auf deren Richtung ausschließlich nach den angedrohten Strafen in Verbrechen (I. Buch) und Vergehen (II. Buch) ein. Erst innerhalb dieser Klassifikation wird nach Rechtsgütern gruppiert, wobei sowohl Verbrechen als auch Vergehen in Privatdelikte (gegen den Einzelnen) und öffentliche Delikte (gegen den Staat) zerfallen. Alles in allem ein künstliches, traditionsfremdes System, das (bis auf das StGB von Holstein/Oldenburg von 1814 und das 1951 aufgehobene StGB Griechenlands von 1834) ohne Nachahmung blieb.
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Unmittelbares Vorbild der Legalordnung des geltenden Rechts ist die des preuß. StGB 1851. Die Anordnung der Straftaten verrät in ihrer Grundhaltung den starken Einfluss der Lehren Hegels und Fr. Jul. Stahls, verschließt sich aber auch nicht liberalen Gedankengängen. Nach wie vor ist der Staat Ausgangspunkt des Strafschutzes, und zwar nicht, wie von der Aufklärung gefordert und z.T. verwirklicht, als Gewähr der bürgerlichen Freiheit überhaupt, sondern als konkrete Verfassung und – noch davor rangierend – als Person des Königs[2]. Die Gewaltenteilungslehre des Liberalismus äußert sich im weiteren Aufbau. Auf die eigentlichen Staatsverbrechen folgen entsprechend der klassischen Dreiteilung die Angriffe auf die gesetzgebende Gewalt, die vollziehende und die richterliche Gewalt. Zwischen den Straftaten gegen den Staat und den Straftaten gegen den Einzelnen stehen die Delikte wider Religion, Familie und Sittlichkeit. Die Straftaten gegen den Einzelnen beginnen mit den Delikten gegen die Ehre. Daran schließen sich die Straftaten wider Leben und Leib, wider die persönliche Freiheit, das Eigentum und das Vermögen, innerhalb deren die Fälschungsdelikte eingeordnet sind. Den Schluss bilden die gemeingefährlichen Straftaten, die Amtsverbrechen und der Übertretungsteil, der mit dieser Stellung schon damals von dem eigentlichen Kriminalstrafrecht abgehoben werden sollte.
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Das geltende StGB hat an dieser Reihenfolge der Werte nichts geändert; aber als Kind der liberalen Epoche verschiebt es die Rangordnung der Güter unter der Hand durch Änderung der Strafdrohungen, in denen der Schutz des Lebens in den Vordergrund gerückt, die Strafwürdigkeit der Verbrechen gegen den Bestand des Staates abgewertet wird. Mit Recht spricht Oehler (186) daher von einem „Januskopf“ des geltenden StGB. Das 4. StrRG hat die „Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit“ als „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ den Straftaten gegen den Einzelnen zugeschlagen. Diese gewichtige Änderung war in der Systematik des geltenden StGB ohne weitere Umstellungen unterzubringen, da schon die bisherige Einordnung die Nähe zu den Straftaten gegen den Einzelnen zum Ausdruck bringen sollte[3]. Das 2. StrRG hat die Straftaten gegen den persönlichen Lebens- und Geheimnisbereich wegen ihrer gestiegenen Bedeutung in einem eigenen, dem durch die Aufhebung des Zweikampfs freigewordenen 15., Abschnitt zusammengefasst und den letzten Abschnitt aufgehoben; die bisherigen Übertretungen sind überwiegend zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft, in Einzelnen Fällen (z.B. Mundraub, jetzt § 248a StGB) aber auch zu Vergehen hochgestuft, wobei eine Auflockerung des Verfolgungszwanges Härten vermeiden soll (§§ 153, 153a StPO). Weitere Änderungsgesetze haben die „Verkehrsunfallflucht“ (§ 142, s. Tlbd. 2) zu einer Straftat gegen den Einzelnen und zahlreiche Amtsdelikte zu bloßen Qualifikationen von Straftaten gegen den einzelnen gemacht[4]. Das 18. StrÄndG hat die Straftaten gegen die Umwelt in das StGB eingefügt, und zwar im Anschluss an die gemeingefährlichen Straftaten; die Straftaten im Amt wurden um einen Abschnitt nach hinten verschoben. Das Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 hat einen neuen 27. Abschnitt (Straftaten gegen den Wettbewerb) eingefügt und die folgenden Abschnitte entsprechend verschoben.
Anmerkungen
Schroeder Staatsschutz 294 f.
Vgl. Schroeder Staatsschutz 34 ff., 76.
Schroeder FS Welzel 867.
Dazu Schroeder FS Roxin 2002, 38 ff.
