Mary Henrietta Kingsley

Reisen in Westafrika


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geflochten – das ist alles, was man über diese Hüte verallgemeinernd sagen kann: Manchmal sieht man breite Krempen, manchmal schmale, manchmal überhaupt keine. Gleiches gilt für die Hutkrone: Manchmal ist sie schwer und kegelförmig, manchmal fast nicht vorhanden, und wo man eigentlich die Hutkrone erwarten sollte, stehen die Haare des Trägers – geschmückt mit roten Papageienfedern – in alle Richtungen ab. Als Faustregel kann gelten, dass diese Hüte reich mit den Überresten von Federn geschmückt sind. Ich kannte einen Häuptling, der einen bunt gemusterten Stoff im Dolly Varden-Stil sein Eigen nannte, den er sehr geschickt mit aus Holz gefertigten Haarnadeln an seiner Kopfwolle befestigte. Diese Hüte sind ebenfalls eine Besonderheit der Bubi, denn kein Festlandbewohner interessiert sich auch nur ein kleines bisschen für Haarnadeln zum Befestigen von Hüten, es sei denn, um gelegentlich anzugeben. Die Bubi dagegen tragen ihre Hüte immer, obwohl sie sich dank der großartigen Wälder der Insel viel weniger um das Sonnenlicht sorgen müssen.

      Als Ohrringe tragen die Bubi Holzsplitter, die sie sich durch die Ohrläppchen stechen – keine sehr dekorative Mode, doch ist sie nicht ganz so undekorativ, wie die einiger meiner Freunde auf dem Festland, die große und notwendigerweise tropfende Fettklumpen in ihren Haaren und Ohren tragen. Um den Hals trägt ein Bubi kleine Totems an Schnüren – Knochenstücke einer Python, Zähne, Federn, Antilopenhorn und gelegentlich ein Stück Fett in einem Beutel. Um seine Oberarme liegen Armreifen, am liebsten aus vom Festland importiertem Elfenbein. Armreifen aus Kunststoff, die extra für ihn hergestellt und importiert wurden, rührt er nicht an. Oft bestehen diese Armreifen auch aus Perlenschnüren oder einem Blätterkranz, und auf einem Kriegszug tragen die Männer Armreifen aus gewickeltem Gras. Sowohl Männer wie auch Frauen tragen Armreifen, bei den Frauen scheinen sie bereits in jungen Jahren angelegt zu werden, denn man kann zwischen ihnen das Fleisch hervortreten sehen. Sie dienen nicht nur der Dekoration, sondern auch als Tasche, Männer stecken etwa ein Messer unter sie oder Frauen eine bunte, aus Ton gefertigte Pfeife. Fußreifen ähnlicher Bauart werden am rechten Bein unter dem Knie getragen, und um den Körper schlingen Bubi Gürtel aus Tshibbu, kleine Stücke aus der Schale der Achatectonia-Muschel, der lokalen Währung der Insel. Aus diesen Schalen werden auch die Schleier hergestellt, die die Frauen bei ihrer Hochzeit tragen.

      Dieses einheimische Münzäquivalent ist sehr interessant, denn solche Dinge sind in Westafrika außerordentlich selten. Das einzige andere Beispiel eines Stammes in diesem Teil der Welt mit eigener Währung, von dem ich weiß, sind die Fang, welche zu diesem Zweck kleine Bündel nachgeahmter Axtköpfe nutzen. Dr. Oscar Baumann, der mehr über die Bubi weiß als irgendwer sonst, denkt, so glaube ich, dieses Muschelgeld könnte von den geflohenen angolanischen Sklaven eingeführt worden sein, die seinerzeit von ihren portugiesischen Besitzern auf São Thomé zu den Spaniern auf Fernando Po flohen.

      Die Dörfer der Bubi liegen recht weit auseinander in den Wäldern im Landesinnern. Sie sind kein »Insel- und Küstenvolk«, auch wenn jedes Dorf seinen eigenen Strand hat, was aber nur bedeutet, dass die Bewohner ihre Handelswaren dorthin bringen. An diesen Stränden leben gewöhnlich die sogenannten »Portos«20, Schwarze, die als Mittelsmänner zwischen den Bubi und den Weißen agieren.

      Man sagt oft, die Bubi seien einzigartig schlechte Hausbauer, die eigentlich gar keine dauerhaften Häuser errichteten, sondern lediglich provisorische Hütten aus Ästen. Das ist jedoch ein Irrtum. Hütten dieser Art sind lediglich Unterstände von Jägern, keine echten Häuser. Das Dorf ist gewöhnlich recht solide gebaut und von einer Palisade umgeben. Im Innern befinden sich viereckige Häuser, deren Wände aus senkrecht in den Boden eingelassenen Baumstämmen unter einem extrem steilen Strohdach bestehen. Das Ganze ist gewöhnlich von einem Abflusskanal umgeben, durch den das Oberflächenwasser fortfließt. Wie an der gesamten Westküste üblich, lassen sich diese Häuser in zwei Gruppen teilen: Versammlungshäuser und private Wohnhäuser. Die Ersteren sind weitaus größer, die Letzteren sehr niedrig und mitunter absurd klein, aber es sind immerhin Häuser und besser als diese schrecklichen Dinger aus Loango-Gras, die man im Kongo sieht.

