dieser Abwechselungen das aus, was wir Zeit nennen.
ANTON. Das ist mir zu spitzfindig.
HANS. Aber noch einmal Musik! — (zum Fenster hinaus) Hört Ihr Spielleute! Noch eins, der jungen Frau zu Ehren! Hübsch lustig mit Trompeten und Pauken — das Jägerlied.
(Musik und Gesang hinter der Scene.)
Es ging ein Jäger wohl auf dem Fang,
Trarah! trarah!
Das Wildpret sprang die Bahn entlang,
Hopsa! hopsa!
Die Büsche hinab ertönt das Horn,
Trarah! trarah!
Der Jäger er nahm ein Reh aufs Korn,
Eiah! eiah!
Das schlankste Thierchen im ganzen Wald,
Trarah! trarah!
Recht dreist hüpft es ihm entgegen bald,
Sieh da! sieh da!
Zur glücklichen Stunde ritt ich aus,
Trarah! trarah!
Und bring ein jung Weibel mit mir nach Haus,
Hopsa! hopsa!
Das ist wohl, traun die beste Jagd,
Sa sa! sa sa!
Feins Liebchen komm, es wird schon Nacht,
Ha ha! Ha ha!
HANS. Nun lebt wohl, meine werthen Freunde. Ich habe Euch so viel Ehre angethan, als mir in meinen alten Tagen möglich war; wenn mein Sohn wäre hier gewesen, hätte alles sollen besser eingerichtet seyn. — Aber der ist vielleicht schon lange todt und begraben. — Nun, lebt wohl, ich habe noch weiten Weg vor mir. (ab.)
SIMON. Adieu, liebe Schwestern: schreibt manchmal, bleibt gesund.
ANTON. Glück auf den Weg!
ANNE. Lebt wohl, lieben Brüder.
(die Brüder gehn, Anne folgt ihnen.)
HUGO. Du hast kein Wort gesprochen, Agnes?
AGNES. Ich muß Euch gestehn, daß mir die Thränen so in die Augen kamen, daß ich unmöglich ein Wort sagen konnte.
HUGO. Worüber weinst du?
AGNES. Meine Brüder, — sie gehn fort, wer weiß, wann ich sie wieder sehe.
HUGO. Ach! wenn man seinen Mann recht lieb hat, muß man Brüder und Schwestern darüber vergessen können. — Nun sind wir beide allein: gieb mir einen Kuß, Agnes. (er küßt sie.)
AGNES. Aber, ich bitte Euch, wenn wir weiter reisen, so jagt nicht so mit Eurem Pferde, das arme Thier wäre fast unter Euch zusammen gesunken.
HUGO. Desto mehr wird es sich auf den Stall freuen. Nur, wenn wir recht viel Beschwerlichkeiten überstanden haben, kömmt uns die Ruhe wie Ruhe vor. Laß das, mein Kind.
AGNES. Ihr könntet stürzen.
HUGO. Ich bin schon oft gestürzt, das thut nichts.
AGNES. Ihr macht mir aber solche Angst.
HUGO. Das ist gut, es ist ein Beweis deiner Liebe.
AGNES. Wahrlich, da ich jetzt mit Euch allein bin, könnt ich mich vor Euch fürchten.
HUGO. Wirklich? — Nun, das ist mir lieb, so etwas hab ich gern. Aber du wirst dich schon noch ganz an mich gewöhnen, Kind.
AGNES. Die Gegend hier herum ist doch recht wüste. Die Mühle dort unten saust so schauerlich durch die Einsamkeit. — Seht, da reiten meine Brüder schon den Fels hinauf.
HUGO. Meine Augen tragen nicht so weit.
AGNES. Als ich von dort herunterritt, dacht ich nicht, daß der Ort schon so nahe sei, wo wir Abschied nehmen sollten.
HUGO. Schlage dir das aus dem Sinn.
