Büchmann Georg

Geflügelte Worte: Der Citatenschatz des deutschen Volkes


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Kriegsmann und ein Hirte sein. Nähren ist lehren, und das ist die schwerste Kunst; darnach soll er auch Zähne im Maule haben und wehren oder streiten können". In den "Tischreden" (ed. Förstemann, Abt. 3, S. 415) steht Kap. XXXVII, § 118: "Einem Lehrer gebührt, dass er gewiss lehre, nähre und wehre" und bei Bindseil "Colloquia latina", V. p. 280: "Id eo ad Doctorem pertinet nehren und wehren docere et confutare". "Nähramt, Wehramt" kommt bei Luther am Schluss der Schrift "Ob Kriegsleute u. s. w." vor, und "Vom Nähr- und Lehrstande" u. s. w. ist die Überschrift zu Sirach 39. Im Wencel Scherffer ("Geist- und Weltliche Gedichte", Brieg 1652, S. 74) werden die drei Beine einer von den Herzögen zu Liegnitz und Brieg erlegten dreibeinigen Bache auf die drei Stände: "den Regier-, Lehr- und Nährstand" gedeutet und "Wehr-Lehr-Nähr-Her-Stand" betitelt Friedrich von Logau einen seiner Verse (Salomons von Golau Deutscher Sinn-Getichte drey Tausend. Breslau. In Verlegung Caspar Klossmanns. 1654 ersch. jedoch ohne Jahresangabe. 2. Tausend 8. Hundert No. 21). Die drei Substantiva "Wehrstand, Lehrstand, Nährstand" findet man in der Überschrift, welche Weidner dem 3., 4. und 5. Teile von Zincgrefs "Apophthegmata" (1653-55) giebt. Zeller erläutert ("Geschichte der Philosophie", II, 1, 764) die drei Stände in Platos "Staat" durch diese deutschen Bezeichnungen.—

      In der Schrift des Erasmus Alberus "Ein Dialogus oder Gespräch etlicher Personen vom Interim" (1548; Blatt Diiij) heisst es:

      (Gehe hin, und) thu, das du nicht lassen kannst.

      Lessing wiederholt es in "Emilia Galotti" (1772), 2, 3; v. Hippel in den "Lebensläufen nach aufsteigender Linie", I, 5 (1778) sagt: "Er thue, was er nicht lassen kann"; in Wielands "Pervonte" (1778) heisst es von Vastola, als diese den Pervonte küssen muss (2. Teil); sie "that was sie nicht lassen konnte"; Schiller in "Wilhelm Tell", 1, 1 lässt Tell sagen: "ich hab' gethan, was ich nicht lassen konnte".—

      Atlas

      für "Landkartensammlung" führte Gerhard Mercator (Kremer; 1512-94) durch sein Werk ein "Atlas sive geographicae meditationes de fabrica mundi et fabricati figura", (Atlas oder geographische Betrachtungen über die Erschaffung der Welt und über die Gestalt der erschaffenen Welt) Duisburg 1595.—

      Modeteufel

      an (mit Julius Lessing: "Der Modeteufel" S. 5; Berl. 1884. "Volkswirtschaftl. Zeitfr." Heft 45).—

      In Johann Fischarts (1547-89) "Gargantua" (S. 160) lesen wir: "Duck dich Seel, es kommt ein Platzregen," was vielleicht die Quelle des bekannten Wortes ist:

      "Freue dich, liebe Seele, jetzt kommt ein Platzregen",

      wie unter einer in den vierziger Jahren des 19. Jahrh. zu Berlin erschienenen kolorierten Zeichnung steht, die einen dicken schweisstriefenden Herrn darstellt, der, an einem Tisch sitzend, die Hand nach einem vollen Glase Berliner Weissbier ausstreckt.—

      Fischart verdanken wir auch den tief ins Volk gedrungenen Witz

      Jesu-wider

      (für "Jesuit", "Jesuiter"); denn er reimt in seinem "Jesuitenhütlein" (1580, Kap. 4):

