Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker)


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– hoppla – hoppla – ruhig – ruuuuhig! – so ist’s schön, so ist’s schön – links, rechts, links, rechts – taramtata, taramtata – ruuuuhig – hoch das Bein, hoch das Bein – hoppla …«

      So ging das weiter, und dazwischen immer einmal ein Peitschenknall.

      Was machte denn der? Das klang ja fast gerade, als ob er …

      Da sah ich es schon. Ich stand vor einem großen, kreisrunden Loche, ganz scharf abgezirkelt, auch unten – man stelle sich einfach die Manege eines Zirkus vor, die Einfassung, innerhalb welcher die Pferde herumlaufen – genau dasselbe war hier, nur daß es keine erhöhte Einfassung gab, sondern die kreisrunde Manege war eben in den Felsen hineingearbeitet, und zwar tief, mindestens drei Meter tief – und es war auch wirklich eine Zirkusmanege – denn dort unten stand mein Karlemann, allerdings nicht mit solchem Zirkusklimbim angetan, sondern in einem weißen Tropenanzug mit Seemannsschnitt, aber eine Peitsche in der Hand, und … ließ einen riesigen Elefanten im spanischen Tritt exerzieren!

      Na, ich stand da wie Lot’s Frau, zur Salzsäule erstarrt. Nicht vor Schreck, sondern vor Ueberraschung. Denn ich hatte doch alles andere erwartet als hier oben plötzlich einen riesigen Elefanten zu finden, der unter des kleinen Karlemanns Anweisung und sanften Peitschenhieben, immer so mit den Beinen schlenkernd, im Kreise herumspazierte.

      Und nun in dem an sich doch engen Trichter dieser ungeheure Dickhäuter und dazu das winzig kleine Menschlein, dieses Verhältnis, und nun zu sehen, wie der Riese der Schöpfung dem Zwerge so parierte – es war ein ganz unbeschreibliches Bild.

      »Alle Wetter, was machen Sie denn unten?!«

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      Karlemann warf nur einen Blick zu mir herauf.

      »Morning, Käpt’n. Kommen Sie lieber nicht runter, bleiben Sie oben, ich bin gleich fertig.

      Rrruuuuhig, mein Tierchen – links, rechts – links, rechts – haaaalt – so, nun mache dein Kompliment …

      Der Elefant blieb stehen, warf dem menschlichen Zwerge einen verächtlichen Blick zu, wackelte mit den Ohren, dann hob er sein Hinterteil empor, immer höher, bis er auf den Vorderbeinen stand, die hinteren in die Luft gereckt.

      »So war’s brav, Sultan – hier – und nun verschwindibus …«

      Der in seine natürliche Stellung zurückgekehrte Elefant erhielt ein Stück Zucker, Karlemann öffnete eine unten eingelassene große Gittertür, der Elefant kroch hinein, Karlemann folgte ihm nach, die Tür ward wieder geschlossen, einsam und verlassen lag der seltsame Zirkus wieder da.

      Gleich darauf hörte ich neben mir ein Geräusch. Als ich seitwärts blickte, gewahrte ich ein Brett, das nur so zufällig dazuliegen schien, jetzt aber erwies es sich als eine Falltür, sie ward zurückgeschlagen, Karlemann tauchte auf.

      »Hallo, Käpt’n! Kommen Sie zufällig hierher?«

      »Ganz zufällig. Aber nun sagen Sie mal in aller Welt… «

      »Halt,« unterbrach er mich, nachdem wir uns die Hand geschüttelt hatten, »eins nach dem anderen. Sonst, könnten wir gar nicht fertig werden. Kommen Sie also zufällig hierher?«

      »Ganz zufällig, wie ich schon sagte.«

      »Ich hatte nämlich von Monrovia aus nach Kapstadt telegraphiert, wohin Sie doch wollten. Aber Sie waren schon fort, und Ihr nächstes Ziel wußte auch niemand. Davon haben Sie nichts erfahren?«

      »Gar nichts. Ich bin vom letzten Sturm hierher verschlagen worden. Muß einen Hafen aufsuchen, brauche Trinkwasser.«

      »Das können Sie freilich nicht von mir bekommen, wenigstens keinen größeren Vorrat. Wenn Sie in einem halben Jahre wiederkommen, ja – jetzt noch nicht. Ich habe unterdessen immer an Sie gedacht.«

      »Weshalb? Und was hatten Sie mir nach Kapstadt telegraphiert?«

      »Abwarten. Das läßt sich alles gar nicht so schnell erledigen. So wissen Sie noch gar nicht, was ich unterdessen alles getrieben habe?«

      »Ich weiß gar nichts. Ich staune.«

      Er begann zu erzählen, sofort, hier neben dem Zirkus stehn bleibend. Er faßte sich auch kurz genug, und alles bekam ich durchaus nicht zu erfahren.

