit dieser Verzicht durch entsprechende Befugnisse der Union kompensiert wird, damit das Regulierungsbedürfnis, soweit es der Behebung von Marktversagen dient, befriedigt werden kann.

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      Staatliche Regulierung geht über die Kompensation von Marktversagen hinaus, sofern sie in den Allokationsprozess eingreift, um seine Voraussetzungen oder Ergebnisse zu korrigieren. Das ist der Fall, wenn staatliche Maßnahmen die Marktposition bestimmter Wirtschaftssubjekte zu Lasten anderer Wirtschaftssubjekte verändern. Dies geschieht gewöhnlich im Interesse von Zielen, die dem Markt als Allokationsverfahren von vornherein fremd sind (Beispiel: Umverteilung zu sozialpolitischen Zwecken). Aber es geschieht in der Wirklichkeit auch zur Verfolgung von Zielen, denen an sich gerade der Markt zu dienen bestimmt ist (Beispiel: die Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen auf die verschiedenen Regionen oder industriellen Sektoren der Union). In solchen Fällen wird häufig nicht ein bestimmtes Marktversagen korrigiert, sondern es werden Allokationsentscheidungen dem Markt entzogen.

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