Tag wiederkam.
Die Nordspitze Asiens bildet eine niedrige, durch einen Busen in zwei Teile getrennte Landzunge, deren östlicher Arm sich ein wenig weiter nach Norden erstreckt als der westliche Arm. Ein Bergrücken mit allmählich abfallenden Seiten zeigt sich von der östlichen Spitze in südlicher Richtung in das Land hinein und scheint bereits innerhalb des Gesichtskreises eine Höhe von dreihundert Metern zu erreichen. Gleich dem darunterliegenden Flachland war seine Krone beinahe schneefrei; nur an den Seiten des Berges oder in tiefen, von Schneebächen ausgegrabenen Furchen und kleinen Tälern auf der Ebene waren große weiße Schneefelder sichtbar. Ein niedriger Eisrand stand noch an den meisten Stellen längs des Strands. Aber kein Gletscher wälzte seine blauweißen Eismassen an den Seiten der Berge herab, und keine Eisseen, keine hervorspringenden Felsblöcke, keine hohen Bergspitzen verschönerten das Bild der Landschaft, welche die einförmigste und ödeste war, die ich im hohen Norden gesehen habe.
Überall war der Boden, ebenso wie auf dem Eiland, an welchem wir am 11. August vor Anker lagen, in mehr oder weniger regelmäßige Sechsecke zersprungen, deren inneres Feld gewöhnlich von Wachstum entblößt war, während aus den Sprüngen verkrüppelte Blumengewächse, Flechten und Moose hervorsprossen. An einigen Stellen war der Boden jedoch mit einer aus Moosen, Flechten, Gras und Halbgras gebildeten Pflanzenmatte bedeckt; doch waren die Blumengewächse hier weniger zahlreich, die Moose verkrüppelter und weniger fruchttragend. Auch die Flechtenflora war, nach Dr. Almquists Untersuchung, einförmig, obgleich häufig ganz üppig entwickelt. Am reichsten an Gewächsen war der äußerste Vorsprung der Landspitze. Es hatte beinahe das Aussehen, als ob viele der Gewächse des Taimurlandes versucht hätten, von hier aus weiter nach Norden zu wandern, dabei aber, als sie das Meer angetroffen, dort geblieben wären, außerstande weiterzukommen und nicht geneigt, wieder umzukehren.
Alle Flüsse waren jetzt ausgetrocknet, aber ausgedehnte flache Flussbetten gaben zu erkennen, dass zur Zeit der Schneeschmelze ein reicher Wasserfluss hier stattfand. Das Gemurmel der Schneebäche und das Vogelgeschrei durchbrechen dann gewiss die Einsamkeit und das Schweigen, welches jetzt über den kahlen, beinahe allen Wachstums entblößten Lehmbetten des Flachlands ausgebreitet liegt. Wahrscheinlich kann man jedoch etwas weiter im Land, in irgendeinem gegen die Winde des Nordmeers geschützten Talgang ganz andere Naturverhältnisse, ein reicheres Tier- und Pflanzenleben finden, welches Letztere während der Sommerzeit ebenso blumenreich sein mag wie das, welches uns in den Talgängen des Eisfjords und der »Namenlosen Bucht« [der Besimannaja-Bai] entgegentritt [Spitzbergen]. Menschenspuren sahen wir hier nicht. Die Erzählungen, welche bereits um das Jahr 1600 herum über die Beschaffenheit der Nordspitze Asiens im Umlauf waren, machen es jedoch wahrscheinlich, dass die sibirischen Nomaden ihre Rentierherden auch manchmal bis hier hinaus getrieben haben. Es ist sogar nicht unmöglich, dass russische Fangmänner von Chatanga auf der Nordspitze des Taimurlandes gejagt haben; und dass Tscheljuskin [russischer Forscher, der 1742 als Erster diesen Punkt auf dem Landweg erreichte] wirklich hier gewesen ist, davon zeugt die auf russischen Karten ganz richtige Darstellung des Vorgebirges, welches jetzt mit Recht seinen Namen trägt.
Felsenblümchen (Draba) vom Kap Tscheljuskin
Um eine gute astronomische Ortsbestimmung dieses wichtigen Punktes zu erhalten, blieb ich hier bis zum 20. August mittags.
Unserem Reiseplan gemäß wollte ich von hier aus direkt nach Osten nach den Neusibirischen Inseln fahren, um zu sehen, ob man nicht auf diesem Weg Land antreffen würde. Am 20. und 21. ging es in dieser Richtung ziemlich unbehindert vorwärts zwischen zerstreutem Treibeis, welches stärker und auch weniger zerfressen war als das, welches wir an der Westseite des Taimurlandes getroffen hatten. Auch einige sehr große Eisschollen kamen vor, aber keine Eisberge. Übrigens wurden wir wieder von einem so starken Nebel begleitet, dass wir nur die Eisfelder und Eisstücke in der unmittelbaren Nachbarschaft des Fahrzeugs sehen konnten. Außer dreizehigen Möwen sahen wir auch Alken, welcher Vogel sonst im Karischen Meer beinahe ganz fehlt. Johannesen [norwegischer Kapitän, der bereits 1869 auf einer Fangfahrt Beli-Ostrow erreichte] glaubte, das Vorhandensein dieses Vogels beweise, dass das Meer im Winter nicht vollständig zufriere, da es sich nicht annehmen lasse, dass die Alken im Herbst und im Frühjahr über das zugefrorene Karische Meer fliegen würden, um hier ihre Nahrung und ihre Brutplätze zu suchen.
Aufenthalt der Expedition bei Kap Tscheljuskin
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