aus.
LEOPOLD. Laßt ihn nur erst etwas erquickt seyn, so sollt Ihr Wunder sehn.
WINFRED. O ein Bett, — ein weniges Wein, — eine christliche Hülfe und mitleidige Pflege.
CASPAR. Da, geht nur da oben hinauf, Gaukler, und Ihr auch, Freund Meistersänger; da oben kann ich Euch ein Zimmer anweisen, mein eigenes. Kommt.
(sie steigen hinauf in das obere Gemach.)
Vierter Akt
Erste Scene
(Hugos Schloß.)
Agnes, Mechtilde.
MECHTILDE. Ja, liebe gnädige Frau, Ihr seid nun gerade die siebente, der ich gedient habe.
AGNES. Die siebente?
MECHTILDE. Euch fällt vielleicht dabei ein, daß das keine gute Zahl seyn soll, weil Ihr so fragt.
AGNES. Nein, ich dachte daran nicht.
MECHTILDE. Ihr werdets hier gut haben, denn ich kenne das Gemüth des Herrn Ritters nun schon seit lange, aber ich kann nichts als alles Gute von ihm sagen, wenn ich die Wahrheit sagen soll.
AGNES. Das Schloß hat eine schöne Lage.
MECHTILDE. Die schönste Gegend ist hier, weit und breit umher, man hat besonders oben auf dem Dache eine sehr freie Aussicht. — Seid Ihr schon oben gewesen?
AGNES. O ja. — Doch hört, der Ritter sagte mir von vielen Kostbarkeiten; habt Ihr sie auch gesehn?
MECHTILDE. O ja, ganze Zimmer voll; die hält er immer verschlossen. Ich muß Euch sagen, meine schöne gnädige Frau, er ist ein gar reicher Herr, ich glaube, er weiß selber nicht, wie reich er ist. Ich schwöre, daß Euch alle Damen hier herum, weit und breit, arm und reich, beneiden werden.
AGNES. Ich möchte wohl einmal diese Seltenheiten sehen.
MECHTILDE. Die Gelegenheit dazu trifft sich wohl.
AGNES. Ihr seid wohl schon sehr alt?
MECHTILDE. Wie so?
AGNES. Ihr geht so gebückt, der Kopf zittert Euch so.
MECHTILDE. Ich habe auch schon siebenzig Jahre auf dem Rücken; das will schon sehr viel sagen, wenn man das an seinem Körper ableben soll. — Ihr werdets nicht glauben wollen, aber ich war auch einmal hübsch, und die Leute sagten, ich sey außerordentlich schön. Ach Gott, das verschwindet alles, als wenn es nimmermehr da gewesen wäre, und es kräht kein Hahn darnach. Die ganzen siebenzig Jahre sind hin, ich weiß nicht wie. — Nun, man kann nicht immer jung bleiben, es muß auch alte Leute geben: das ist mein Trost. Es wird Euch auch so gehn.
AGNES. Mir?
MECHTILDE. Ja, das will das junge Blut immer nicht glauben, sie denken gewöhnlich: das bleibt beständig so wie heute? Ja, heute, und morgen ist wieder ein Heute, und übermorgen auch, und so nimmt ein Tag nach dem andern Abschied, und man denkt in der jugendlichen Vergeßlichkeit nicht daran, daß daraus die Zeit besteht. Eh wir es uns dann versehn, heißt es hinter uns: seht die alte Frau, die dahin geht! Die ersten Male wollt’ ichs ordentlich nicht glauben, daß das mir gälte, ich bin es aber nachher wohl inne geworden.
AGNES. Siebenzig Jahr sind aber doch eine lange Zeit.
MECHTILDE. Wenn man sie vor sich hat. In meiner Jugend dachte ich grade so, und — wollt Ihrs wohl glauben — des Nachts träumt mir manchmal noch, ich wäre jung; dann ist mir, als wäre das Wahre, Wirkliche, nur ein Traum gewesen, in welchem ich mir närrischer Weise eingebildet hätte, ich sey eine alte, krumme, pucklichte Frau. Ich habe schon oft darüber lachen müssen. — Unser Ritter wird sogleich wieder abreisen.
AGNES. Schon wieder abreisen?
