nehmen die Regelungen von Art. 17 Abs. 1 lit. f (Recht auf Löschung), Art. 21 Abs. 5 (Widerspruchsrecht) sowie Art. 97 Abs. 5 DSGVO Bezug auf die Begriffsbestimmung.
2. Merkmale des Dienstes der Informationsgesellschaft
496
Art. 4 Nr. 25 DSGVO definiert den Begriff des Dienstes der Informationsgesellschaft nicht eigenständig, sondern enthält einen Verweis auf die entsprechende Definition des Art. 1 Nr. 1 lit. b der RL 2015/1535/EU.860 Hiernach wird eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft als jede in der Regel gegen Entgelt, elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung definiert.
497
Die Begriffsbestimmung sieht demnach fünf Voraussetzungen vor, die kumulativ vorliegen müssen. Die Regelung des Art. 1 Nr. 1 lit. b der RL 2015/1535/EU konkretisiert dabei drei dieser Voraussetzungen und enthält in Anhang I diesbezüglich jeweils eine Negativliste. Hinsichtlich des Dienstleistungsbegriffs sowie des Merkmals „in der Regel gegen Entgelt“ ist auf die zu den Art. 56ff. AEUV entwickelten Grundsätze zurückzugreifen:
a) Dienstleistung
498
Bei dem Begriff der „Dienstleistung“ ist der allgemeine und weite Begriff der Dienstleistungsfreiheit der Art. 56ff. AEUV zugrunde zu legen. Danach sind alle selbstständigen Leistungen erfasst, die nicht den anderen Grundfreiheiten des AEUV unterfallen. Insbesondere sind – in Abgrenzung zur Warenfreiheit (Art. 34 AEUV) – ausschließlich nichtkörperliche Leistungen umfasst.861 Hierbei ist auf den Schwerpunkt der jeweiligen Leistung abzustellen.862 Demnach fällt etwa ein Webshop zur Bestellung körperlicher Waren unter die Warenverkehrsfreiheit und ist demnach (isoliert) nicht als Dienstleistung i.S.v. Art. 57 AEUV bzw. Art. 1 Nr. 1 lit. b der RL 2015/1535/EU zu klassifizieren.863 Gleiches gilt für die Bewerbung körperlicher Waren.864 Etwas anderes ergibt sich jedoch unter Umständen dann, wenn dem jeweiligen Angebot ein eigener Leistungscharakter zukommt.865 Weitere Eingrenzung erhält der weit zu verstehende Begriff der Dienstleistung durch die übrigen in Art. 1 Nr. 1 lit. b der RL 2015/1535/EU genannten Tatbestandsmerkmale.866
b) In der Regel gegen Entgelt erbracht
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Auch das Merkmal „in der Regel gegen Entgelt“ dürfte im Zusammenhang mit dem Begriff der „Dienstleistung“ im Lichte der vom EuGH entwickelten Grundsätze zu den Art. 56ff. AEUV auszulegen sein.867 Nach der Rechtsprechung des EuGH bedarf es somit grundsätzlich einer wirtschaftlichen Gegenleistung,868 wobei diese Gegenleistung nicht zwangsläufig auch durch die tatsächlichen Nutzer erbracht werden muss.869 Eine solche Gegenleistung ist bereits anzunehmen, wenn sich der betreffende Dienst beispielsweise durch Werbeeinnahmen870 oder durch die Generierung bzw. den Handel mit Nutzerdaten finanziert.871 Das Merkmal setzt demnach nicht voraus, dass der Nutzer im konkreten Fall eine monetäre Gegenleistung erbringt, mithin dass Leistung und Gegenleistung in einem direkten, synallagmatischen Austauschverhältnis stehen.872 Entscheidend ist vielmehr, dass der Dienst selbst auf kommerzieller Basis erbracht wird, etwa da er zur (indirekten) Bewerbung von Waren oder anderen Dienstleistungen angeboten wird.873 Ferner bejaht der EuGH eine Entgeltlichkeit auch dann, wenn nicht der Leistungsempfänger, sondern ein Dritter die Gegenleistung erbringt.874 Eine Entgeltlichkeit kann auch im Falle von öffentlichen Leistungen anzunehmen sein, sofern diese nicht im Wesentlichen aus dem allgemeinen Staatshaushalt, mithin durch Steuern, und nicht durch eine entsprechende Gegenleistung, also etwa durch Beiträge oder Gebühren, finanziert werden.875
c) Im Fernabsatz erbracht
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Eine „im Fernabsatz erbrachte“ Dienstleistung ist eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird. Es genügt nicht, wenn die jeweilige Dienstleistung mittels elektronischer Geräte erbracht wird, die Vertragsparteien hierbei jedoch anwesend sind.
