Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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das Andersen unendlich beglückte.

      Leidenschaftlich zog er darauf Juttas Hand an seine Lippen.

      »Weißt du auch, Jutta, daß ich vor dieser Stunde Heimlich gezittert habe? – Ich, der große Andersen, wie du mich einmal nanntest?«

      Da ihre Augen ungläubig an ihm hingen, setzte er scherzend, doch mit einem ernsten Unterton hinzu:

      »Eine unheimliche Macht hast du zartes Wesen über mich hartgesottenen Gesellen gewonnen!«

      »Ich – eine Macht – über Sie?«

      »Aber Jutta: ›Sie‹?« fragte er vorwurfsvoll.

      Sie errötete bis unter das Goldhaar.

      »Es fällt mir schwer, zu Ihnen – du zu sagen.«

      Da lachte er auf, so frei und herzlich, daß es Jutta warm zum Herzen drang.

      »Kleines dummes Mädel!« sagte er.

      Da – gleich war bei Jutta wieder das Gefühl da, das sie in seiner Nähe befiel. So unbedeutend kam sie sich neben ihm vor! Und das würde wohl auch immer so bleiben, ein ganzes Leben lang.

      Sie schauerte zusammen.

      »Ist dir kalt, Jutta? Wollen wir in den Festsaal gehen?«

      »Nein!« entgegnete sie hastig.

      Klaus Heimburg war im Festsaal. Unmöglich konnte sie ihm jetzt begegnen.

      Andersen hatte zwei Gläser Sekt bestellt.

      »Auf unser Leben, Jutta!«

      Auf unser Leben, nicht ›auf unsere Liebe‹, hatte er gesagt? Vielleicht verlangte er gar nicht die große Liebe von ihr? – Und von dem ehrlichen Wunsch beseelt, das Herz ganz fest in die Hand zu nehmen, stieß sie mit ihm an.

      »Auf unser Leben – Ullrich!«

      Einen Augenblick legte er ihre kühle Hand an seine brennenden Lippen. – Jutta! jubelte sein Herz, Jutta!

      *

      Später nahm Klaus an dem Tisch Platz, an dem Dahlen saß.

      Dahlen reichte Klaus herzlich die Hand. Erstaunt sah Tante Hermine an dem großen Menschen hoch. Wer war das? Er sollte in den Dahlen-Werken beschäftigt sein?

      »Meine Schwägerin, Hermine von Erlstett«, stellte Dahlen vor, und Heimburg verneigte sich achtungsvoll vor ihr.

      Dann zog Dahlen Klaus in ein Gespräch.

      »Sie haben den heutigen Abend wirklich genußreich gestaltet. Ich danke Ihnen herzlich dafür, Herr Heimburg«, begann er und ließ seinen Blick wohlgefällig auf Heimburg ruhen. »Ich sehe überall heitere Gesichter; das mag Ihnen schon Lob genug sein.«

      »Allerdings«, antwortete Klaus. »Doch habe ich mich nicht in den Dienst der Sache gestellt, um Anerkennung zu ernten, sondern um meinen Kameraden zu ein paar fröhlichen Stunden zu verhelfen.«

      Bescheiden hielt er sich zurück, und Dahlen berührte das sehr angenehm. Auch Hermine von Erlstett wandte keinen Blick von Heimburg, was Klaus jedoch nicht zu bemerken schien. Es war, als übersehe er sie absichtlich.

      Hermine von Erlstett entging das nicht – und es kränkte sie.

      Sie sah schnell von ihm weg und wandte sich Reinhold Pegau zu, der, einen höhnischen Blick auf Heimburg werfend, neben ihr Platz nahm.

      Dabei lauschte sie aber angestrengt auf jedes Wort, das zwischen ihrem Schwager und Heimburg gewechselt wurde.

      »Doch, doch«, sagte Dahlen eben zu Klaus, »ich muß es einmal sagen, wie ich mich über die Aufträge gefreut habe, die ich Ihnen zu verdanken habe. Auch Herr Härtig spricht gut über Ihre Leistungen.«

      »Ich tue nur meine Pflicht, Herr Dahlen.«

      »Wie ich schon gemerkt habe, zeigen Sie viel Interesse für die Technik. Es würde mir Freude machen, Sie selbst einmal durch das Werk zu führen.«

      Klaus strahlte.

