Architekten zur Unfallvorsorge), BGH VRS 33, 353 (Überwachungspflicht des Dienststellenvorstehers bezüglich des Fehlverhaltens eines Bauwarts), BGH NJW 73, 1379 (Verkehrssicherungspflicht bei Skipisten) und OLG Celle VRS 29, 23 (Absicherung einer Baugrube). Aktuell ist ferner die Beurteilung der Mitwirkung an Todesfällen durch Betäubungsmittelmissbrauch. Da hierbei eine Selbsttötung oder Selbstgefährdung vorliegt, wurde die Problematik o. § 1 Rn. 23 behandelt. Zur fahrlässigen Tötung durch Vollzugslockerungen BGH 49, 1 und Schatz NStZ 03, 581.
10
Eine Rechtfertigung durch Notwehr ist auch bei der fahrlässigen Tötung möglich (BGH NJW 01, 3200), nach BGH NStZ 01, 243 jedoch nicht bei rechtswidriger Herbeiführung der Notwehrlage[10].
Anmerkungen
Vgl. Hoyer SK9 Anh. zu § 16 Rn. 14.
BGH VRS 29, 278; OLG Hamm NJW 73, 1422.
Abl. Roxin JZ 01, 667; Eisele NStZ 01, 416; Jäger JR 01, 512; Hruschka ZStW 113, 870.
IV. Strafe. Konkurrenzen
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Als Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe angedroht (die Sonderbehandlung der beruflich besonders Verpflichteten, § 222 Abs. 2 a.F. wurde schon durch VO vom 2.4.40 beseitigt. Bei der Tötung von Angehörigen kommt § 60 in Betracht (vgl. AT § 66 II). Eine Berücksichtigung der abstrakten Lebenserwartung des Opfers bei der Strafbemessung verstößt gegen Art. 3 GG[11].
Seit Einführung des § 56 a.F., jetzt § 18, ist § 222 gegenüber den durch einen Tod erfolgsqualifizierten Delikten (s.o. Rn. 4) subsidiär geworden (BGH 8, 54 und h.M.).
Anmerkungen
BayObLG NJW 74, 250 m.Anm. Schroeder.
§ 4 Lebensgefährdung (§ 221)
Schrifttum:
Dreher, Urteilsanm., JZ 66, 578; van Els, Zur Auslegung des § 221 StGB NJW 67, 966; Feloutzis, Das Delikt der Aussetzung nach dtsch. und griech. Recht (§ 221 dStGB, Art. 306 grStGB), 1984; Hall, Die normativen Tatbestandselemente der Aussetzung, SchwZStR 46, 328; Heger, Die Aussetzung als strafrechtsdogmatischer Mikrokosmos ZStW 119, 593; Küper, Grundfragen des neuen Aussetzungstatbestandes, ZStW 111, 30; v. Liszt, Lebensgefährdung, VDB V 151; Platz, Geschichte des Verbrechens der Aussetzung, 1876; Radbruch, Aussetzung, VDB V 185; I. Sternberg-Lieben/Fisch, Der neue Tatbestand der (Gefahr-)Aussetzung (§ 221 StGB n.F.), Jura 99, 45; Struensee in: Dencker u.a., Einführung in das 6. StrRG 1998, 1998, S. 29; Wielant, Die Aussetzung nach § 221 Abs. 1 StGB, 2009.
