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Liebesbriefe großer Frauen


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Ihrer schönen Seele zu erinnern. Und hab’ ich’s Ihnen hier nicht genug gezeigt, wie ich Dich, mein Leben, liebe, so war ich nicht schuld daran; die elenden, erbärmlichen Menschen um uns haben ja alles verdorben. – Aber unser Briefwechsel soll uns bessere, süßere Stunden verschaffen als diese, worum wir so unverschuldet gekommen. Nur glauben Sie mich, liebster, bester Freund, nicht so schwach oder so ungeprägt, dass der Letzte, der mich mit seinem Finger anrührt, den letzten Eindruck machte. Das tun Sie nicht, dazu haben Sie mich zu lieb und können’s nicht glauben, wenn Sie mich kennen. Noch viel weniger sprechen Sie von Unwert und allem diesen, wenn Sie mich nicht traurig machen wollen. O Gott, ich fühl’s, was Sie sind und was ich bin. L. mag schwätzen, was er will, wie weit Sie in allem über mir sind, dass es mir zuweilen bange Augenblicke macht, aber ich jage sie fort, die garstigen Einnistler. – – –

      Und nun wollen wir von Bückeburg reden. Aber darf ich Ihnen sagen, dass Sie ein kleiner Schwärmer sind? Ehe Sie nach diesem armen, guten Ort kamen, haben Sie Ihre Einbildungskraft ein wenig arbeiten lassen, haben sich den Ort und die Leute darin so schön gemacht als Sie es wollten, und nun kam der Herr Konsistorialrat und Oberprediger an, und sah – die Menschen und den Ort nur ein wenig anders als es ihm gefallen, sie in seiner Einbildung zu machen, so – in der Tat eine gute Ursache, den Koffer eingepackt gelassen, fortgereiset und andere Menschen gesucht. Aber Sie haben noch ein wenig Geduld, das weiß ich, und dann werde ich von Ihnen hören, dass es Ihnen recht wohl gefällt. […] Ist es nicht ein wenig übereilt, ehe Sie nicht in Bückeburg recht ausgeschlafen haben, auszurufen: ›Es fällt mir alles auf den Hals, und ich falle auf die Nase! Ich bin in einer kleinen Wüste! Ich habe nur anderthalb Frauenzimmer gesehen, und keine, die über meine Freundin geht!‹ Das Letzte ist allerliebst; aber Sie sind ein ganzer Schwärmer! Oder Philosoph! Oder – oder was Sie sein wollen; nur ein wenig mehr Geduld, mein lieber Freund, und die anderen armen Leute bei der Nähe betrachtet; man hat in die Ferne nicht immer ein gutes Gesicht.

      Darmstadt, Mitte Mai 1771

      Was machen Sie jetzt, liebster, allerliebster Freund? Sind sie zufrieden mit Bückeburg und allem, was Sie umgibt? Ach, warum muss ich diesen Brief mit einer Klage und Mitleiden über Ihre jetzige Situation anfangen! Denn ich gestehe es Ihnen, und Sie wollen meine Meinung darüber haben, ich fürchte, Bückeburg und der Kreis, in dem Sie sind und wirken, ist viel zu klein und unbedeutend für Sie; Sie sind, oder ich müsste Ihre Seele nicht kennen, die nichts Gemeines oder Unreines hat, Sie sind für keine kleine Sphäre gemacht. Beichte bei Staatsgefangenen und hundert solche Sachen zu hören und zu sehen, dazu schicken Sie sich freilich als wie das Storchennest auf dem Altar. Nur ein Haus zu Freunden und Gesellschaft, und darin nur ein Mann, das ist viel zu wenig für Sie, so sehr und so gern sie jetzt Einsamkeit lieben und Anwartschaft zu einer Landpriesterstelle zu haben glauben. Armer Freund! Dort sitzt er allein, muss Berge und Wälder für seine Freunde ansehen, hört um sich muntere, singende Nachtigallen, und er versenkt sich, täuscht sich mit Schatten, mit Schattenbildern, die schwinden und vielleicht immer bleicher im Schwinden werden! – O Freund, wie viel leide ich, wenn Ihr Zirkel nicht wenigstens so wird, dass Sie mit Vergnügen in Brückeburg sind! Ist denn alles Trug und Täuschung in der Welt? Und müssen Sie sich auch da täuschen, wo das Glück Ihres Lebens anfangen soll? Kennen Sie nun den Grafen? Ich weiß nicht, welche böse Ahndung mich auch da für Sie fürchten macht! Doch weg mit allen bösen Ahndungen! Es ist hässlich, so die süßen Hoffnungen so zu verderben. Machen Sie sich einen Zirkel, der Sie mit sich selbst zufrieden und vergnügt macht, und wer kann das mehr als Sie? Und werfen Sie nicht alles Gute so schlechterdings in den Archipelagus! Dort nützt es nichts, aber Ihnen ist’s doch immer Lebensstab, sich daran zu halten.