      "Aber weil der Nam Wider Christ

      Noch etlichen zuwider ist,

      Welche doch noch zu gewinnen weren:

      So that den Namen ich verkehren

      Und setzt das förderst rechts darhinder,

      Auff dass mans finden könt dest minder,

      Macht Christ Wider und Jesu Wider

      Für Wider Christ, den sonst kennt jeder".—

      

      Johannes Olorinus Variscus (Johann Sommer; 1559-1622) erzählt in "Ethographia Mundi", (1609, 1. T., 17. Regel) unter andern Lügengeschichten, dass jemand, ans Ende der Welt gekommen, dort

      Die Welt mit Brettern vernagelt

      oder, wie er sagt, "verschlagen" gefunden habe.—

      Gas

      ist ein von van Helmont (1577-1644) in Brüssel erfundenes Wort. In seinen "Opera omnia", (ed. M. B. Valentini, 1707) heisst es S. 102, Sp. 12 § 14 nach Erwähnung des von ihm entdeckten Gases: "Hunc spiritum, incognitum hactenus, novo nomine gas voco" (Diese bislang unbekannte Art Luft benenne ich mit dem neuen Namen "Gas").—

      Friedrich von Logau (1604-55) sang in seinen Sinngedichten (Salomons von Golau deutscher Sinn-Getichte drey Tausend. Breslau. In Verlegung Caspar Klossmanns ersch. 1654 jedoch ohne Jahresangabe. 1. Tausend, 8. Hundert, No. 2) nach vollendetem dreissigjährigen Kriege:

      "Gewaffneter Friede".

      "Krieg hat den Harnisch weg gelegt, der Friede zeucht ihn an,

      Wir wissen was der Krieg verübt, wer weiss was Friede kann?"

      und (3. Tausend, 5. Hundert, No. 78):

      "Der geharnischte Friede".

      "Der Friede geht im Harnisch her, wie ist es so bestellt?

      Es steht dahin; er ist vielleicht die Pallas unsrer Welt".

      Danach sagen wir:

      ein bewaffneter Friede.—

      

      Eben daher citieren wir (2. Tausend, 4. Hundert, No. 34):

      "Der Mai".

      "Dieser Monat ist ein Kuss, den der Himmel giebt der Erde,

      Dass sie jetzund seine Braut, künftig eine Mutter werde".—

      Logaus Sinngedichte ("Die Liebe". 2. Tausend, 4. Hundert, No. 14):

      "Nenne mir den weiten Mantel, drunter alles sich verstecket;

      Liebe thuts, die alle Mängel gerne hüllt und fleissig decket",

      und (2. Taus., 9. Hundert) "Christliche Liebe":

      "Liebe kaufte neulich Tuch, ihren Mantel zu erstrecken,

      Weil sie, was durch dreissig Jahre Krieg verübt, soll alles decken",

      sind wohl unsere Quellen, wenn wir sagen, dass wir etwas

      Mit dem Mantel der Liebe zudecken.

      In Friedrich Wilhelm Gotters "Gedichten" (I, S. 91; Gotha 1787) heisst es in der Romanze "Die Trauer" (1774):

      "Elise, die gern Thränen stillt,

      Verirrte gerne leitet,

      Und über kleine Schwächen mild

      Der Liebe Mantel breitet".

      Es sei hierbei erinnert an "Sprüche Salomonis" 10, 12: "Liebe decket zu alle Übertretungen", an 1. Petri 4, 8: "Die Liebe decket auch der Sünden Menge" und an das (nach dem "Corpus iuris canonici", Dist. 96, c. 8) dem Kaiser Konstantin zugeschriebene Wort: "er würde, wenn er mit eigenen Augen einen Priester oder Einen im Mönchsgewande sündigen sähe, seinen Mantel ausziehen und ihn so damit bedecken, dass Niemand ihn gewahre" ("chlamydem meam expoliarem et cooperirem eum, ne ab aliquo videretur").—

      Aus Paul Gerhardts (1606-76) Kirchenliede "Nun ruhen alle Wälder" ("Geistliche Lieder und Psalmen",