Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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geringste Zweifel darüber zwischen uns stehen soll.

      Ich denke sehnsüchtig an Dich. Überall, wo Du auch sein magst, begleiten Dich meine guten Gedanken.

      In Treue Dein Phil!

      Stille. Stefanies Antlitz ist wie von innen heraus erleuchtet. Die Augen mit dem leeren Blick sind in eine unbestimmte Ferne gerichtet. Die Worte scheinen in ihr nachzuklingen. Hollweg beobachtet sie scharf.

      Gut, Philipp, denkt er dankbar. Das hat dem Kind noch gefehlt. Alles wird gut gehen! Stefanie ist glücklich!

      *

      Wie ein gefangenes Tier treibt es Philipp Titanus in seinem Zimmer im Hollwegschen Sanatorium umher. Hollwegs Brief hat ihn in eine unbeschreibliche Verzweiflung versetzt.

      Dr. Montelli, der junge Arzt und sein Freund, beobachtet aus halbgeschlossenen Augen die Ratlosigkeit Titanus’.

      »Ich muß weg von hier, Montelli«, wendet er sich plötzlich an den Freund. »Du mußt mir helfen. Ich kann hier nicht ruhig arbeiten, wenn ich die Frau, die ich unsagbar liebe, in Gefahr weiß. Was rätst du mir?«

      »Das nächste Flugzeug zu nehmen und im übrigen den lieben Gott einen frommen Mann sein zu lassen.« Er lächelt verschmitzt. »In diesem Falle würde ich dir alles abnehmen!« Er erhebt sich und reckt die Glieder. »Warum überhaupt so viel darüber reden, Philipp. Hier geht auch mal ohne den Professor und ohne dich die Arbeit weiter. Umsonst hat der Professor sich keinen so ausgezeichneten Stab von Mitarbeitern herangezogen. Was gibt es noch zu bedenken?«

      »Du bist herzerfrischend, Vico. Du hast mich überzeugt, daß ich reisen muß. Nach der Visite werde ich dir im Labor erklären, was während meiner Abwesenheit notwendig ist.«

      *

      Im »Haus Stefanie« ist merkwürdige Stille eingetreten. Milchen läuft mit verheulten Augen umher. Maritta und der Professor haben sich verzankt und gehen sich sichtlich aus dem Wege.

      Sobald jedoch das Telefon anschlägt, tauchen sie alle drei von irgendwo auf, um wieder zu verschwinden, wenn es kein Anruf aus München ist.

      »Was wird sie wohl machen?« fragt Milchen die blonde Frau täglich hundertmal.

      »Es wird ihr gutgehen«, tröstet sie dann die Alte, die auffallend hinfällig geworden ist. »Sonst hätten wir längst Nachricht.«

      »Daß man sie gar nicht besuchen darf!« Milchen kann das einfach nicht fassen.

      »Darüber entscheidet der Professor, Milchen. Es wird ihr bestimmt nicht gut tun, denn unsere Besuche könnten sie nur unnötig erregen.«

      Milchen will das einfach nicht begreifen.

      »Ich würde sie bestimmt nicht aufregen. Ganz still würde ich an ihrem Bett sitzen und ihre Hand halten. Nur wissen soll sie, daß jemand bei ihr ist, der sie liebt.«

      Ein kleines Lächeln huscht über Marittas Züge. Schade, daß sie Milchen nicht sagen darf, daß einer bei ihr ist, der sie über alles liebt – ihr Vater!

      Maritta hält die Unruhe auch schlecht aus. Sie zeigt es nur nicht so. An einem der nächsten Tage fährt sie zu Dr. Rösler.

      Geduldig wartet sie in seinem Sprechzimmer, bis er für sie Zeit hat. Dann aber begrüßt er sie in seiner fröhlichen, lärmenden und für sie doch so wohltuenden Weise.

      »Läßt du dich endlich mal sehen, Maritta?«

      Er führt sie in sein Privatzimmer. In der gemütlichen Bibliothek nehmen sie vor dem Kamin Platz,

      »Was willst du trinken, Kind?« wirft er ihr über die Schulter zu, dabei hantiert er an der Hausbar, dem einzigen modernen Gegenstand in diesem weiten, altmodisch wirkenden Raum.

      »Gib mir einen Himbeergeist, Onkel«, erwidert sie und versinkt fast in dem breiten, tiefen Sessel.

      Er bringt Gläser und die Flasche und stellt beides zwischen sie.

      »Du bist so still, Maritta, was Besonderes los?« Aufmerksam forschend tasten seine Blicke über sie dahin. »Schlecht siehst du auch aus«, stellt er fest.

