CO2-exponierter Vermögenswerte, „Carbon Footprint“ des Portfolios, Sensitivitäts- und Szenarioanalysen, (Climate) VaR etc.)
– Implementierung angemessener Überwachung und Frühwarnindikatoren
– Definition von KPI bzw. Kriterien im Zusammenhang mit der Kreditvergabe zur Begrenzung von Nachhaltigkeitsrisiken (auf Portfolioebene)
– Erhebung angemessener Informationen (insbes. Anbindung an externe Datenquellen)
40
Aus der jederzeit erweiterbaren Liste von Herausforderungen wird ersichtlich, dass eine Vielzahl von Maßnahmen im Zusammenhang mit ESG erforderlich ist.
41
Beim Thema Sicherheitenbewertung sollte nicht unerwähnt bleiben, dass für die Hereinnahme von Sicherheiten, die eigenkapitalmindernd angesetzt werden können, und solchen, die rein der Stärkung der Verhandlungsposition des Instituts im Falle eines Ausfalls dienen, die gleichen Anforderungen in Bezug auf die Prüfung der Werthaltigkeit zu erfüllen sind. Darüber hinaus ist ein geeignetes Rahmenwerk für die Rotation der Bewerter aufzustellen.20
42
Dies kann, insbesondere bei kleineren Instituten, vor dem Hintergrund der ebenfalls geforderten spezifischen Qualifizierung der Bewerter zu Ressourcenengpässen führen.
43
Eine weitere große Herausforderung stellen die Sensitivitätsanalysen dar. Die Leitlinie gibt vor, dass für die besicherten und unbesicherten Kreditvergaben an Konsumenten sowie mittlere und größere Unternehmen Sensitivitätsanalysen durchgeführt werden sollen (wie bereits bekannt aus der Wohnimmobilienkreditrichtlinie). Die Analysen müssen den Einfluss potenzieller negativer Einflüsse auf die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers aufzeigen.21 Bei Hereinnahme von Sicherheiten sind auch die Sicherheitenwerte in die Sensitivitätsanalyse miteinzubeziehen. Um die aufsichtlichen Vorgaben zu erfüllen, erscheinen schon Sensitivitätsanalysen basierend auf (einfachen) „Bilanz-/GuV-/Cashflow-/Haushaltsrechnungs-Simulationen“ ohne Verwendung sophistizierter, mathematischer Modelle als Ausgangspunkt ausreichend. Davon ausgehend muss in einem zweiten Schritt angepasst bzw. differenziert werden, bspw. nach Art und Umfang des Exposures, Branche, Kundengröße oder geografischer Lage.
44
Herausforderungen hält schließlich auch das Pricing bereit. Die EBA-Leitlinien schreiben keine konkrete Preisstrategie vor, formulieren jedoch wesentlich konkretere Leitplanken zur Entwicklung eines risikobasierenden Preisrahmens als die bekannten Vorgaben in MaRisk.22 Die Institute sollen auch ihren Ansatz für die Preisgestaltung nach Kreditnehmertyp und Kreditqualität definieren und sich (im Falle einer individuellen Preisgestaltung) an der Risikobereitschaft des Kreditnehmers orientieren.
45
Die Einführung von differenzierten Pricing-Frameworks für verschiedene Kreditprodukte, Kundengruppen und Kreditqualitäten kann insbesondere für kleinere Institute eine fundamentale Überarbeitung der Methoden zur Kapital- und Kostenallokation bedeuten. Auch die Sicherstellung von Transparenz über die Querverbindungen zwischen Krediten, Kreditnehmern und Geschäftseinheiten kann sich als komplex erweisen.
18 EBA/GL/2020/06, Tz. 249. 19 EBA/GL/2020/06, Tz. 57. 20 EBA/GL/2020/06, Kap. 7.3, Tz. 231ff. 21 EBA/GL/2020/06, Tz. 107. 22 MaRisk BTO 1.2 Tz. 7.
