Jacob Freund

Hanna: Gebet- und Andachtsbuch für israelitische Frauen und Mädchen


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der erhaben ist über alle Zeit. „Der Ewige ist unser Gott,“ das ist die würdigste Bezeichnung Deiner Größe. Das allein gibt mir die Überzeugung, daß mein Gott der wahre Gott ist. Sind bei dem Gedanken an Dich die Schranken der Zeit gefallen, was hindert mich noch, auch die Schranken des Raumes fallen zu lassen, zu glauben, daß Du allgegenwärtig bist, daß kein Gott neben Dir und außer Dir vorhanden ist, daß Du einzig bist? Was hinderte mich noch, auch die Schranken der Vollkommenheit vor Dir als nicht vorhanden anzunehmen, zu glauben, daß Du allwissend und allweise bist? Ja, ist nur der Ewige, mein Gott, so sind zwar alle Grenzen überschritten, die Dich meinem Geiste faßbar machen, aber in meinem Gemüte fühle ich Dich um so stärker und preise Dich in Demut als den Unendlichen.

      Du hast uns aus dem Lande Ägypten geführt. Ist's nichts mehr als ein Ereignis, das die Geschichte uns aufbewahrt hat, um uns Zeugnis davon zu geben, wie das Geschlecht unserer Stammväter, unterdrückt von der Gewalt fremder Herrscher, sich zum freien Volke gestaltet hat? O nein, das Bekenntnis, daß Gott uns aus Ägypten geführt, lehrt uns ihn selbst erkennen, als den allmächtigen Herrn der Welt, der da gebietet über die Herzen der Menschen und über alle Kräfte der Natur.

      Ja, Ewiger, Deinem Befehle gehorcht die Erde und das Meer, Du gebietest den Tieren des Feldes und den Wolken des Himmels, Du bist Herr über Leben und Tod, über Licht und Finsternis, in Deiner Hand sind alle Dinge, und unmöglich ist nichts vor Dir. Denn alle Wesen der Körperwelt und alle Kräfte der Natur sind hervorgegangen aus Deinem Willen, Du leitest die Welt und hast sie erschaffen, und hast Deine Macht herrlich bewiesen, als Du mein Volk aus dem Lande Ägypten geführt, denn Du, Ewiger, bist der Allmächtige.

      Du hast uns befreit aus dem Hause der Knechtschaft. Nicht war es die Frömmigkeit des unterdrückten Sklavenvolkes, die der Befreiung sie würdig, nicht war es ihr Mut und ihr Freiheitsdrang, der zur Befreiung sie reif gemacht hätte, nicht war es ihre Einsicht, die sie die Sehnsucht empfinden ließ, Gott dem Herrn, zu dienen, unabhängig von dem Drucke der Heiden, im Lande der Götzendiener, und Deine Gnade hat sich dennoch ihrer erbarmt. Du sahest nicht auf ihre Würdigkeit, Du sahest auf ihr Elend; Du gedachtest des Bundes, den Du mit Abraham, Isaak und Jakob geschlossen, und erfülltest Deine Verheißung, Du führtest ihre Nachkommen dem höchsten Glücke entgegen, das je die Menschen erfahren, dem Glücke, Deine heilige Lehre zu empfangen, den Urquell aller Tugend auf Erden. Das alles hat Deine Güte getan, denn Du, Ewiger, bist der Allgütige.

      An diesem Gedanken will ich mich erbauen am heutigen Feste des Auszuges aus Ägypten, daß Du, Ewiger, bist der Unendliche, der Allmächtige, der Allgütige. Amen.

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      הַלֵּל

       Die Hallel-Psalmen.

      (Dieses Gebet wird auch am Wochen-, Hütten- und Schlußfeste gesprochen.)

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      Segensspruch: Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt! Mit Freudigkeit erkennen und vollbringen wir unsere Pflicht, Dich zu preisen in den Gesängen des „Hallel“.

      הַלְלוּ יָהּ Psalm 113.