      »Ich schlafe schlecht, Onkel, die ganze Hollwegsche Angelegenheit bereitet mir Kummer. Ich bin in die Sache hineingeschliddert, ehe ich’s mir recht bewußt wurde.«

      Er schaut recht betrübt drein.

      »Tut mir leid, Maritta. Ich bin schuld daran. Ich habe dich in das Haus gehetzt. Du könntest heute in irgendeinem Kurort sorglos leben.«

      Ihre grünlichen Augen beginnen zu glänzen.

      »Und doch bin ich dir dankbar, Onkel. Ich habe erstens den berühmten Maler Keller kennengelernt, wenngleich er mich nur ärgert. Immerhin, er ist eine interessante Persönlichkeit. Und zweitens, Onkel, habe ich eine gute Freundin in Stefanie Hollweg gewonnen. Du glaubst nicht, wie sehr ich das Mädel liebhabe. Nein, wirklich, Onkel, einem so aufrichtigen Menschen bin ich noch nicht begegnet.«

      Noch etwas mißtrauisch blickt er drein. Er kennt seine ruhelose, extravagante Nichte, die ihn bisher durch ihre Sprunghaftigkeit in Atem gehalten hat. Sollte sie mehr an das »Haus Stefanie« binden, als nur die Freundschaft zu Stefanie Hollweg? Wie sie in lässiger Haltung vor ihm sitzt, erinnert sie ihn an ein Raubtier, schön, aber gefährlich. Und doch – etwas ist verändert an ihr. Die neue Maritta gefällt ihm gut, sehr gut sogar. Aber er wird sich hüten, auch nur ein Wort darüber zu sagen.

      »Also mit einem Wort«, zieht er einen Schlußstrich unter seine Bedenken, »dir gefällt es in deiner neuen Umgebung.«

      »Doch, Onkel, ich kann es nicht leugnen«, gibt sie ehrlich zu. »Aber die Plauderstunde mit dir war sehr angenehm. Es ist doch wirklich beruhigend, ein Plätzchen zu wissen, wo man sozusagen hingehört. Oder – nicht –?«

      Er lächelt sie herzlich an.

      »Sicher gehörst du hierher, Maritta. Habe ich dir nicht angeboten, für immer zu mir zu kommen? Langsam wird man des Alleinseins müde.«

      Entsetzt hebt sie die Hände.

      »Du gütiger Himmel, Onkel. Ich fühle mich noch nicht als alte Jungfer, die die Absicht hat, ihr Leben in Beschaulichkeit zu beschließen.«

      Er lacht herzhaft auf.

      »Kann ich mir bei dir auch nicht vorstellen.«

      Sie legt ihre Hand in die seine und küßt ihn herzlich auf beide Wangen.

      »Wenn ich auch ein Biest bin, Onkel, aber ich habe dich lieb.«

      Noch ehe er eine Erwiderung findet, ist sie verschwunden. Kopfschüttelnd räumt er die Gläser fort.

      Ein lieber, aber etwas schwierig zu behandelnder Kerl – denkt er. Nun, wenn sie des Herumziehens müde sein sollte, bei ihm hat sie jederzeit ein Heim. Sie wird ja doch einmal alles erben, was er im Laufe der Jahre zusammengescharrt hat.

      *

      Auf der Rückfahrt verspürt Maritta Lust, im Strandcafé eine Tasse Kaffee zu sich zu nehmen und dabei ein wenig zu träumen.

      Unweit ihres Tisches, den Rücken ihr zugekehrt, sitzt Keller in Gesellschaft einer schönen Frau. Maritta verspürt einen leisen Schmerz. Unter halbgeschlossenen Lidern taxiert sie die Frau. Sie scheint charmant, ist geschmackvoll gekleidet, hat ein ebenmäßiges Gesicht, blitzende Zähne und Augen, groß wie Feuerräder, von denen sie auch reichlich Gebrauch zu machen versteht. »Männerfressender Typ«, stellt Maritta sachlich bei sich fest. Doch ihr ist die Lust, hier zu sitzen, so schnell verflogen, wie sie gekommen ist. Sie läßt ihre Tasse halbgeleert stehen, zahlt und geht.

      Sie ist wütend. So einer ist er also? Ihr wirft er Flatterhaftigkeit vor und scharwenzelt selber nicht schlecht in der Gegend umher!

      Kreuz und quer fährt sie durch die Landschaft. Jetzt möchte sie ihm im »Haus Stefanie« bestimmt nicht begegnen.

      *

      Professor Keller hat sich in den Salon geflüchtet, sitzt vor dem Flügel und