IV. Praktische Ansätze
46
Folgende Ansätze haben sich in der Praxis zur Implementierung der neuen EBA-Leitlinie als hilfreich erwiesen:
47
Das aktuelle Spannungsfeld besteht darin, die wirtschaftlich-operative mit der aufsichtsrechtlichen Sicht zusammenzuführen. Das stellt Banken durch die notwendige Erweiterung der bisherigen Kreditprozesspraxis zwar, wie gezeigt, vor große Herausforderungen. Jedoch bieten die Leitlinien aber auch Chancen, die identifiziert und genutzt werden können. Man sollte sich bspw. vor Augen führen, dass durch die Harmonisierungsabsicht der Anforderungen sowie ihrem im Vergleich zur MaRisk höheren Detaillierungsgrad eine Standardisierung der Kreditvergabe begünstigt wird und es den Banken dadurch ermöglicht wird, Prozessautomatisierungen konsequenter voranzutreiben.
48
Die notwendigen Datenerhebungen können zudem die ohnehin fortschreitende Digitalisierung von Informationen und damit einhergehend deren effizientere Verarbeitung fördern – auch mit Blick auf ESG-Faktoren. Diejenigen, die sich aus diesem breiteren Blickwinkel mit etwaigen Lösungsansätzen und einer Integration in bestehende Prozesse auseinandersetzen, werden es wesentlich leichter haben, auf bereits angekündigte Veröffentlichungen in den kommenden Jahren zu reagieren.
49
Diejenigen Institute, denen es im Rahmen einer strukturierten Vorgehensweise zeitnah gelingt:
– Transparenz über den Status quo herzustellen (u.a. Daten-/Informationsbestand, IT-Infrastruktur, Entscheidungsprozesse, Kriterien der Kreditwürdigkeitsprüfung inkl. Anwendung/Ausgestaltung von Sensitivitätsanalysen, Sicherheitenbewertung, Pricing-Framework, Nachhaltigkeitsstrategie)
– Gaps zwischen Ist-Situation und Leitlinienanforderungen unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips zu identifizieren,
– erforderliche Maßnahmen abzuleiten und zu priorisieren (Änderungen der organisatorischen Prozesse im Zusammenhang mit der Kreditvergabe und -überwachung, Anpassung von IT-Systemen, Schulung von Personal etc.) sowie
– entsprechende Maßnahmen zu implementieren,
werden nach erfolgreicher Umsetzung schneller als die Wettbewerber mit einem effizienteren und nachhaltigeren Kreditbereich im Markt agieren können. Letztendlich kommt es auf die Umsetzbarkeit der Vorgaben auf Einzelinstitutsebene, d.h. „im eigenen Hause“, an. Über diese sollten sich die betroffenen Institute zeitnah Transparenz verschaffen, um die Notwendigkeit eines späteren Aufholprozesses an der Stelle zu vermeiden.
50
Es bietet sich ein dreiteiliger Ansatz an, bestehend aus einem sog. Health Check (Vorstudie), der Implementierung und der Verzahnung. Die Ansätze bauen grundsätzlich aufeinander auf, können aber auch individualisiert und parallel angewendet werden.
51
Zunächst wird der Health Check durchgeführt, eine Betroffenheitsanalyse auf Basis der bei den Banken zugrunde liegenden Dokumentation (bspw. der schriftlich fixierten Ordnung, „sfO“). In unserer Praxis hat sich der Einsatz eines hierfür entwickeltes GAPS Tool bewährt („Gap Analysis Profiling System“). In seinem Kern enthält es einen strukturierten Fragenkatalog, der auf Anforderungen der EBA-Leitlinie abstellt, und der es den Banken ermöglicht, Lücken zu identifizieren und zu evaluieren sowie insgesamt für die EBA-Leitlinie zu sensibilisieren. Als Ergebnis stellt das Tool eine Auswertung zur Verfügung, aus der der zu erwartende Aufwand und die notwendige Priorisierung ersichtlich werden.
52
Im Rahmen einer solchen Vorstudie wird zudem das Ambitionsniveau gemeinsam mit der Bank erarbeitet, um zu sehen, wohin speziell für das jeweilige Institut die Reise gehen könnte. Anschließend erfolgt ein komplettes Assessment des Instituts unter Einbeziehung des Top Managements (wenige Ansprechpartner, top down Ansatz). Es werden dabei konkrete Handlungsfelder bestimmt, Detailpläne erarbeitet und für jedes Themengebietworkstreams gebildet unter Führung eines jeweiligen Bereichsleiters/ und oder Fachexperten für dieses Gebiet. In den workstreams wird dann anschließend der Handlungsbedarf erarbeitet, mit bereits vorhandenen Projekten und parallelen Initiativen kombiniert