Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 2 – Liebesroman


Скачать книгу

      »Es gibt kein Bild von meiner Mutter«, kommt es kläglich von Monikas Lippen.

      »Nanu, hat sich deine Mutter nie fotografieren lassen?«

      Monika wird traurig. »Vati hat sie alle verbrannt«, gesteht sie stockend.

      Patricia gibt es einen schmerzhaften Stich. Hat sie eine Wunde berührt, die noch nicht vernarbt ist?

      Warum hat er wohl alle Bilder aus der Wohnung verbannt, sie sogar verbrannt?

      Sie legt den Arm um Monika.

      »Weißt du, was wir jetzt machen? Wir decken einen recht netten Abendbrottisch und warten, bis dein Vati kommt.«

      »Ach ja, Tante Pat, du bist wunderbar – und du bist so schön, wunderschön!« Andächtig sieht das Kind zu Patricia auf.

      Verlegen schiebt Patricia das Mäd-chen aus dem Zimmer.

      »Du kleiner Kindskopf. Was verstehst du denn von Schönheit?«

      »Sehr viel, Tante Pat«, meint Monika von der Tür her. »Ich lese Zeitschriften, da sind sie doch alle abgebildet, die schönen Frauen vom Film und vom Theater.«

      Patricia runzelt die Brauen.

      »Ob das gerade die richtige Lektüre für dich ist, Kind? Ich werde dir einige von meinen Mädchenbüchern mitbringen. Da sind zwar keine schönen Frauen drin, dafür aber wertvolle kleine Geschichten, die du bestimmt gern magst.«

      »Wirklich?« Das Kind klatscht vor Begeisterung in die Hände. »Darauf freue ich mich!«

      Kaum haben sie gemeinsam den Rundtisch im Erker gedeckt, da hören sie einen Schlüssel im Schloß drehen.

      »Vati kommt!« Mit diesem Ausruf der Freude stürmt Monika hinaus und kehrt bald mit dem Hausherrn zurück, der Patricia sichtlich verlegen entgegenkommt.

      Zunächst sieht er nur die liebreizende Mädchengestalt im buntgemusterten Sommerkleid mit weit schwingendem Rock. Die dichten schwarzen Locken fallen ihr etwas wirr bis auf die Schultern. Die Wimpern, lang und dunkel, sind über die Augen gesenkt. Dann bemerkt er auch die Veränderung im Zimmer. Ein Laut der Überraschung entflieht seinen Lippen.

      »Waren die Heinzelmännchen hier?« Er blickt sich erstaunt und erfreut um. »Wie nett und geschmackvoll das arrangiert ist.«

      Er reicht Patricia die Hand. »Das habe ich sicher Ihnen zu verdanken.«

      »– und mir«, drängt sich Monika nach Kinderart dazwischen. »Ich durfte dabei helfen. Und nun essen wir alle drei in unserem so hübsch gewordenen Erker.«

      Sie saust in die Küche und kehrt mit dem bereits vollbeladenen Tablett zu-rück.

      »Wie das Kind sich freuen kann«, sagt Bendler mit einem dankbar aufleuchtenden Blick. »Monika lebt ordentlich auf.«

      »Von nun an werde ich mich etwas mehr um dich kümmern, nicht wahr, Moni?«

      Pat legt über den Tisch hinweg ihre Hand auf die Monikas, die heftig Patricias Finger umschließt. Es kommt aus tiefstem Herzen, als sie erwidert:

      »Ach ja, bitte, Tante Pat! Dann bin ich nicht mehr so allein.«

      Patricia vermeidet es dabei, den Hausherrn anzusehen. Sie will sich wahrhaftig nicht an seiner Verlegenheit weiden. Nun weiß er es von Monika selbst, wie sehr er sie allein gelassen hat.

      Munter plätschert das Gespräch dahin. Monika ist nicht wiederzuerkennen, und mehr als einmal streichelt Peter die blonden Locken seiner Tochter.

      Als Patricia abräumen will, protestiert Monika.

      »Jetzt mußt du dich ausruhen, Tante Pat«, sagt sie und ist auf einmal eine kleine energische Person geworden. Lächelnd läßt Pat sie gewähren. Sie nimmt die Zigarette, die Peter ihr brennend reicht, und als er gar noch eine Flasche und zwei Gläser aus dem Eckschrank holt und den goldenen Wein einschenkt, da fühlt auch sie sich restlos zufrieden und heimelig.

      Gedankenvoll stößt Peter den Rauch von sich. Hier in seinen vier Wänden kommt er ihr gar nicht so weltfremd vor. Auf einmal neigt er sich etwas zu ihr.

