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du, sprach Za­ra­thustra, du schlim­mer al­ter Zau­be­rer, was tha­test du! Wer soll, in die­ser frei­en Zeit, für­der­hin an dich glau­ben, wenn du an sol­che Göt­ter-Ese­lei­en glaubst?

      Es war eine Dumm­heit, was du tha­test; wie konn­test du, du Klu­ger, eine sol­che Dumm­heit thun!

      »Oh Za­ra­thustra, ant­wor­te­te der klu­ge Zau­be­rer, du hast Recht, es war eine Dumm­heit, – es ist mir auch schwer ge­nug ge­wor­den.«

      – »Und du gar, sag­te Za­ra­thustra, zu dem Ge­wis­sen­haf­ten des Geis­tes, er­wä­ge doch und lege den Fin­ger an dei­ne Nase! Geht hier denn Nichts wi­der dein Ge­wis­sen? Ist dein Geist nicht zu rein­lich für diess Be­ten und den Dunst die­ser Bet­brü­der?«

      »Es ist Et­was dar­an, ant­wor­te­te der Ge­wis­sen­haf­te und leg­te den Fin­ger an die Nase, es ist Et­was an die­sem Schau­spie­le, das mei­nem Ge­wis­sen so­gar wohl­thut.

      Vi­el­leicht, dass ich an Gott nicht glau­ben darf: ge­wiss aber ist, dass Gott mir in die­ser Ge­stalt noch am glaub­wür­digs­ten dünkt.

      Gott soll ewig sein, nach dem Zeug­nis­se der Frömms­ten: wer so viel Zeit hat, lässt sich Zeit. So lang­sam und so dumm als mög­lich: da­mit kann ein Sol­cher es doch sehr weit brin­gen.

      Und wer des Geis­tes zu viel hat, der möch­te sich wohl in die Dumm- und Narr­heit sel­ber ver­nar­ren. Den­ke über dich sel­ber nach, oh Za­ra­thustra!

      Du sel­ber – wahr­lich! auch du könn­test wohl aus Über­fluss und Weis­heit zu ei­nem Esel wer­den.

      Geht nicht ein voll­komm­ner Wei­ser gern auf den krümms­ten We­gen? Der Au­gen­schein lehrt es, oh Za­ra­thustra, – dein Au­gen­schein!«

      – »Und du sel­ber zu­letzt, sprach Za­ra­thustra und wand­te sich ge­gen den häss­lichs­ten Men­schen, der im­mer noch auf dem Bo­den lag, den Arm zu dem Esel em­por­he­bend (er gab ihm näm­lich Wein zu trin­ken). Sprich, du Unaus­sprech­li­cher, was hast du da ge­macht!

      Du dünkst mich ver­wan­delt, dein Auge glüht, der Man­tel des Er­ha­be­nen liegt um dei­ne Häss­lich­keit: was tha­test du?

      Ist es denn wahr, was jene sa­gen, dass du ihn wie­der auf­er­weck­test? Und wozu? War er nicht mit Grund ab­ge­töd­tet und ab­ge­than?

      Du sel­ber dünkst mich auf­ge­weckt: was tha­test du? was kehr­test du um? Was be­kehr­test du dich? Sprich, du Unaus­sprech­li­cher?«

      »Oh Za­ra­thustra, ant­wor­te­te der häss­lichs­te Mensch, du bist ein Schelm!

      Ob Der noch lebt oder wie­der lebt oder gründ­lich todt ist, – wer von uns Bei­den weiss Das am Bes­ten? Ich fra­ge dich.

      Eins aber weiss ich, – von dir sel­ber lern­te ich’s einst, oh Za­ra­thustra: wer am gründ­lichs­ten töd­ten will, der lacht.

      »Nicht durch Zorn, son­dern durch La­chen töd­tet man« – so sprachst du einst. Oh Za­ra­thustra, du Ver­bor­ge­ner, du Ver­nich­ter ohne Zorn, du ge­fähr­li­cher Hei­li­ger, – du bist ein Schelm!«

      2

      Da aber ge­sch­ah es, dass Za­ra­thustra, ver­wun­dert über lau­ter sol­che Schel­men-Ant­wor­ten, zur Thür sei­ner Höh­le zu­rück sprang und, ge­gen alle sei­ne Gäs­te ge­wen­det, mit star­ker Stim­me schrie:

      »Oh ihr Schalks-Nar­ren al­le­sammt, ihr Pos­sen­reis­ser! Was ver­stellt und ver­steckt ihr euch vor mir!

