§ 314 Abs. 2 (§ 56 Rn. 17), § 316a Abs. 3 (§ 35 Rn. 58), § 316c Abs. 3 (§ 53 Rn. 60), § 318 Abs. 4 (§ 57 Rn. 30), § 330 Abs. 2 Nr. 2 (§ 58 Rn. 114 ff.), § 330a Abs. 2 (§ 58 Rn. 118 ff.), § 340 Abs. 3 (§ 9 Rn. 37 ff.). Auch dabei ist inzwischen überwiegend Leichtfertigkeit erforderlich, sodass die fahrlässige Tötung nur mit § 222 StGB erfasst werden kann.
Anmerkungen
Bockelmann, Verkehrsstrafrechtl. Aufsätze und Vorträge, 1967, S. 216 ff.; Cramer DAR 74, 317 ff.; § 16 AE; Koch, Die Entkriminalisierung im Bereich der fahrl. Körperverletzung und Tötung, 1998. Ablehnend Tröndle DRiZ 76, 129 ff.
II. Kausalität
Besondere Erscheinungsformen der fahrlässigen Tötung
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1. Die Kausalität bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen (gemäß der Äquivalenztheorie, näher AT § 18 Rn. 30 ff.), bereitet aber gerade hier wegen des häufigen Zusammen- oder Nebeneinanderwirkens Mehrerer im Einzelnen vielfach Schwierigkeiten (vgl. BGH 11, 1). Auch hier ist daran festzuhalten, dass weder mitwirkendes Verschulden des Verletzten noch eines Dritten den Kausalzusammenhang unterbrechen. Dadurch erübrigt sich allerdings nicht die weitergehende, innerhalb der Verantwortungs- und Schuldfrage vorzunehmende Prüfung, ob der konkrete Erfolg für den konkreten Täter unter den gegebenen Umständen voraussehbar war: die Kausalitätsbejahung ist noch keine Fahrlässigkeitsfeststellung. Ursächlich für den Tod ist auch ein Verhalten, das den Todeseintritt nur beschleunigt; die Unterlassung sinnloser Bemühungen um die Erkennung unerkennbarer Möglichkeiten der Tatbestandsverwirklichung bleibt dabei allerdings außer Betracht[2].
Zusätzlich zu dieser Kausalitätsprüfung ist bei der Fahrlässigkeit auch ein hypothetischer Kausalverlauf beachtlich: eine Haftung wegen Fahrlässigkeit entfällt, wenn der Erfolg auch bei einem anderen Verhalten eingetreten wäre, bei welchem er für den Täter nicht erkennbar gewesen wäre oder innerhalb des erlaubten Risikos gelegen hätte. Beispiel: der Radfahrer wäre infolge seiner unerkennbaren Trunkenheit auch bei Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes unter den überholenden Lkw gekommen (BGH 11, 1). Eingehend zu diesem sowohl in der Begründung wie in den Ergebnissen sehr umstrittenen Problem AT § 43 C.
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2. Möglich und häufig ist bei fahrlässiger Tötung die Begehung durch unechtes Unterlassen. Freilich kommt die Annahme eines solchen erst dann in Betracht, wenn nicht schon die Kausalität der Begehung gegeben ist: so hat der Radfahrer den Tod des ihm Entgegenkommenden nicht dadurch verursacht, dass er die Anbringung einer Fahrradlampe unterließ, sondern dass er mit einem verkehrsgefährlichen, weil unbeleuchteten Rad fuhr (weitere Grenzfälle dieser Art AT § 43 C).