      »Dafür danke ich Ihnen herzlich, Herr Dahlen; Sie erfüllen mir damit einen lange gehegten Wunsch.«

      »Abgemacht. Ich werde Sie bei passender Gelegenheit zu mir bitten. – Ach, da kommt auch meine Tochter – darf ich Sie miteinander bekannt machen?«

      Lächelnd sagte Dahlen zu Ullrich Andersen:

      »Hier stelle ich Ihnen meine neueste Kraft vor: Herr Klaus Heimburg.«

      Andersen reichte Heimburg die Hand.

      Klaus’ offener Blick nahm ihn sofort gefangen, und er unterhielt sich ein paar Minuten mit ihm.

      Und Jutta ließ ihre Blicke abwägend zwischen den beiden Männern hin und her gleiten.

      Ihr Herz klopfte heiß und ungestüm – schnell hatte sie sich wieder in der Gewalt, und stellte sich wie selbstverständlich an Andersens Seite. – Ach, hier war der schutzspendende Wall, hier fand sie ihre Ruhe wieder, die sie soeben zu verlassen drohte!

      Andersen drückte Juttas Arm fester an sich. Ganz plötzlich war ihm ein Gedanke gekommen, den er aber sofort verwarf, da sich Jutta so offen zu ihm bekannte. Wahrhaftig – er sah überall Gespenster, die ihm sein Glück streitig machen wollten.

      Ein neuer Tanz klang auf. Klaus verneigte sich vor Jutta.

      »Gestatten Sie, gnädiges Fräulein?«

      Willenlos folgte Jutta ihm, legte leicht ihren Arm auf den seinen und schloß die Augen. Als sie die Lider wieder hob, sah sie geradeaus in Klaus Heimburgs ernste Augen.

      Warum sah er auf einmal so finster auf sie herab, wo seine Augen eben noch gestrahlt hatten?

      Glaubte er etwa, daß auch sie dem Zauber seiner Persönlichkeit unterliegen wurde? – Und Ursula Reiner? Liebte er sie etwa nicht?

      Ach, sie kannte sich nicht mehr aus.

      »Bitte, führen Sie mich zurück«, sagte sie plötzlich, so daß er betroffen aufblickte.

      »Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein – bin ich Ihnen irgendwie zu nahe getreten?« fragte er rauh.

      Jutta erschrak.

      »Wie kommen Sie darauf?« fragte sie so unverfänglich wie möglich zurück. »Nur weil mir die Hitze hier lästig wird, möchte ich nicht mehr tanzen.«

      »Selbstverständlich füge ich mich Ihrem Wunsch.«

      Da wurde sie sich bewußt, daß sie ihn gekränkt hatte, und wollte es wieder gutmachen.

      »Bitte, nehmen Sie meine Worte nicht ernst; wir wollen weitertanzen. Ich bin wirklich manchmal recht kindisch«, entschuldigte sie sich.

      Klaus hörte kaum auf das, was sie sagte; er preßte sie nur sekundenlang an sich, und wie ein Stöhnen kam ihr Name von seinen Lippen: »Jutta!«

      Alles Blut drängte sich ihr zum Herzen – Da verstummte die Musik. – Schnell machte sie sich frei und lief vor ihm her auf ihren Tisch zu.

      »Ich danke Ihnen«, sagte sie hastig.

      »Du siehst so blaß aus, Jutta«, sagte Bernhard Dahlen, als sie wieder neben ihm saß.

      »Ach wo!« wehrte sie ab. »Aber hier ist es sehr heiß. Könnten wir nicht bald heimfahren, Vater? Ich bin sehr müde.«

      »Warum, Jutta?« antwortete Hermine an Stelle Dahlens. Sie wollte unbedingt Pegau noch eine Weile an sich fesseln, und sah sich durch Jutta daran gehindert. »Mir gefällt es noch sehr gut hier.«

      Jutta sah die Tante forschend an. Hatte sie etwas beobachtet? – Unbewußt kam Dahlen ihr zu Hilfe.

      »Ich finde, es war sehr schön; aber ich sehne mich auch nach Ruhe«, sagte er zu Hermine.

      Andersen saß schweigend dabei. Er hatte das Gefühl, als müßte er mit Jut­ta weit weg fliehen.

      »Ich