      Herr Baumann berichtet, die Häuser hoch oben in den Bergen hätten doppelte Wände mit etwas Luft zwischen ihnen. Eine solche Bauweise könnte helfen, die extreme Zugigkeit des einfachen Bubihauses zu verringern – sehr wichtig in den relativ kühlen Höhenlagen. Ich möchte hinzufügen, dass die Dörfer oft nicht direkt am Wegesrand liegen, sondern ein Stück entfernt, wie jene am Oberlauf des Calabar. Das bezweckt zweifellos, die genaue Lage des Dorfes vor Fremden zu verbergen und ist dabei sehr erfolgreich: Ich selbst vergeudete so manche Stunde damit, einen Pfad hinauf und wieder herunter zu wandern, immer auf der Suche nach dem richtigen Punkt, um in den Wald einzutauchen und ein Dorf zu erreichen. Aber solcherlei schult die Beobachtungsgabe, und bereits nach kurzer Zeit beginnen Sie, sich die einzelnen Bäume entlang langer Kilometer Buschlandes genauso präzise einzuprägen, wie die Geschäfte in den Straßen Ihrer Heimatstadt.

      Das Wichtigste im Leben des Bubi ist die Jagd, es ist mehr Sportler an ihm als an den meisten Festlandbewohnern. Es gibt kein besonders großes Wild, außer man nennt hier Pythons – die auf der Insel beachtliche Größen erreichen – und Krokodile. Elefanten kommen auf dem benachbarten Festland in großer Zahl vor, doch auf Fernando Po fehlen sie ebenso wie Flusspferde und die großen Menschenaffen. Im Gegensatz dazu können die Jäger der Bubi aus einem reichen Bestand an kleinen Gazellen, kleinen Affen, Stachelschweinen und Eichhörnchen schöpfen, und in den Flüssen leben sehr hübsche Otter (Lutra poensis) mit gelblich-braunem Fell und oft beinahe goldfarbenem Bauch. Ich vermute, diese Gattung ist identisch mit dem angolanischen Otter.

      Die Bubi nutzen auf der Jagd ihre Steinschloss-Gewehre, doch vor allem verlassen sie sich auf Fallen, Netze und, so sagte man mir, Schlingen. Der Vorteil dieser letzteren Methoden dürfte derselbe sein wie auf dem Festland, wo mir ein erfahrener Jäger einst erklärte: »Du gehst schießen Ding mit Gewehr. Soweit gut – aber du nicht bekommen ihn Ding sicher. Nein, Madam. Verdammte Gewehr machen Lärm. Soweit gut. Dein Freund hören verdammten Lärm und kommen schauen, und du müssen teilen, was du getötet. Oder böser Mann hören Lärm und kommen schauen, und du bekommen nicht einmal Anteil, du werden getötet selbst. Elend! Elend! Fallen sind bestes.« Ich warf ein, auch Fallen könnten geplündert werden. »Madam, nein«, war seine Antwort. »Bian (ein Zauber) wachen über Fallen, kann machen Mann, der kommen Dieb, anschwellen und platzen.«

      Die Bubi sind auch Fischer, wobei sie meist Korbreusen nutzen, doch weder darin noch im Umgang mit Kanus sind sie besonders geschickt. Ihre Hauptbeschäftigung am Strand ist das Sammeln von Schildkröteneiern, die die Tiere dort zwischen August und Oktober legen. Diese Eier – rund zweihundert Stück in jedem Nest – haben ungefähr die Größe einer Billardkugel und eine ledrige Hülle. Sie werden als Speise sehr geschätzt, wie auch die Larven bestimmter Käfer, die man in den Stämmen von Palmen findet, und der Honig der wilden Bienen, die man hier überall in großer Zahl antrifft.

      Ihre Haustiere setzen sich aus der in Afrika üblichen Liste zusammen: Katzen, Hunde, Schafe, Ziegen und Federvieh. Es gibt auch Schweine, sehr gezähmt in Clarence und verwildert im Wald. Letztere stammen von jenen ab, die die Spanier importiert hatten, und wurden vor nicht allzu langer Zeit in Clarence zu einer derartigen Plage, dass die Regierung die Anweisung gab, alle Schweine in Freiheit ohne Nasenring – was bedeutet, alle Schweine, die in der Lage waren, die Gärten aufzuwühlen – in Zukunft zu erschießen. Diese Anordnung wurde vom offiziellen Stadtschreier folgendermaßen verbreitet: »Ich verkünde – ich verkünde – ich verkünde – ich verkünde. Stellt euch vor, Schwein geht – kein Eisen lebt für Nase von ihm! Gewehrschuss. Tötet ihn einmal. Hört! Hört!«

      Doch viele Schweine ohne in ihrer Nase lebendes Eisen gingen verloren und entkamen ins Innere der Insel, wo sie gedeihen wie der grüne Lorbeer, die Plantagen der Bubi zerstören und ihre Yamswurzeln essen, während jene zurückschlagen, die Tiere töten und essen. Folglich steht die Schlacht unentschieden, da die Bubi sich am Schwein gütlich tun und das Schwein an den Yamswurzeln, die auf der Insel zu einzigartiger Größe und Reife gedeihen und entlang der gesamten Bucht von Bonny begehrt sind. Derzeit, so höre ich, versucht die Regierung, den Export dieser Yamswurzeln zu unterdrücken, obwohl der Handel mit ihnen der Insel recht zuverlässige Einnahmen verschafft hatte. Doch man hofft, durch diese Maßnahme die Einheimischen zu bewegen, auf den Kaffee- und Kakaoplantagen zu arbeiten.

      Nun,