      Wie doch ei­nem je­den von euch das Herz zap­pel­te vor Lust und Bos­heit, darob, dass ihr end­lich ein­mal wie­der wur­det wie die Kind­lein, näm­lich fromm, –

      – dass ihr end­lich wie­der tha­tet wie Kin­der thun, näm­lich be­te­tet, hän­de-fal­te­tet und »lie­ber Gott« sag­tet!

      Aber nun lasst mir die­se Kin­der­stu­be, mei­ne eig­ne Höh­le, wo heu­te alle Kin­de­rei zu Hau­se ist. Kühlt hier draus­sen eu­ren heis­sen Kin­der-Über­muth und Her­zens­lärm ab!

      Frei­lich: so ihr nicht wer­det wie die Kind­lein, so kommt ihr nicht in das Him­mel­reich. (Und Za­ra­thustra zeig­te mit den Hän­den nach Oben.)

      Aber wir wol­len auch gar nicht in’s Him­mel­reich: Män­ner sind wir wor­den, – so wol­len wir das Er­den­reich

      3

      Und noch ein­mal hob Za­ra­thustra an zu re­den. »Oh mei­ne neu­en Freun­de, sprach er, – ihr Wun­der­li­chen, ihr hö­he­ren Men­schen, wie gut ge­fallt ihr mir nun, –

      – seit ihr wie­der fröh­lich wur­det! Ihr seid wahr­lich Alle auf­ge­blüht: mich dünkt, sol­chen Blu­men, wie ihr seid, thun neue Fes­te noth,

      – ein klei­ner tap­fe­rer Un­sinn, ir­gend ein Got­tes­dienst und Esels­fest, ir­gend ein al­ter fröh­li­cher Za­ra­thustra-Narr, ein Brau­se­wind, der euch die See­len hell bläst.

      Ver­ge­sst die Nacht und diess Esels­fest nicht, ihr hö­he­ren Men­schen! Das er­fan­det ihr bei mir, Das neh­me ich als gu­tes Wahr­zei­chen, – Sol­cher­lei er­fin­den nur Ge­ne­sen­de!

      Und fei­ert ihr es aber­mals, die­ses Esels­fest, thut’s euch zu Lie­be, thut’s auch mir zu Lie­be! Und zu mei­nem Ge­dächt­niss!«

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Das Nachtwandler-Lied

      1

      In­zwi­schen aber war Ei­ner nach dem An­dern hin­aus ge­tre­ten, in’s Freie und in die küh­le nach­denk­li­che Nacht; Za­ra­thustra sel­ber aber führ­te den häss­lichs­ten Men­schen an der Hand, dass er ihm sei­ne Nacht-Welt und den gros­sen run­den Mond und die sil­ber­nen Was­ser­stür­ze bei sei­ner Höh­le zei­ge. Da stan­den sie end­lich still bei ein­an­der, lau­ter alte Leu­te, aber mit ei­nem ge­trös­te­ten tap­fe­ren Her­zen und ver­wun­dert bei sich, dass es ih­nen auf Er­den so wohl war; die Heim­lich­keit der Nacht aber kam ih­nen nä­her und nä­her an’s Herz. Und von Neu­em dach­te Za­ra­thustra bei sich: »oh wie gut sie mir nun ge­fal­len, die­se hö­he­ren Men­schen!« – aber er sprach es nicht aus, denn er ehr­te ihr Glück und ihr Still­schwei­gen. –

      Da aber ge­sch­ah Das, was an je­nem er­staun­li­chen lan­gen Tage das Er­staun­lichs­te war: der häss­lichs­te Mensch be­gann noch ein Mal und zum letz­ten Mal zu gur­geln und zu schnau­ben, und als er es bis zu Wor­ten ge­bracht hat­te, sie­he, da sprang eine Fra­ge rund und rein­lich aus sei­nem Mun­de, eine gute tie­fe kla­re Fra­ge, wel­che Al­len, die ihm zu­hör­ten, das Herz im Lei­be be­weg­te.

      »Mei­ne Freun­de ins­ge­sammt, sprach der häss­lichs­te Mensch, was dün­ket euch? Um die­ses Tags Wil­len – ich bin’s zum ers­ten Male zu­frie­den, dass ich das gan­ze Le­ben leb­te.

      Und dass ich so viel be­zeu­ge, ist mir noch nicht ge­nug. Es lohnt sich auf der Erde zu le­ben: Ein Tag, Ein Fest mit Za­ra­thustra lehr­te mich die Erde lie­ben.

      »War Das – das Le­ben?« will ich zum Tode spre­chen. »Wohl­an! Noch Ein Mal!«

      Mei­ne Freun­de, was dün­ket euch? Wollt ihr nicht gleich mir zum Tode spre­chen: War Das – das Le­ben? Um Za­ra­thustra’s Wil­len, wohl­an! Noch Ein Mal!«