AGNES. Als ich noch nie gereist war, wünscht ich nichts so sehnlich, als eine recht weite Reise; ich dachte mir in meiner Vorstellung immer nur schöne unbegreiflich schöne Gegenden, Burgen und Thürme mit wunderbaren Zinnen, mit Gold ausgelegte Dächer im Schein der Morgensonne funkelnd: steile Berge und weite Aussichten von oben, immer neue Menschengesichter, dichte Wälder, und einsame verschlungene Fußpfade durch das dunkelgrüne Labyrinth im Widerklang der Nachtigallen: — und nun ist alles so anders, und mir wird immer bänger und bänger, je mehr ich mich von der gewohnten Heimath entferne.
HUGO. Wir treffen unterwegs noch auf merkwürdige Gegenden.
AGNES. Seht, wie das Feld wüst ist dorthin, die sandigen, kahlen Hügel, über denen die dunkeln Regenwolken stehn.
HUGO. Mein Schloß liegt angenehmer.
AGNES. Es regnet schon, und der Himmel wird immer finsterer.
HUGO. Wir müssen wohl aufbrechen, es wird sonst zu spät. Wo ist denn deine Schwester? Rufe sie und höre auf zu wimmern. Komm, unsre Pferde sind auch abgefüttert. (sie gehn ab.)
Dritte Scene
(Saal mit Thüren, im Hintergrunde eine Stiege, die zu einem obern Zimmer führt.)
Brigitte, Caspar.
CASPAR. Nichts! Zimmer und Garten sind genug für Euch, Fräulein; was braucht Ihr da auf dem Wall umher zu laufen und zu gaffen? Was giebt es da zu gaffen? Euer Vater hat mir nicht umsonst die Aufsicht über Euch anvertraut, ich will in meiner Rechenschaft, die ich abzulegen habe, Rede stehen können.
BRIGITTE. Aber was kann es denn schaden, Griesgram?
CASPAR. Und was kann es denn nutzen? (es pocht.) Da wird ans Thor gepocht, geht, geht schleunig in Euer Gemach, daß Euch kein Fremder hier findet. (Brigitte geht ab, ein Knecht tritt ein.)
KNECHT. Da ist ein junger Mann, der Euch zu sprechen begehrt.
CASPAR. Laßt ihn ein. (Knecht ab.) Wer kann denn das seyn? Wir halten ja doch nicht so viel Gesellschaft und Umgang, daß uns die Leute so unversehens besuchen sollten.
Leopold kommt herein.
LEOPOLD. Verzeiht einem armen Manne, der seinen Weg verloren hat, und Euch um Obdach anspricht, da kein Kloster, oder die Burg eines Freundes in der Nähe ist.
CASPAR. Wer seid Ihr denn?
LEOPOLD. Wie Ihr seht, ein umstreifender Sänger, der mit seinen Liedern schon vielen das Herz erfreut, und die Gunst manches Fürsten und vornehmen Ritters gewonnen hat.
CASPAR. Mein Herr ist nicht daheim, — ich weiß nicht —
LEOPOLD. Am meisten hat mich ein Unglück dazu getrieben, Eure gütige Hülfe zu suchen, denn mein armer Diener, der meine Lieder zu singen pflegt, und sonst ein aufgeweckter lustiger Bursche ist, und vielfache Gaukeleien anzustellen weiß, leidet an einer Wunde, die ihm tödlich wird, wenn er nicht einiger Pflege genießt.
CASPAR. So? So? Also einen Gaukler und Possenreißer führt Ihr auch mit Euch? So seid Ihr doch nicht von den ganz gemeinen Musikanten? Ich habe immer dergleichen Volk geliebt, absonderlich in meiner Jugend, jetzt hab ich lange keinen mit Augen gesehn. Man muß doch auch christlich denken. Laßt ihn nur herein, euren Frazzenmacher, und nehmt dann so vorlieb, wie Ihr es findet, dafür werdet Ihr uns aber auch von Euren Späßen etwas zum Besten geben.
LEOPOLD. Herzlich gern, sobald der arme Narr nur erst etwas wieder bei Kräften ist. — (öffnet die Thür) Nur herein hier, mein Winfred, der gute liebe freundliche Alte will uns nicht von seiner Thüre weisen.
Winfred kommt