      Lobt den Herrn, ihr Diener Gottes, preiset seine Herrlichkeit!

      Segnet seinen heil'gen Namen, heut' und bis in Ewigkeit!

      Lobet dort ihn, wo die Sonne ihre Himmelsbahn besteigt,

      Lobt ihn dort, wo sie am Abend wieder sich zur Ruhe neigt,

      Hoch erhaben über Menschen Gottes Pracht am Himmel wohnt!

      Wer noch gleichet uns'rem Gotte, der so hoch erhaben thront!

      Doch der Große schaut das Kleine, schaut ins Kleinste tief hinein,

      In dem Himmel und auf Erden ist dem Großen nichts zu klein.

      Und er schaut auch auf die Menschen, sieht auf der Bedrängten Leid,

      Hilft dem Armen aus dem Staube, zieht ihn aus der Niedrigkeit,

      Ihn zu setzen neben Fürsten. Um des Daseins sich zu freu'n,

      Setzt er auch die Unfruchtbare als des Hauses Mutter ein.

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      בְּצֵאת יִשְׂרָאֵל Psalm 114.

      Als Israel gezogen war aus dem Ägypterlande,

      Als Jakobs Haus sich frei gemacht von Sklaverei und Schande,

      Hat Gott, der Herr, Jehuda sich als Heiligtum erlesen,

      Und seiner Herrschaft Untertan ist Israel gewesen.

      Da floh das Meer, der Jordan wich, es schwand der Wasserspiegel,

      Die Berge hüpften Widdern gleich und Lämmern gleich die Hügel,

      Was ist dir, Meer, daß du entweichst? Du, Jordan, bist verronnen?

      Was ist gescheh'n euch Bergen, daß zu hüpfen ihr begonnen?

      Der Welten Herr ist Jakobs Herr, vor ihm erbebt die Erde

      Er ist es, der dem Stein befiehlt, daß er zur Quelle werde.

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      לֹא לָנוּ Psalm 115.

      Nicht wegen uns, o Herr! um Deiner Güte Willen,

      Laß Deines Namens Ruhm die ganze Welt erfüllen.

      Was sollen ferner noch die Heiden höhnend fragen:

      „Wer weiß den Aufenthalt von ihrem Gott zu sagen?“

      Ja wahrlich! unser Gott erfüllt die Himmelsweiten,

      Und alles, was geschieht, kann nur sein Wille leiten.

      Doch Silber ist's und Gold, und Werk von Menschenhänden

      Nur eitle Bilder sind's, wohin ihr Herz sie wenden.

      Die haben einen Mund und müssen ewig schweigen,

      Und ihrem Auge ist die Nacht der Blindheit eigen,

      Und ihren Ohren kann sich nie der Laut verkünden,

      Auch ihre Nase hat vom Dufte kein Empfinden,

      Sie haben Hände wohl, sie taugen nicht zum Fassen

      Und ihre Kehle hat noch nie ein Ton verlassen.

      Und wie sie selber sind, sind die, die sie erbauen:

      Die Toren, die dem Werk der eignen Torheit trauen.

      Doch Israel vertraut nur auf den Herrn, den wahren,

      Des Güte, Schutz und Macht sein Volk so oft erfahren;

      O, trauet fort und fort, als Priestervolk und Lehrer!

      O, trauet fort und fort, ihr wahren Gottverehrer!

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      יְיָ זְכָרָנוּ Psalm 115 (Fortsetzung).

      Es denkt an uns der Ewige mit seines Segens Spenden,

      Um sie dem Hause Israels und Ahrons zuzuwenden;

      Und alle, die in seiner Furcht gerecht vor ihm erscheinen,

      Sie alle, alle segnet Gott, die Großen und die Kleinen.

      So mehre sich sein Segen euch, so soll er nie sich mindern,

      So wie der Herr ihn zugedacht nur seinen Lieblingskindern:

      Daß seine Gnade jederzeit an euch gefunden werde.

      So will es unser Gott, der Herr des Himmels und der Erde,