Mary Henrietta Kingsley

Reisen in Westafrika


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da die Männer stundenlang nur »Der Hai beißt die Hand des Bubi« gesungen hätten – immer und immer wieder und sonst nichts. Dies passt zu meinen eigenen Beobachtungen aller Lieder der Bantus: Immer waren die Worte der Lieder entweder endlose Wiederholungen einzelner Sätze wie diesem, oder sie bezogen sich auf kürzliche Abenteuer oder Erfahrungen des Sängers, alternativ manchmal auch auf die kleinen Besonderheiten seiner Zuhörer. Ein regelmäßiger, alter und konventioneller Refrain begleitet dies.

      Die Melodien dieser Lieder sind weitaus hochwertiger und viele dürften sehr alt sein. Sie sind oft voller Abwechslung und Schönheit, insbesondere die der Mpongwe und Galwa, von denen ich später sprechen werde.

      Die Tänze habe ich nie persönlich beobachten können, aber in Baumanns Beschreibung findet sich nichts, worin man Unterschiede von den Tänzen auf dem Festland erkennen könnte. Ich selbst konnte auf Fernando Po lediglich einen Tanz unter den Portos beobachten, und es war mein alter Freund, der Batuko, in all seiner Schönheit. Die Plätze, auf denen getanzt wird, weisen jedoch eine Besonderheit auf. Jedes Dorf hat seinen Tanzplatz – der Ballsaal, wenn man so will – im Freien, und die gewöhnlich in Vollmondnächten stattfindenden Tänze müssen sehr malerisch sein. Diese gepflegten Stücke Land erinnern mich sehr an ähnlich ausschauende Plätze, die man in den Dörfern des Kongo findet. Dort werden sie jedoch gänzlich anders genutzt, nämlich für religiöse Zwecke und nicht zum Zeitvertreib.

      Ein besonderes Instrument der Bubi habe ich auf dem Festland nie in identischer Form gesehen. Es ähnelt einem Bogen mit einer straff gespannten Sehne. Ein Ende des Bogens wird am Mund platziert und die Sehne wird sodann von der rechten Hand mit einem kleinen runden Stöckchen angeschlagen, während die linke Hand mit einem Stück Muschel und einer Messerklinge auf ihr herumkratzt. Dieses entsetzliche Instrument ist sehr populär, wie ich jeden warnen muss, der über ein Leben unter den Bubi nachdenkt. Trommeln verwenden die Bubi sowohl in der Form der Dualla – ganz aus Holz – als auch die gewöhnliche Variante mit Tierhäuten als Trommelfell. Ich denke, wenn ich nun noch die aus Holz gefertigten Pfeifen erwähne, habe ich das Bubi-Orchester beinahe komplett. Ich bin mir etwas unsicher, ob ich nicht den Zorn aller Musiker riskiere, wenn ich auch noch ein sehr altes, nirgendwo befestigtes Ochsenfell als Musikinstrument nenne. Von diesen steifen, trockenen Häuten halten die Bubi recht viel. Die Künstler spielen sie als Begleitung anderer Instrumente, indem sie sie kräftig schütteln – sie machen ein Geräusch, und das ist letztlich der Kern aller afrikanischer Instrumentalmusik. Diese Instrumente sind alles, was von einigen Ochsen übrig blieb, die die Spanier vor vielen Jahren in der Hoffnung importierten, die Nahrungsmittelversorgung zu verbessern. Sie hatten den Eindruck gemacht, auf den Grashängen in den Bergen und im Grasland an der Ostküste der Insel gut gedeihen zu können, doch großartige Jäger, wie die Bubi es nun einmal sind, haben sie die Tiere alle getötet.

      Die Feiern der Bubi – Tänze, Hochzeiten, Festmahle –, bei denen diese gemischte Sammlung an Instrumenten zum Einsatz kommt, finden gewöhnlich im November während der Trockenzeit statt. Doch ein Bubi kann jederzeit seiner Familie sein Herz ausschütten, Tag oder Nacht, von Juni bis Januar, und wenn er es mithilfe jenes bogenartigen Dings ausschüttet, spürt der einsame Europäer das Heimweh nagen.

      Bubi kennen praktisch keine Zeiteinteilung, aber in dieser Hinsicht sind alle Westafrikaner ziemlich schwach, insbesondere die Bantus. Bubi haben jedoch einen eigenen Begriff für November, Dezember und Januar – die Trockenzeit –, die sie »Lobos« nennen.

      Der Fetisch, das Glaubenssystem dieser Menschen entspricht im Groben dem der Bantus, weist jedoch viele interessante Besonderheiten auf, die ich selbst mit meinen geringen Kenntnissen beobachten konnte, und würde weitergehende Untersuchung verdienen. Mit »Fetisch« meine ich im Folgenden immer die beherrschenden, aber untergründigen Ideen im Leben der Menschen. Ich beginne mit den Kindern. Soweit ich erkennen konnte, gibt es keinerlei religiöse oder weltanschauliche Rituale, die die Ankunft eines neuen Bubi begleiten. Bei Geburt erhält das Neugeborene wie üblich einen Namen, der bei seiner Initiation in die Geheimgesellschaft durch einen anderen ersetzt wird. Diese geheime Gesellschaft verfügt auch, ebenfalls wie gewöhnlich, über eine geheime Sprache. Im Alter von drei oder fünf Jahren werden Jungen unter der Aufsicht des Hexendoktors mit speziellen Narben im Gesicht geschmückt. Die Narben verlaufen von der Nasenwurzel über die Wangen und manchmal weiter in einer Kurve hinauf zur Stirn.