      Wie er gleich nach meiner Abreise die ursprüngliche Mannschaft seiner Jacht entlassen, wie er zu den fünf Berliner Pflanzen gekommen – das war mit wenigen Worten erledigt. Länger und mit sichtlichem Behagen verweilte er dann dabei, wie er den Riesen-Haifisch geködert und ihn als rückwärtswirkende Schiffsschraube benutzt hatte, wie er dabei von dem englischen Kriegsschiff beobachtet worden war, welches den Aschantihäuptling und die ganze Gesandtschaft zurückbrachte.

      »Na, das hätten Sie sehen sollen! Nämlich was für einen Eindruck das machte! Und nicht nur auf die Nigger. Diese freilich lagen allesamt gleich auf den Knien und beteten mich an. Dann wich das Vieh zu sehr vom Kurse ab, da mußte ich es mit meiner Elefantenbüchse in die Luft sprengen – oder vielmehr ihn im Wasser zu Mus verrühren. Aber mein Ziel war doch erreicht – der Erfolg da. Seht, sagte ich, so mache ich mir jedes Tier zu Diensten, das einmal zwischen meine Finger kommt. Das hatte ich dem Kididimo ja schon früher gesagt, er hatte ja auch schon genug Beweise, den Pudel und so weiter – auch eine Katze hatte ich ihm schon damals innerhalb einer Stunde dressiert, daß sie wenigstens über den Stock sprang – aber nun dieser Haifisch, der mein Schiff zog – na, ich sage Ihnen, wie ich in Legala, was die Residenz von Kididimo ist, wenigstens die eine – wie ich da empfangen wurde – Sie machen sich keinen Begriff davon.«

      Wenn das alles wirklich wahr war, was mir der Zigeunerjunge da erzählte, dann konnte ich mir das andere vorstellen.

      Aber weshalb sollte er mir so etwas vorflunkern? Er hatte doch viele Zeugen, die ich befragen konnte. Also ich glaubte schon damals an die Wahrheit dieses Vorkommnisses.

      »Wissen Sie, was ich mit dem Niggerfürsten damals ausgemacht hatte?«

      »Nein.«

      »Er wollte doch durchaus meinen Salto haben.«

      »Ja, das weiß ich.«

      »Den hat er nicht bekommen. Aber ich versprach ihm, jeden Hund und jedes andere Tier, das er mir bringen würde, ebenso zu dressieren – Regenwürmer und dergleichen natürlich ausgenommen – und dafür forderte ich selbstverständlich eine Belohnung.« »Was für eine?«

      »Sie wissen doch, daß Aschanti furchtbar reich an Gold ist. Gold überall. Aber wir Europäer dürfen darin nicht paddeln. Nun wollte ich mir dort drin im Lande ein hübsches Fleckchen geben lassen, als mein Eigentum, und das schlechteste Land hätte ich mir natürlich nicht ausgesucht. Ich hätte schon erfahren, wo das meiste Gold herauszukratzen ist. Kididimo war damit ganz einverstanden. Nebenbei bemerkt: auch meine Turnerei und die meiner Jungen hatten es dem Häuptling angetan, er war ganz närrisch, sg müßten seine Jungen auch turnen lernen, d. h., sein ganzes Volk, soweit es jung ist, oder doch die Söhne der außerwählten Krieger – kurz und gut, ich sollte so eine Art von Turnschule einrichten.«

      »Und daraus ist nichts geworden?«

      »Nee, wenigstens dort drüben an Land nicht. Wissen Sie, ich überlegte mir die Sache. Dort drüben herrscht fortwährend Fieber, höchstens nicht direkt an der Küste, aber dort gibt’s gerade wieder gar kein Gold – na, und wenn der seine dressierten Tiere hatte, und wenn er mir die Kunstkniffe abgelauscht hatte, schwarze Turnlehrer hatte – na, da hätten die Kerls mich doch einfach einen Kopp kürzer gemacht, und mein Gold und so weiter hätten sie mir wieder weggenommen. Meinen Sie nicht?«

      Da mußte ich ihm nun allerdings recht geben. Nur die Schlauheit dieses Knirpses! Und wie der nun zu erzählen verstand, wie er alles so trocken herausbrachte! Es war gottvoll.

      »Sehen Sie, da haben wir’s. Auf der Fahrt nach Legala mußte ich natürlich hier vorbei – und gleich beim Anblick dieser Leuchtturminsel mit den steilen Wänden kam mir der Gedanke – ich besichtigte