Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman


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      »Bist du nun allein zu Hause?«

      »I wo, da würde ich mich ja graulen. Ich wohne jetzt bei einer Bekannten. Prima alte Dame. Auf Wunsch meiner Mutter kehre ich nicht mehr in euer Büro zurück, sondern nehme Stunden in Sprachen und komme zum Herbst auf die Handelsschule.«

      »Ausgezeichneter Gedanke. Dann büffle nur fleißig, kann dir gar nichts schaden. Bist du heute mit deiner Arbeit fertig?«

      »Schon längst.«

      »Wie lange hast du Ausgehzeit?«

      »So lange ich will.«

      »Magst du mitkommen?«

      »Gern. «

      So kam es denn, daß Ebba wieder ihre heimlichen Ausflüge mit Egolf unternahm. Zum Abendessen jedoch fand sie sich pünktlich in ihrem Quartier ein, wo sie von der Pflegemutter herzlich umsorgt wurde. Ein Stündchen saß man noch zusammen, dann ging die alte Dame zu Bett, und Ebba langweilte sich in ihrem netten Zimmerchen sträflich.

      Um diesem zu entgehen, verabredete sie sich auch für den Abend mit Egolf. Es wurde oft recht spät, bis sie zurückkehrte und vorsichtig durch das angelehnte Fenster ihres Zimmers stieg, das zur ebenen Erde lag. Und tatsächlich blieben ihre Streifzüge unentdeckt.

      Egolf log sie vor, daß sie von ihrer Mutter, die sie jeden Tag im Krankenhaus besuchte, die Erlaubnis hätte, mit ihm die Ausfahrten zu machen, weil sie sich bei der alten Dame so vereinsamt fühlte. Und der junge Mann, selbst ein aufrichtiger Mensch, glaubte ihr das ohne weiteres. Es war ja auch nichts Verwerfliches, was sie taten. Er konnte Frau Runard frei und offen in die Augen sehen. So gingen zwei Wochen dahin. Mechthild griff die schmerzhafte Krankheit so an, daß sie immer noch fest zu Bett lag und vorläufig auch noch darin bleiben mußte. Es war ihr sehr schmerzlich, daß sie an Ebbas Geburtstag nicht zu Hause sein konnte.

      Allein das Mädchen, das die Mutter am Vormittag besuchte, tröstete sie damit, daß die liebe alte Dame ihr alles so nett gemacht hätte, daß es nichts vermisse. Mechthild möge nur nicht traurig sein. Wenn sie gesund wäre, wolle man alles nachholen.

      Die Kaffeestunde mit der Pflegemutter fand Ebba sehr trist. Ertrug sie jedoch in aller Liebenswürdigkeit, weil sie sich auf den Abend freute. Da sollte ihr zu Ehren eine extrafeine Geburtstagstour steigen. Als die Dame ihr zuliebe ein Stündchen länger als sonst aufbleiben wollte, redetete Ebba ihr zu, sich ruhig ins Bett zu begeben. Sie selbst wolle dasselbe tun, da sie redlich müde sei. Damit erreichte sie, was sie wollte, wünschte der Dame, die ganz gerührt über das liebe, rücksichtsvolle Mädchen war, herzlich gute Nacht, ging in ihr Zimmer, wartete dort noch eine halbe Stunde und stieg dann leise zum Fenster hinaus, um bald darauf Egolfs Glückwünsche nebst Strauß und Bonbonniere in Empfang zu nehmen. Darüber war Ebba enttäuscht; denn sie hatte ganz was anderes erwartet. Kleidungsstücke aus dem Geschäft seines Vaters, Schmuck.

      Und nun dieses mehr als ärmliche Geschenk. Doch zu maulen wagte sie nicht. Sonst könnte Egolf womöglich mit ihr Schluß machen. Und den mußte sie sich unbedingt warmhalten. Denn Frau Dietsch zu werden, war augenblicklich ihr Bestreben.

      So tat sie denn sehr erfreut, ließ sich seinen Kuß gnädig gefallen und setzte sich dann an seine Seite. Das Steuer bekam sie heute nicht, weil es in der Dunkelheit der vorsichtige junge Mann nicht für ratsam hielt. Man zählte die letzten Tage im August, und die Luft war sommerlich schwül. Daher begrüßten die beiden vergnügten Leutchen im Auto den Luftzug, den das rasche Tempo brachte, sehr.

      »Wo willst du eigentlich hin?« fragte Ebba den schmucken Fahrer, der behaglich schmunzelte.

      »Mein Geheimnis. Aber mein süßes Kätzlein wird zufrieden sein.«

      Nach einer halben Stunde hielten sie vor dem Kurhaus eines Badeortes, aus dem Tanzmusik klang. Es war ein mondäner Raum, den sie kurz danach betraten, und Ebba freute sich, daß sie sich besonders gut angezogen hatte. In dem vollbesetzten Saal erwischten sie gerade noch einen freien Tisch.