I. Allgemeines
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Das deutsche Recht kennt in Übereinstimmung mit den meisten ausländischen Rechten[1] keinen allgemeinen Tatbestand der Lebensgefährdung. Das Merkmal der Lebensgefährdung ist zwar in vielen Tatbeständen enthalten, jedoch zusammen mit der Gefährdung von „Leib und fremden Sachen von bedeutendem Wert“, also von körperlicher Unversehrtheit und Eigentum, und nur als zusätzliches Erfordernis zu einem näher umschriebenen Verhalten (Zweigliedrigkeit der konkreten Gefährdungsdelikte [Tlbd. 2 § 50 Rn. 27]). Die entsprechenden Tatbestände sind daher allgemeine Gefährdungsstraftaten (s. Tlbd. 2, §§ 50 ff.). Die Lebensgefährdung durch Körperverletzung ist in § 224 Abs. 1 Nr. 5 erfasst (s.u. § 9 Rn. 18). Vielerorts findet sich die Lebensgefährdung ferner als Strafschärfungsgrund (§§ 176a Abs. 5, 177 Abs. 8 Nr. 2b, 250 Abs. 2 Nr. 3b, 306b Abs. 2 Nr. 1) und als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles (§§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 125a S. 2 Nr. 3, 218 Abs. 2 S. 2 Nr. 2). Als spezielle Lebensgefährdungsdelikte kennt das geltende StGB nur die Aussetzung (§ 221) und – systemwidrig – die Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften (§ 330a, dazu Tlbd. 2, § 58 Rn. 118).
2
Allerdings wird wegen der geringen tatbestandlichen Voraussetzungen der Neufassung der Aussetzung durch das 6. StrRG behauptet, dass diese zu einem allgemeinen Lebensgefährdungsdelikt geworden sei[2]. Die Einschätzung hängt mit der Stellungnahme zum Verhältnis zwischen der „hilflosen Lage“ und dem Gefährdungsteil zusammen (s.u. Rn. 5). Im Übrigen erfasst § 221 auch die Herbeiführung der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung und greift damit über in die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit.
Anmerkungen
Vgl. v. Liszt VDB V 151 ff.; Simson-Geerds, Straftaten gegen die Person und Sittlichkeitsdelikte in rechtsvergleichender Sicht, 1969, S. 204 ff.
Fischer 1. Abgeschwächt („tendenziell“) Struensee 32; Krüger LK 1; Sternberg-Lieben/Fisch Jura 99, 50. A.A. mit Recht Hettinger/Wielant FS Herzberg 2008, 649; Wielant aaO 225 ff.
A. Geschichte – Allgemeines
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Die Aussetzung ist ein im Strafrecht noch sehr junger Tatbestand. Dem römischen und germanischen Recht unbekannt, im älteren deutschen Recht nur selten erwähnt, findet die Aussetzung unter dem Einfluss des kirchlichen Rechts Eingang in die Reichsgesetzgebung des 16. Jahrhunderts. In Art. 132 PGO wird das „Von-sich-Legen“ von Kindern durch deren Mutter bestraft, woran sich die stark umstrittene Frage knüpfte, ob es sich um eine Straftat gegen das Leben, gegen die mütterliche Fürsorgepflicht – so ständig die gemeinrechtliche Wissenschaft – oder um ein Delikt gegen den Personenstand handelte. Das Preuß. ALR versucht in II, 20 §§ 969, 971 zu kombinieren: einerseits ist die Aussetzung als Delikt wider das Leben konstruiert, andererseits ist aber – Nachwirkung des Gedankens der Familienfürsorge – nur die Mutter taugliche Täterin. Den ersten entschlossenen Schritt von der „Weglegung“ zur „Aussetzung“ geht das bayer. StGB 1813 in Art. 174: Täter der Aussetzung kann jedermann, Objekt der Aussetzung jeder Hilflose sein. Dem schließt sich das Partikularrecht des 19. Jahrhunderts überwiegend an. § 183 preuß. StGB 1851 und ihm folgend § 221 StGB 1871 sahen die „Aussetzung“ hilfloser Personen oder deren Verlassen in hilfloser Lage vor. Die Neufassung durch das 6. StrRG 1998 beruht auf § 139 E 1962.
4
Die Neufassung hat allerdings nicht alle Probleme beseitigt, sondern einige neue geschaffen, wobei eine überkritische Wissenschaft allerdings die Problematisierung etwas übertrieben hat. Die Neufassung hat mit der Ersetzung der Worte „aussetzen“ und „in hilfloser Lage verlassen“ durch „in eine hilflose Lage versetzen“ und „in einer hilflosen Lage im Stich lassen“ auf das bisher nach dem