Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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noch er­le­ben kön­nen, sind Aus­nah­men. Von der Re­gel, dass die Ver­derb­niss oben­auf, dass die Ver­derb­niss fa­ta­lis­tisch ist, ret­tet die Mu­sik kein Gott. –

      Aber eine sol­che Falsch­heit, wie die der Bay­reuther, ist heu­te kei­ne Aus­nah­me. Wir ken­nen alle den un­äs­the­ti­schen Be­griff des christ­li­chen Jun­kers. Die­se Un­schuld zwi­schen Ge­gen­sät­zen, dies "gute Ge­wis­sen" in der Lüge ist viel­mehr mo­dern par ex­cel­lence, man de­fi­nirt bei­na­he da­mit die Mo­der­ni­tät. Der mo­der­ne Mensch stellt, bio­lo­gisch, einen Wi­der­spruch der Wert­he dar, er sitzt zwi­schen zwei Stüh­len, er sagt in Ei­nem Athem ja und Nein. Was Wun­der, dass ge­ra­de in un­sern Zei­ten die Falsch­heit sel­ber Fleisch und so­gar Ge­nie wur­de? dass Wa­gner "un­ter uns wohn­te"? Nicht ohne Grund nann­te ich Wa­gner den Cagliostro der Mo­der­ni­tät … Aber wir Alle ha­ben, wi­der Wis­sen, wi­der Wil­len, Wert­he, Wor­te, For­meln, Mora­len ent­ge­gen­ge­setz­ter Ab­kunft im Lei­be, – wir sind, phy­sio­lo­gisch be­trach­tet, falsch … Eine Dia­gno­s­tik der mo­der­nen See­le – wo­mit be­gön­ne sie? Mit ei­nem re­so­lu­ten Ein­schnitt in die­se In­stinkt-Wi­der­sprüch­lich­keit, mit der Heraus­lö­sung ih­rer Ge­gen­satz-Wert­he, mit der Vi­vi­sek­ti­on voll­zo­gen an ih­rem lehr­reichs­ten Fall. – Der Fall Wa­gner ist für den Phi­lo­so­phen ein Glücks­fall, – die­se Schrift ist, man hört es, von der Dank­bar­keit in­spir­irt …

      1 An­mer­kung. über den Ge­gen­satz "vor­neh­me Moral" und "christ­li­che Moral" un­ter­rich­te­te zu­erst mei­ne "Ge­nea­lo­gie der Moral": es giebt viel­leicht kei­ne ent­schei­den­de­re Wen­dung in der Ge­schich­te der re­li­gi­ösen und mo­ra­li­schen Er­kennt­niss. Dies Buch, mein Prüf­stein für Das, was zu mir ge­hört, hat das Glück, nur den höchst­ge­sinn­ten und strengs­ten Geis­tern zu­gäng­lich zu sein: dem Res­te feh­len die Ohren da­für. Man muss sei­ne Lei­den­schaft in Din­gen ha­ben, wo sie heu­te Nie­mand hat … <<<

Der Wanderer und sein Schatten

      Der Schat­ten: Da ich dich so lan­ge nicht re­den hör­te, so möch­te ich dir eine Ge­le­gen­heit ge­ben.

      Der Wan­de­rer: Es re­det: – wo? und wer? Fast ist es mir, als hör­te ich mich sel­ber re­den, nur mit noch schwä­che­rer Stim­me als die mei­ne ist.

      Der Schat­ten (nach ei­ner Wei­le): Freut es dich nicht, Ge­le­gen­heit zum Re­den zu ha­ben?

      Der Wan­de­rer: Bei Gott und al­len Din­gen, an die ich nicht glau­be, mein Schat­ten re­det; ich höre es, aber glau­be es nicht.