      »Jetzt möchte ich meinen achtzehnten Geburtstag mit Sekt begießen«, verlangte sie, biß jedoch bei ihrem Begleiter sozusagen auf Granit.

      »Nichts da, mein Täubchen! Ich muß als Fahrer nüchtern bleiben.«

      »Egolf, sei doch kein Spielverdeber«, maulte sie. Doch der blieb fest.

      »Nein, Ebba, nichts zu machen. Bedenke, daß wir zur Stadt zurück müssen. Ich habe keine Lust, mir an dem ersten besten Baum den Schädel einzuschlagen.«

      »Dann wollen wir hier übernachten«, schlug sie vor, worauf er grinste.

      »Na du – lieber nicht. Wir wollen hübsch sittsam bleiben. Gelegenheit macht nämlich Diebe. Erst wollen wir essen, Süßigkeiten knabbern und dann tanzen. Zufrieden?«

      »Muß ich doch«, verbarg sie ihre Enttäuschung. »Aber dann viel, viel Süßigkeiten, viel Eis und viel tanzen.«

      »Wird gemacht. Also fangen wir an.«

      So wurde es denn auch ohne Sekt für Ebba wunderschön. Von den erwähnten drei Dingen konnte sie nicht genug kriegen – hauptsächlich vom Tanzen. Glückselig schwebte sie in seinem Arm dahin, der die Tanzkunst so gut beherrschte wie kaum ein anderer.

      *

      Um elf Uhr wurde Schluß gemacht, da die Kurgäste ihre Ruhe haben mußten. Das tat Ebba sehr leid, die am liebsten die ganze Nacht hindurch getanzt hätte. Doch Egolf war ganz zufrieden. Sein Bettzipfel winkte, wie er lachend behauptete. Und für ein so junges Balg wäre es auch höchste Zeit, in die Halala zu kommen.

      Als sie aus dem Kurhaus traten, sah der junge Mann bedenklich zum Himmel auf.

      »Hoffentlich gibt es keinen Regen, bevor wir zu Hause sind. Sicherheitshalber will ich das Verdeck am Auto hochklappen.«

      »Ach, laß doch, Egolf. Die Nachtluft ist herrlich. Unter dem Verdeck komme ich um.«

      Er ließ sich überreden – was er jedoch schon zehn Minuten später bereute. Denn ehe sie sich versahen, war ein schweres Gewitter heraufgezogen. Egolf gelang es gerade noch, in einem Waldgasthaus am Wege den Wagen unter die Remise zu fahren und mit Ebba in den Hausflur zu flüchten, als es auch schon wie mit Eimern vom Himmel goß. Sie hatten Glück, daß das Haus noch nicht geschlossen war. Das kam daher, weil die Gäste sich gescheut hatten, in das aufziehende Wetter hinauszugehen. In der großen niederen Schankstube lärmte man vergnügt. Die Luft war voll von Tabakrauch, daß man sie hätte schneiden können.

      Als Ebba und Egolf eintraten, kam ihnen der Wirt lächelnd entgegen.

      »Guten Abend, die Herrschaften! Sind wohl auch vom Gewitter überrascht?«

      »Ganz recht, Herr Wirt. Mein Auto steht unter der Remise. Es ist doch sicher dort?«

      »Ganz sicher, mein Herr. Wenn es Ihnen hier zu laut ist, folgen Sie mir bitte ins Nebenstübchen. Da ist es lauschig für so ein junges Ehepaar«, setzte er schmunzelnd hinzu. »Sie werde sich nämlich noch eine gute Weile gedulden müssen. Denn ein so schweres Gewitter findet in unserer Ecke immer schlecht hinaus.«

      Das war Egolf gar nicht recht. Nur zögernd folgte er dem Mann in den kleinen Raum, der menschenleer dalag.

      »Haben die Herrschaften einen Wunsch?« erkundigte sich der Wirt, worauf Ebba lachend rief: »Ja, Sekt!«

      »Aber Ebba!« versuchte der junge Mann einzuwenden, doch schon war der geschäftstüchtige Wirt davongeeilt und kam nach kurzer Zeit mit dem Gewünschten wieder. Wünschte »Wohl bekomm’s!« und verschwand.

      »Ebba, was ist das für ein Unsinn!« schalt Egolf ärgerlich. »Denkst du dich etwa hier festzusetzen? Es ist fast einhalb zwölf Uhr, wir müssen zusehen, daß wir nach Hause kommen. Ich werde das Verdeck am Auto hochschlagen, und dann können wir getrost fahren.«

      »Bei diesem Gewitter,« lehnte Ebba sich empört auf. »Das ist etwas, wovor ich mich namenlos fürchte. Und wenn du auch noch so ein böses Gesicht machst, du bekommst mich jetzt nicht von hier fort. Schenk lieber die Gläser voll, damit ich endlich zu meinem Sekt