      Tattoos in der eigentlichen Bedeutung des Wortes werden selten genutzt. Stattdessen bemalen sich die Bubi wie die Festlandbewohner mit einer roten Farbe, die sie herstellen, indem sie einige Kräuter verbrennen und die Asche mit Ton oder Öl mischen. Gelegentlich malen sie sich auch ein Band aus gelbem Ton um den Brustkorb – ob dies aus religiösen Gründen geschieht oder bloß als Schmuck dient, konnte ich nicht herausfinden. Auch über die Geheimgesellschaften der Bubi weiß ich wenig und habe auch niemanden finden können, der mehr wusste. Hutchinsons24 außerordentlich amüsante Beschreibung einer Hochzeit, der er einst bei diesen Menschen beiwohnte, legt nahe, dass die Phase der Abgeschiedenheit in der Frauengesellschaft zwölf Monate dauert.

      Der Hauptgott oder Geist, O Wassa, residiert im Krater des höchsten Gipfels und unter den Einheimischen trägt der Gipfel seinen Namen. Ein weiterer wichtiger Geist, dem Ziegen und Schafe geopfert werden, ist Lobe. Er wohnt in einem Kratersee an den nördlichen Hängen der Berge und das Gras, das die Bubi manchmal tragen, stammt angeblich von diesem See und ist ein Zauber von Lobe. Doktor Baumann berichtet, der See bei Riaba25, aus dem sich der Geist Uapa erhebt, sei noch heiliger. Der Geist sei klein und hause in der Spalte eines Felsen, dessen steile Flanke nur mithilfe eines Seils überwindbar und in der Regenzeit gänzlich unbesteigbar sei. Gegen angemessene Opfergaben eröffnet er einem Bubi die Zukunft, aber nur einem Bubi. Sein Priester, den kein Weißer oder Porto zu Gesicht bekommen darf, ist der König aller Bubi. Baumann nennt darüber hinaus die Grotte bei Banni als Wohnort eines weiteren wichtigen Geistes. Sie ist nur bei Ebbe und ruhigem Wetter zugänglich. Auch ich hörte viele Legenden über diese Grotte, hatte aber nie Gelegenheit, sie zu besuchen und kenne niemanden, der dort war.

      Die Talismane dieser Leute ähneln den Bantu-Talismanen auf dem Festland, doch die Methoden zum Schutz von Pfaden und Torwegen unterscheiden sich ein wenig. Die Torbögen zu den Siedlungen sind manchmal von frisch geschnittenen Bananenblättern umwickelt und während der religiösen Festtage im November sind die Pfade zu den Dörfern oft mit Grashecken versperrt, die kein Fremder durchqueren darf.

      Das Herrschaftssystem ist für Westafrika sehr eigenartig. Jedes Dorf hat seinen Häuptling, aber alle Stämme gehorchen einem Oberhäuptling, der in der Kraterschlucht bei Riaba lebt. Diese Person nennt man Moka, aber ich bin nicht sicher, ob es sich derzeit um dieselbe Person handelt, von der Rogoszinsky und Mr. Holland berichten sowie Ehrwürden Hugh Brown, der ihn in den 1870er-Jahren zu interviewen versuchte. Die Bubi sind genau jene Leute, denen man zutrauen muss, einen berühmten König als Titel über mehrere Generationen auszudehnen. Auch dem unermüdlichen Dr. Baumann gelang es nicht, Moka zu sehen, obwohl er offenbar einiges über dessen Regierungsmethoden herausfand und zu einer sehr hohen Meinung über dessen Fähigkeiten gelangte. Dr. Baumann zufolge verdanken die Bubi ihre gegenwärtige Einigkeit und Ordnung allein ihm. Vor seiner Zeit war die gesamte Insel offenbar in einen internen Krieg verstrickt, Mord sei an der Tagesordnung und jeder Besitz unsicher gewesen. Laut dem Doktor könne ihre jetzige soziale Ordnung als Modell für Europa dienen, von Afrika ganz zu schweigen. Bürgerkriege seien abgeschafft, Konflikte zwischen den Dörfern löse man durch Schlichtungsverfahren und Morde würden schnell und sicher bestraft: Sei der Kriminelle in den Wald geflüchtet und könne nicht gefunden werden, zöge man sein Dorf zur Verantwortung, das ein Bußgeld in Form von Ziegen, Schafen und Tabak im Gegenwert von etwa 16 Pfund leisten müsse. Diebstahl ist sehr selten und Verstöße gegen Sitten und Moral ebenfalls. Diesbezüglich haben die Bubi einen sehr hohen Standard, selbst die kleinen Kinder schlafen jeweils in eigenen Hütten. Ehebruch war in alter Zeit durch das Abtrennen der Hand der Schuldigen bestraft worden. Ich sah auf Fernando Po einige Frauen, denen eine Hand am Gelenk abgetrennt worden war, doch ich denke, es handelte sich dabei um Sklavinnen, die man beim Diebstahl erwischt hatte.

      Die Bubi halten Sklaven, doch deren Lebensbedingungen entsprechen der milden Form der Sklaverei, wie man sie auch in Calabar antrifft. Die Sklaven der Bubi leben mit ihren Herren im selben Dorf, während sie im Unterschied dazu bei den Duallas wie