Gustav Wied

Die Bosheit-Trilogie


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dann ließen sie den Kater eine Weile Kater sein und wandten sich dem Hahn zu.

      Thomsen nahm ihn behutsam aus dem andern Fach des Koffers heraus und hielt ihn in den hohlen Händen vor sich hin.

      "Herr du meines Lebens!" sagte der Alte mitleidvoll, "ja, ja, wie einen die Jahre doch mitnehmen können!"

      "Ja, elend ist er ja nur!" nickte Manuel und setzte das Tier vorsichtig auf den Fußboden. "Aber deswegen muß er ja auch hier heraus."

      Der Menschen-Mortensen berührte den Hahn leise mit der Spitze seines gesunden Fußes.

      "Du bist doch nicht tot, du altes Gestell?" fragte er.

      "Nein, tot ist er nicht", sagte Thomsen und strich mit der Hand sanft über den federlosen Rücken des Tiers. "Warm ist er wenigstens."

      "Er stirbt ganz gewiß, ehe du mit ihm nach Hause kommst."

      "Ja, aber dann ist er doch hier gewesen."

      "Dann ist er hier gewesen, ja! – Und hat seine Mission erfüllt, wie in den Zeitungen steht!"

      Der Hahn Mortensen war so angegriffen, daß er sich nicht mehr auf den Beinen zu halten vermochte. Er lag platt am Fußboden, und der Hals hing ihm kraftlos an der Seite herab. Ein paarmal versuchte er, den Kopf zu erheben, aber wenn er ihn mühselig ein wenig in die Höhe gebracht hatte, indem er den Schnabel gegen die Dielen stemmte, fiel er matt wieder zurück.

      Der Menschen-Mortensen stand da und betrachtete diese Bemühungen aufmerksam.

      "Kaputt!" sagte er und machte eine überlegene Handbewegung. – "Zu Ende, – fertig!"

      Emanuel nahm das Tier wieder in seine Hände und trug es auf die andere Seite des Mahlganges.

      "Es kann nicht schaden, wenn er soviel wie möglich be–tritt!" sagte er.

      "Nein!" nickte der Alte verständnisinnig. "Du kannst auch sehr gut mit ihm in die Küche und auf die Diele hinabgehen. Sie liegen da unten in süßem Schlummer."

      "Ach nein!" sagte Manuel und trug den Hahn an eine andere Stelle, "das ist nicht nötig. Jetzt ist er ja draußen auf dem Felde und im Garten und auf dem Hofe gewesen. Und er sollte ja gerade den väterlichen Boden betreten!"

      "Ach ja! Ach ja! Ist dein Vater eigentlich seither wieder bei dir gewesen?"

      "Nein!"

      "Den Dezembertermin über hält Cornelius sich ja wohl."

      "Hm!"

      "Ja, aber zum Juni muß er weg!"

      "Hm!"

      "Bist du dann so weit?"

      "Man denkt, daß es gehen wird", sagte Thomsen ausweichend. "Jetzt sind die Tiere ja hier gewesen."

      "Ja! Wenn es nützen könnte! Aber Geld gehört ja auch dazu!"

      "Wer nur den lieben Gott läßt walten!"

      "Ach ja! Hm, ja! Ahem, ahem, krrr! Pfui Kuckuck! Der Teufel hol' meinen Husten! Es bleibt im übrigen bei meinem Anerbieten."

      Thomsen hatte den Hahn-Mortensen wieder nach seinem Koffer zurückgetragen und war nun im Begriff, ihn für die Reise einzupacken. Er wickelte ihn in ein großes, gestricktes Tuch.

      "Man ist ja kein Mörder!" murmelte er, ohne den Blick von der Arbeit zu erheben.

      "Nein, nein!" sagte der Alte ärgerlich. " Mörder. Aber man hat doch schon früher gesehen, daß ein Schwein sich den Hals bricht!"

      Emanuel sah hastig und scheu auf.

      "Er hat Frau und Kinder!"

      "Frau und Kinder, ach was!" hohnlachte der Menschen-Mortensen und focht aufgeregt mit beiden Händen in der Luft herum. "Die wären ohne ihn auch besser zuwege! – Es ist ja kein Muck mehr in ihm." fuhr er fort, "er mag keinen Finger mehr rühren! Er hat sich ja um all sein bißchen Verstand gesoffen, wenn er überhaupt jemals welchen gehabt hat!"

      "Sind wir zu Richtern über andern gesetzt?"

      "Natürlich sind wir das! Wenn es solche Schweinehunde sind!"

      Emanuel erhob sich.

      "Der eine Mensch soll dem andern nicht nach dem Leben trachten!" sagte er mit Salbung.

      "Nein, das steht ja geschrieben!"

      "Und wer Tränen säet, wird nimmermehr Freuden ernten!"

      "Meinst du? Da bin ich freilich anderer Ansicht. Die Tränen –"

      "Schweig!" sagte Manuel heftig. "Laß uns nicht mehr darüber reden! Wenn man den Mühlenhof wiederbekommen soll, so muß es infolge des Gesetzes und der Propheten sein!"

      "Ja, das hast du nun bald fünfzehn Jahre lang gesagt, lieber Manuel."

      "Ja," sagte Thomsen mit tiefem Ernst, "aber man hat bisher die Tiere nicht mit hier draußen gehabt, weißt du! Folglich ist man wohl selber schuld daran gewesen."

      Mortensen riß seine kleinen Vogelaugen auf und schwieg beschämt. Und indem ihn von neuem die Bewunderung für die ungewöhnliche Begabung des Freundes überkam, gewahrte er gleichsam blitzartig den Zusammenhang der Dinge.

      Manuel verspürte die Wirkung seiner Worte und sagte selbstbewußt:

      "Man denkt, will ich dir sagen, ehe man handelt."

      "Ja," nickte der Menschen-Mortensen in tiefster Ehrfurcht, "du hättest, hol' mich der Teufel, Papst werden sollen, Manuel!"

      ###

      Eine Viertelstunde später verabschiedete sich Thummelumsen.

      Den Kater hatten sie nicht wieder eingefangen.

      ###

      "Wo möchtest du wohl am liebsten liegen. Mörch?"

      "Hm!"

      "Neben deiner Frau ist es ja feucht!"

      "Ach was!"

      "Und du bist ja so sehr für Wärme und Sonnenschein!"

      "Unsinn, Knagsted."

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