d) Elektronisch erbracht
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Eine Dienstleistung ist „elektronisch erbracht“, wenn sie mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und dabei vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischen Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird.
502
Anhang I der RL 2015/1535/EU sieht dabei eine Vielzahl von Ausnahmen vor. Zum einen sind hierunter nicht Dienste zu fassen, die zwar mit elektronischen Geräten, aber in materieller Form erbracht werden (z.B. Geld- und Fahrkartenautomaten sowie Geräte, welche den Zugang zu gebührenpflichtigen Straßennetzen, Parkplätzen usw. kontrollieren). Zum anderen fallen ebenfalls offline erbrachte Dienste nicht unter den Begriff, auch wenn der Zugang zu ihnen online vermittelt wird (z.B. Vertrieb von Software auf haptischen Datenträgern).876 Letztlich werden solche Dienste ausgeschlossen, die nicht über elektronische Verarbeitungs- und Speicherungssysteme erbracht werden. Anhang I der RL 2015/1535/EU nennt dabei explizit Sprachtelefondienste, Telefax-/Telexdienste, über Sprachtelefon oder Telefax erbrachte Dienste sowie die anwaltlich oder medizinische Beratung per Telefon/Telefax und das auf gleichem Wege erbrachte Direktmarketing.
e) Auf individuellen Abruf eines Empfängers erbracht
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Eine „auf individuellen Abruf eines Empfängers“ erbrachte Dienstleistung liegt dann vor, wenn die Dienstleistung durch Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird. Nicht darunter fallen demnach linear, mithin ohne individuellen Abruf gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Empfängern erbrachte Dienste wie etwa Fernsehen oder Hörfunk.
XXVII. Internationale Organisation (Nr. 26)
1. Rechtlicher Hintergrund/Gesetzessystematischer Zusammenhang
504
Internationale Organisationen unterliegen grundsätzlich nicht dem Recht einzelner Staaten und damit keinem (nationalen oder unionsweitem) Datenschutzrecht.877 Die DSGVO behandelt internationale Organisationen daher wie Drittländer. Ausweislich ErwG 101 finden demnach die ergänzenden Anforderungen von Art. 44ff. DSGVO an Übermittlungen von personenbezogenen Daten an Stellen außerhalb der EU ebenfalls Anwendung, wenn personenbezogene Daten aus der EU an internationale Organisationen übermittelt werden sollen.
505
Wie auch Drittstaaten kann die EU-Kommission gemäß Art. 45 DSGVO i.V.m. ErwG 103 per Angemessenheitsbeschluss auch internationalen Organisationen ein angemessenes Schutzniveau attestieren und somit eine Übermittlung an solche internationalen Organisationen auf zweiter Stufe für zulässig erklären.
506
Ausweislich ErwG 102 dürfen die Mitgliedstaaten zudem internationale Übereinkünfte schließen, die die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder internationale Organisationen beinhalten, sofern sich diese Übereinkünfte weder auf die DSGVO noch auf andere Bestimmungen des Unionsrechts auswirken. Art. 96 DSGVO stellt dabei klar, dass bestehende internationale Übereinkünfte, die im Einklang mit dem vor Inkrafttreten der DSGVO geltenden Unionsrecht abgeschlossen wurden, in Kraft bleiben, bis sie geändert, ersetzt oder gekündigt werden.
2. Merkmale einer internationalen Organisation
507