      Und wieder einen Ruf nach Riga? Ich erstaune! Gestehen Sie es mir aufrichtig: Tat es Ihnen weh, ihn abzuschreiben? Mir ging’s durchs Herz, da ich wieder hörte, die zerrissenen zarten Bande jener Freundin hielten Sie ab. Ich musste weinen und Sie bedauern. Aber sagen Sie mir, liebster, guter, redlicher Freund! Können Sie noch Tugend eines Frauenzimmers glauben, da Sie von dieser Freundin, die so viel ausgebildeten Charakter, Güte und Attachment für sie hatte, sind hintergangen worden? Oder, Sie sagten mir’s nur mit halbem Worte, und mehr will ich auch nicht wissen, kurz, sie ist Ihre Freundin nicht mehr, es sei nun geschehen, auf welche Art es wolle. Aber sagen Sie mir aufrichtig, hat diese Trennung wieder Ideen gegen das Frauenzimmer bei Ihnen erregt? Ich erkläre mir jetzt tausend Dinge Ihres letzten Straßburger Aufenthalts und insonderheit das Lied an Merck: ›Sympathie und Freundschaftswonne singen‹. Ich gestehe es Ihnen aufrichtig, dies Lied hat mich zur äußersten Schwermut gebracht! O! wenn alles das nicht mehr in der Welt ist, nicht Sympathie, nicht Freundschaft, nicht Tugend, und der Glaube daran verloren wird, o Freund! Welch elende Kreatur wäre der Mensch! Und sei’s Wahn! Süßer Wahn! - -

      Darmstand, Ende Juni 1771

      Sie [Sophie von La Roche] hat liebenswürdige Kinder, erzieht sie selbst, geht nicht von ihnen und ist gegen ihren Mann aufmerksam in den geringsten Kleinigkeiten, bis zum Erstaunen. Kurz die beste Mutter und beste Frau. – – –

      Ach, wäre ich unter den Händen dieser Frau gebildet worden! Aber vater- und mutterlos irrt’ ich umher! O verlass Du mich nicht, mein Erster, Einziger in der Welt, den ich so oft, oft an mein Herz drücke, der mir Freude und Trost und Aufmunterung gibt! Gott im Himmel wird’s Dir belohnen! –

      Darmstadt, Ende Oktober oder Anfang November 1771

      – – – O der süßen Stunden, wenn ich Briefe von Dir, mein Einziger, bekomme! So wird Abschied und Trennung und alles ersetzt. Ach, es ist schon so viel Glückseligkeit für mich, dass ich in Deinem Herzen bin, dass ich nichts mehr wünschen darf. Komm, mein Lieber! Wir sind nicht entfernt, ich umarme Dich für Dein ganzes, edles, schönes Herz. Ach, ich bin’s nicht wert! Es ist traurig für mich, dass Sie gegen mich so unwert sein wollen. Ach Gott, was verdienen Sie auf allen Seiten, und wenig kann ich Ihnen geben! Glauben Sie mir, Freund meiner Seele, wenn ich von einem gemeinen Menschen geliebt würde, es würde mir nichts einfallen, als dass ich nicht reich bin. Aber bei Ihnen – ach, Gotte, ich leide wirklich viel darum: Ich fürchte, ich fürchte, Du bist zu großmütig und liebst mich darum noch, weil Du mich das vorige Jahr lieb hattest. Ach, sollte das sein? Du würdest Dein ganzes schönes Leben zerstören. […] Ach, lieber Herder, es schlägt mich alles nieder, wenn nicht Dein edles Herz Lichtstrahl und Sonnenbild für mich wäre. – – –

      Die Gedichte von Claudius sind schön, unschuldig […]. Aber wie mag sich Herder mit Claudius vergleichen? Bist Du ein Jungferchen worden, das gerne gelobt sein will? Wahrhaftig, ich kann Dich nicht loben; wenn ich alles sagen würde, wird’s doch tausendmal weniger sein als mein Herz will, und so lass ich’s. Sie selbst, edler Mann, müssen mehr Ihre Würde fühlen. […]

      Ich habe Ihnen Nachricht von meiner Beschäftigung versprochen, aber diesen Tag war sie ziemlich unfruchtbar. Es ist seit einigen Tagen Regenwetter und kalt […]. So ist der Herbst vorbei und kein Wald- und Spaziergang mehr da; alles ist abgefallen, und ich möchte mit Ihnen als Knabe darüber weinen. Frohes, zartes, empfindliches Herz, wie lieb’ ich Dich! Ach, warum konnte ich nicht meine Jugend mit Dir verspielen, da ich immer mit Knaben spielte!

      Darmstadt, den 21. August 1772

      – – – Tausend Dank für Ihren kleinen Lebenslauf, liebster Herder! Er hat mich in manchem Betracht für mich selbst beruhigt, ob er schon traurig genug für Sie ist. Geahndet hatte ich es schon lange, dass Du mit Deinem großen, wunderbaren Kopf niemals dachtest, Landpriester in Brückeburg zu werden, und der Jugendplan und Jugendseele zugleich bricht und brechen muss – das alles weiß ich, fühl’s, klage, traure mit Dir, armer, guter Herder. Aber nun bist Du ein Mann, siehst, dass man überall Gutes tun kann: Großes freilich nicht überall, und dazu muss man vielleicht immer ein türkischer, russischer oder römischer Kaiser sein, und davor hat Dich der gute Gott (Dank sei ihm dafür gesagt!) in Gnaden bewahrt. Nicht wahr, liebster Herder, eine Hütte, ein gutes Weib und Kinder darin, ist doch allen menschlich und für das Herz gelebt. Du wirst überall glücklich sein. Du hast den goldenen Ring an Deiner Hand, bei drei Jugendfreunden oder einem Weib auf der Kanzel oder in der Stube, in Brückeburg oder in Riga. – Du wirst überall Gutes tun, überall glücklich sein. Ich will Dir nichts, ewiger Freund, aus Deiner Seele wegreden, keine Jugendpläne, Jugendträume – ich weiß, sie sind schön, glänzend – aber