      »Eine Neuigkeit, Fräulein Hellberg«, sagt er tiefernst. »Generaldirektor Baumann hat mich zu seinem Sekretär ernannt.«

      »Und Barbara?« entfährt es ihr.

      »Sie wird natürlich ihren Posten behalten. Es handelt sich bei meiner Ernennung um einen Posten, bei dem ich nur dem Generaldirektor zur Verfügung stehe, ihn auf seinen Reisen begleite und bei Geheimkonferenzen zu unterstützen habe.«

      »Das ist doch großartig«. Patricia freut sich ehrlich. »Dann gratuliere ich Ihnen.«

      »Danke!« Warm schließen sich seine Finger um ihre Hand. »Einesteils freue ich mich darüber, denn es ist auch eine nicht zu unterschätzende Gehaltserhöhung mit dem neuen Posten verbunden. Auf der anderen Seite muß ich Monika aller Wahrscheinlichkeit nach noch mehr sich selbst überlassen. Es gäbe einen Ausweg. Monika müßte in ein Internat.«

      »Nein, niemals«, entfährt es Patricia heftig. »Das Kind braucht Nestwärme, es hat sie viel zu lange entbehrt. Vielleicht finden Sie eine geeignete Person, die Ihren Haushalt führt und sich um Monika bemüht?«

      Er lächelt bitter. »Leider haben sich die Personen, die ich bisher engagiert habe, mehr um mich als um Monika bemüht.«

      »Ach so«, sagt Patricia verstehend. Im Geist sieht sie ihre eigene geräumige, gepflegte Wohnung und darin die mütterliche Reserl vor sich. Impulsiv wie sie ist, schlägt sie ihm vor:

      »Würden Sie etwas dagegen haben, wenn ich Monika in der Zeit Ihrer Abwesenheit zu mir nähme?«

      Trotz ihrer Ernsthaftigkeit lächelt er.

      »Ich bitte Sie, Fräulein Hellberg. Sie stehen doch selbst allein da. Wie wollten Sie sich da noch um Monika kümmern können? Sie haben Ihren Posten im Werk. Soviel mir bekannt ist, arbeiten Sie länger als alle anderen. Sie hätten noch viel weniger Zeit für das Kind als ich. Nein! Das geht wirklich nicht.«

      Gelassen entgegnet Pat: »Sie wissen nur, daß ich weder Vater noch Mutter habe. Sie wissen aber nicht, daß ich ein richtiges Zuhause besitze. Eine schöne gepflegte Wohnung und einen älteren erfahrenen Menschen, der die Wohnung und mich betreut, nämlich meine Reserl. Sie glauben nicht, mit wieviel Liebe Reserl Monika betreuen würde. Also?«

      Peter, eben noch mitteilsam und aufgeschlossen, zieht sich in sich selbst zurück wie eine Schnecke in ihr Haus.

      »Ausgeschlossen«, sagt er energisch. »Damit kann ich Sie unmöglich belasten.«

      Patricia aber ist zäh. »Wenn es aber nun wirklich keine Belastung für mich wäre? Wenn Sie mir damit eine große Freude bereiten würden? Sagten Sie dann auch nein?«

      »Sie sind sehr hartnäckig«, entfährt es ihm, und das klingt schroffer als beabsichtigt.

      »Warum denken Sie mehr an mich als an Ihr Kind?« wirft sie ihm entgegen.

      Er sieht sie mit einem langen, nachdenklichen Blick an. »Warum kümmern Sie sich um mich und Monika?«

      Seine Frage bringt sie keinen Augenblick aus der Fassung.

      »Sehr einfach. Ich liebe Ihre Monika, und das Kind tut mir leid, wenn es herumgestoßen wird.«

      Er beschattet sein Gesicht mit der Hand. Stille herrscht zwischen ihnen, eine merkwürdig lastende Stille, die Patricia schmerzhaft berührt.

      »Verzeihen Sie, Herr Bendler«, sagt sie leise. »Das sollte kein Vorwurf für Sie sein.«

      Er läßt die Hand sinken. Abermals trifft sie ein langer prüfender Blick, als erwäge er, ob er ihr Vertrauen schenken kann oder nicht.

      »Warum haben Sie nirgends ein Bild von Ihrer Frau?« fragt sie und erschrickt, als sie es ausgesprochen hat, denn sein Gesicht verändert sich schlagartig. Es wird hart. Er nimmt das Glas, trinkt es leer und springt dann auf die Füße. Mit raschen