Beispiele unvorsätzlicher Tötung durch fahrlässiges Unterlassen: Nichtanbringung von Schutzvorrichtungen (RG 10, 6); Unterlassung der Treppenbeleuchtung durch den Hauswirt (RG 14, 362); Nichtbenutzung von Sicherungseinrichtungen, auch wenn deren Notwendigkeit nicht durchschaut wird (BGH 15, 386). Praktisch bedeutsam ist die Frage nach der Haftung des Gastwirts, der es nach Verabfolgung geistiger Getränke unterlässt, seinen fahruntüchtig gewordenen Gast an der Weiterfahrt zu hindern, worauf dieser einen Passanten tödlich überfährt. In einem solchen Falle hatte BGH 4, 20 die Haftung des Gastwirtes nach § 222 grundsätzlich bejaht[3]; demgegenüber führt BGH 19, 152 mit Recht aus, dass die Garantiepflicht überfordert sei: Haftung daher nur, wenn der Gast unzurechnungsfähig geworden sei und der Wirt dies habe erkennen können[4]. Das gleiche gilt für die Selbstgefährdung des trunkenen Gastes (BGH 26, 35). Für den Mitfahrer oder Fahrgast besteht in Fällen von Trunkenheitsfahrten des Führers eine Hinderungspflicht grundsätzlich nicht (OLG Oldenburg NJW 61, 1938). Für die fahrlässige Nichthinderung des Selbstmordes eines Angehörigen gelten die o. § 1 Rn. 23 ff. erörterten Regeln.
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3. Praktisch bedeutsam bei § 222 sind die Fälle fahrlässiger Nebentäterschaft: der unmittelbare Erfolg wird durch einen Dritten ausgelöst, aber dieses wurde erst möglich durch das pflichtwidrige Verhalten des fahrlässigen Nebentäters.
Beispiele: Ein Beamter, der den Führerschein ohne gewissenhafte Prüfung erteilt, kann in Nebentäterschaft mit dem unzuverlässigen Fahrer der fahrlässigen Tötung schuldig sein (BayObLG DAR 52, 170), ebenso, wer einem noch unerprobten, insbesondere führerscheinlosen Fahrer sein Fahrzeug anvertraut[5]. Der Leiter einer Autoreparaturwerkstätte haftet – gegebenenfalls neben dem Fahrer – für den Todeseintritt, wenn sich infolge einer mangelhaft durchgeführten Reparatur ein tödlicher Verkehrsunfall ereignet[6]. Der Verursacher einer Körperverletzung haftet, wenn der Verletzte infolge einer lege artis ausgeführten oder nur leicht fehlerhaften ärztlichen Behandlung stirbt[7].
Anmerkungen
BGH 21, 59 m.Anm. Wessels JZ 67, 449 u. Hardwig JZ 68, 289; BGH NJW 66, 1823.
Dazu Lange JZ 53, 408; v. Weber NJW 53, 1072.
Zust. Eser/Sternberg-Lieben S/S 5; eingehend Geilen JZ 65, 469.
OLG Oldenburg NJW 50, 555; BGH MDR 57, 241.
OLG Köln NJW 66, 1468 m.Anm. Schweichel.
OLG Celle NJW 58, 271; OLG Hamm NJW 73, 1422. Dazu Otto JuS 74, 702 ff.
III. Das Maß der Anforderungen im Allgemeinen
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Das Maß der Fahrlässigkeit bestimmt sich nach einem doppelten Maßstab: die Erkennbarkeit muss zunächst nach der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gegeben sein, die sich nach Verkehrskreisen, betroffenen Rechtsgütern und Gefahrnähe differenziert. Verfügt der Täter allerdings über ein spezielles Wissen, das über die im Verkehr erforderlichen Kenntnisse hinausgeht, so kann dieses Sonderwissen bei der Erkennbarkeit zulasten des Täters berücksichtigt werden.[8] Außerdem muss der tödliche Ausgang dem Täter nach seinen persönlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen sein, wobei jedoch die Fahrlässigkeit auch in der Übernahme einer Tätigkeit bestehen kann, der der Täter nicht gewachsen ist. Nach der – freilich sehr angegriffenen – Rechtsprechung braucht der Täter nur den Enderfolg, den zu ihm führenden Kausalverlauf dagegen nur in Grundzügen vorausgesehen zu haben. Daher Haftung für den Tod eines Bluters bei leichtem Steinwurf (RG 54, 351) und für den Tod aufgrund einer altersbedingten Lungenentzündung oder einer Hepatitis nach einem Verkehrsunfall[9].
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In der Gegenwart spielt die fahrlässige Tötung eine besonders große Rolle im Verkehrsstrafrecht und bei der Heilbehandlung (näher Vogel LK § 15 274 ff.). Fälle, in denen Unfallverhütungsvorschriften zuwidergehandelt wird und dadurch ein tödlicher Unfall eintritt, haben zum Gegenstand BGH 20, 315 (Nichtbeachtung