2. Die Rechtsgüterordnung als Grundlage eines Lehrsystems
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a) Ist eine systematische Darstellung des Besonderen Teils an die Legalordnung des StGB gebunden, oder ist sie bei ihrer Anordnung vom Gesetz unabhängig? Diese Frage ist bestritten; indes lehren die Tatsachen, dass nur die wenigsten Lehrbücher versucht haben, sich der Systematik des StGB anzuschließen, und auch dann nicht ohne Abweichungen im Einzelnen.
Zu nennen sind hier für die Vergangenheit das Lehrbuch von Berner (12. Aufl. 1882), für die neuere Zeit die Darstellung von Niethammer (1950), die aber ebenfalls notgedrungen gelegentlich von der Systematik des StGB abweicht, so bei dem Hausfriedensbruch als einem Angriff auf die sittlichen Grundlagen der Gemeinschaft. Gehorsam gegenüber der Legalordnung ist damit weniger eine Tatsache als ein Wunsch, zuletzt vertreten von Oehler aaO 213 und Wegner[1], der sich gegen den „Hochmut der Wissenschaft bei Vernachlässigung der Legalordnung“ wendet. Demgegenüber betonte schon Binding, der wohl treueste Interpret des geltenden Rechts, dass die Wissenschaft nur eines heilig zu halten habe: die positiv-rechtliche Natur der einzelnen Verbrechensarten; „in allem weiteren hat sie die Pflicht voller Unabhängigkeit vom Gesetz. Sie muss diesem zum Trotz Gleiches als gleich nachweisen, angeblich Gleiches zerlegen, zu Unrecht Getrenntes verbinden, zu Unrecht Verbundenes scheiden“, „mit einem Wort – das Gesetz des Lebens dem der Erkenntnis unterwerfen“ (Lb. I 5). Diese Auffassung hat sich allgemein durchgesetzt. Die wissenschaftliche Systematik erleichtert nicht nur den Zugang zu der umfangreichen Materie, sondern bildet bereits den ersten Schritt bei der Auslegung der einzelnen Tatbestände[2]. Während das StGB in erster Linie auf die Praktikabilität der Anwendung, in zweiter Linie erst darauf zu sehen hat, dass seine Gliederung Ausdruck bestimmter Wertvorstellungen ist, gilt für die systematischen Darstellungen des Strafrechts das Umgekehrte. In der Gesamtwirkung beider bedeutet das nicht einen störenden Gegensatz, sondern eine fruchtbare Ergänzung.
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b) Es besteht also die Möglichkeit unabhängiger Systematik; diese wird angesichts der Unzulänglichkeit des StGB in bestimmtem Umfang zum Zwang. Es fragt sich nur, nach welchen Gesichtspunkten die Ordnung erfolgen muss. Hier besteht tatsächlich nur ein Weg. Die Straftaten nach Begehungsmitteln und Angriffsart (z.B. Gewalt gegen Sachen, Personen, Behörden, Staatsrepräsentanten) zusammenzufassen, ist als allgemeiner Grundsatz unbrauchbar; das gleiche gilt für den von Sauer (System des Strafrechts 1954) unternommenen Versuch, eine Klassifizierung der Straftaten nach den Tatmotiven (Nutz- und Notdelikte, Trieb- und Schwächedelikte usw.) durchzuführen. Es verbleibt der Rückgriff auf die abstrakten Schutzobjekte der Verbrechen, die Rechtsgüter. Die Schutzwürdigkeit des gleichen Rechtsgutes (z.B. des Lebens) führt zur Anerkennung der die Unverletzlichkeit des gleichen Gutes aussprechenden Norm (du sollst nicht töten); um die gleiche Norm gruppieren sich die den einzelnen Angriffsarten angepassten Strafdrohungen (Tatbestände des Totschlags, des Mordes, der Tötung auf Verlangen, der Kindestötung usw.). Diese sind als in sich geschlossene Teilgebiete im Rahmen des Möglichen nicht nur nach ihrem Zusammenhang, sondern auch nach der vom Betrachtenden vertretenen Rangordnung der Werte zu gruppieren: zwar nicht Legalordnung, wohl aber Rechtsgüterordnung.
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Indes muss sich jede Systematik der Grenzen ihrer Möglichkeiten bewusst bleiben. Vollendung ist unmöglich, erreichbar nur ein gewisses, und zwar stets weitgehend subjektiv bestimmtes Optimum. Letzteres gilt insbesondere für die Reihenfolge der einzelnen Verbrechensgruppen, so bei Voranstellung der Delikte gegen den Einzelnen oder umgekehrt derjenigen gegen die Gesamtheit. Immerhin besteht hierbei die Möglichkeit, sich an herrschende Wertvorstellungen anzuschließen (vgl. u. c.). Ferner lässt sich die Einordnung nach dem Rechtsgut nicht ganz ohne Ausnahmen