MECHTILDE. Ja, er hat immer viel Geschäfte, er ist aber noch immer aus allen Fehden und Händeln glücklich zurück gekommen. (geht ab.)
AGNES. Wie neu mir hier alles ist! Ich kann mich immer noch nicht gewöhnen, und an seine Gestalt am wenigsten; ich weiß manchmal nicht, soll ich lachen, oder mich vor ihm fürchten. — Meine Schwester ist noch nicht aufgestanden; sie ist nicht wohl: ihr ganzes Leben ist nur mit einem einzigen Gedanken ausgefüllt; ich kann mir nicht denken, wie es möglich ist.
Hugo kommt.
HUGO. Du wirst schon gehört haben, liebe Agnes, daß ich Dich verlassen muß.
AGNES. Ja.
HUGO. Es giebt kein so zänkisches, unbändiges Thier, als den Menschen, Agnes. Sie sehn nun, daß sie mich nicht überwältigen können, und doch ist es ihnen nicht möglich, Ruhe zu halten. Aber sie sollen auch dafür gezüchtiget werden! Dieselben wenigstens sollen nicht wieder kommen.
AGNES. Lieber Mann! —
HUGO. Sei ruhig, ich habe noch nie etwas gefürchtet. — So eben sind zwei Narren angekommen, die noch zu meinen Dienern gehören. Ich denke, sie werden Dir Spaß machen.
Der Rathgeber und Claus treten ein.
HUGO. Ihr kommt ziemlich spät, noch gerade zur rechten Zeit, um mich abreisen zu sehn.
CLAUS. Wir sind beide nicht gut zu Fuß, Herr Ritter, und das hat uns unterwegs ein wenig aufgehalten.
HUGO. Ihr seid der sogenannte Rathgeber? — Nehmts nicht übel, wenn ich über den närrischen Titel lachen muß.
RATHGEBER. Ich bin derselbe.
CLAUS. Unterwegs gab er immer den Rath, in jede Herberge, die sich finden ließ, einzukehren. Ich hoffe, Ihr sollt noch bis Dato die Spuren davon an ihm gewahr werden.
HUGO. Ihr sprecht ja gar nicht.
RATHGEBER. Der Narr läßt mich nicht zu Worte kommen.
CLAUS. Kommt zu Worte, kommt immerhin zu Worte! Es wird sich zeigen, ob Ihr was Gescheidtes zu Markte zu bringen wißt. — Da seid Ihr der erste Mensch auf der Welt, welcher behauptet, ich ließe ihn nicht zu Worte kommen. — Ei, das verletzt meine Ehre und Reputation, wer mich nicht näher kennte, sollte mich nach solcher Behauptung wohl gar für einen ziemlichen Schwätzer halten. Ihr seht, Herr Ritter, wie leicht man in dieser bösen Welt um seinen guten Namen kommen kann.
RATHGEBER. Herr Ritter, Ihr seht selbst, er kann unmöglich schweigen. — Wenn ich Euch übrigens manchmal mit meinem Rathe dienen kann —
HUGO. Wenn er nur gut ist.
RATHGEBER. Es schickt sich nicht, daß ich ihn herausstreiche, denn jede Waare sollte sich eigentlich selber loben; aber fragt nur den Narren.
CLAUS. Sein Rath ist immer überaus schön gewesen, und das Beste ist, er giebt beständig zugleich mehrere Sorten aus, so daß, wenn man den einen nicht befolgen will, man immer noch zum zweiten seine Zuflucht nehmen kann, der dem ersten gewöhnlich gerade zu entgegen steht.
HUGO. Nun wohl! ich ziehe jetzt ins Feld, mein Feind ist stärker als ich: soll ich ihn angreifen?
RATHGEBER. Wartet einen Augenblick. — Wenn Ihr ihn zu bezwingen gedenkt, so rathe ich Euch selbst, ihn anzugreifen.
HUGO. Aber wenn ich nun geschlagen werde?
CLAUS. (leise zum Rathgeber) Nehmt ums Himmels Willen Euren ganzen Verstand zusammen, sonst ist es um unsre Versorgung geschehn.
RATHGEBER. Wenn Ihr geschlagen werdet? — Ja, da seid Ihr denn wahrhaftig in einer üblen Lage.
HUGO. Was ist aber dabei zu