Reinhart Maurach

Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1


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des Rechtsgutsangriffes oder der Komplexität des Rechtsgüterschutzes als geschlossene Gruppe begreifen. Andere Autoren, wie z.B. Liszt-Schmidt (457), ziehen trotz grundsätzlichen Bekenntnisses zum Rechtsgut als Ausgangspunkt den Begriff der „vagierenden“ Delikte noch weiter, indem sie auch die Fälschungsdelikte dazurechnen. Im Prinzip wird aber stets vom Rechtsgut ausgegangen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der gleiche Tatbestand mehrere Rechtsgüter umfasst: die Einordnung der Tat bestimmt sich in diesen Fällen nach dem dominant getroffenen, dem „Zweck-Rechtsgut“, während das nur als Mittel zum Zweck in Mitleidenschaft gezogene Gut entweder auf den zweiten Plan tritt oder als selbstständig schutzunwürdig ganz ausscheidet. Daher ist die Erpressung ein Angriff auf Vermögen und Freiheit mit Vorrang des Ersteren (u. § 42 Rn. 19), der Betrug ein Angriff nur auf das Vermögen (u. § 41 Rn. 19), während bei der Falschverdächtigung der Ehrangriff wenigstens in Nebenwirkungen in Erscheinung tritt (Tlbd. 2 § 99 Rn. 5, 25).

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      Grundsätzlich beherrscht die Rechtsgutsorientierung auch diejenigen Lehrsysteme, die wie Binding (Lb. I 7) und Arzt/Weber eine aufgelockerte, durch das praktische Zusammentreffen systematisch verschiedener Verbrechensgruppen angezeigte Betrachtung befürworten: so die Verbindung der Delikte gegen die Person mit denen gegen die Sittlichkeit (jetzt: sexuelle Selbstbestimmung), der Lebensgefährdung und der fahrlässigen Tötung mit den allgemeinen Gefährdungsdelikten, der Urkundendelikte mit Begünstigung und Hehlerei. Für diese Systeme gilt das Eingeständnis Bindings (Lb. I 7): „ohne Zwang, freilich auch ohne volle Präzision“.

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      Nach Welzel (§ 37 II) ist das System des Besonderen Teils wegen der geschichtlichen Bedingtheit der Verbrechensarten und des dadurch gegebenen „fragmentarischen Charakters“ des Besonderen Teils im Gegensatz zum System des Allgemeinen Teils kein System im „strengen, materialen Sinne“. Hierzu Schroeder FS Welzel 860.

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      c) Die folgende Darstellung geht vom Vorrang der gegen den einzelnen gerichteten Straftaten aus. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Gemeinschaftsschutz dem Individualschutz zu weichen habe, wohl aber, dass Anerkennung und Schutzwürdigkeit des Ersteren die Achtung vor der Persönlichkeit unabdingbar voraussetzen. Ein Staat, der die Persönlichkeit des Menschen zu einem auswechselbaren Roboter degradiert, mag für begrenzte Zeit eine schlagkräftige Machtorganisation darstellen; seine lebendigen Kräfte aber werden ihres sittlichen Gehalts beraubt. Früher oder später ist der kriminelle Staat die Folge der Entpersönlichung der ihn Tragenden. Daher muss auch für die Rangordnung der Güter das Wort gelten:

      πάντων χρημάτων μέτρον έστìν ἂνθρωπος (Aller Dinge Maß ist der Mensch)

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      Bei den letzten drei Gruppen löst sich allerdings bereits die Beziehung auf den Einzelnen: diese Rechte stehen auch juristischen Personen, und zwar auch des öffentlichen Rechts, zu. Insbesondere der Hausfriedensbruch in öffentlichen Gebäuden spielt eine erhebliche Rolle (s.u. § 30 Rn. 3).

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      Auch in der Wertung des Verfassungsrechts schließen sich (Art. 14 GG) nun die Angriffe gegen Vermögenswerte an. Diese Straftaten entziehen sich angesichts des auch in der Bundesrepublik zunehmenden Vermögens der öffentlichen Hand noch mehr der Zweiteilung zwischen Straftaten gegen den Einzelnen und gegen die Gesamtheit (Schroeder FS Welzel 865).

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      Aus der Aufzählung dieser Mängel ergeben sich von selbst die Ziele der hier vorgenommenen Gliederung: 1. Vermeidung der Diskriminierung der staatlichen Tätigkeit als von der Gemeinschaft isoliert oder gar im Gegensatz zu ihr stehend. 2. Vermeidung der Aufwertung der Staatsgewalt zum Staat schlechthin. 3. Herausstellung der Bedeutung von Angriffen auf Verfassung und oberste Staatsorgane und Vermeidung ihrer Abwertung zu bloßen Staatsverbrechen.

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      Bei der herkömmlichen Gliederung ergab sich schließlich noch der Mangel, dass die in der letzten Zeit immer mehr zunehmenden Strafvorschriften zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten selbst unter mehr oder weniger blassen Oberbegriffen teils in die Straftaten gegen die Staatsgewalt, teils in diejenigen gegen die Rechtspflege eingegliedert wurden. Diese Tatbestände werden hier in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst. Da sie Straftaten aller Art, auch gegen die Staatsgewalt und die Rechtspflege selbst und gegen ausländische Staaten verhindern sollen, gehören sie an das Ende des Besonderen Teils.

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      Damit ergibt sich folgendes System des Besonderen Teils: