gut«, lobte Dahlen. »Wollen die Herren unsere Gäste sein?«
Die Einladung wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Andersen dünkte sie wie eine Erlösung, ohne daß er wußte, warum; und Pegau fühlte sich besonders ausgezeichnet.
Dahlen verabschiedete sich mit einer kleinen Ansprache von seinen Leuten.
»Gute Nacht!« rief man ihm entgegen – und dann kam aus einer Ecke ein Ruf, der sich durch den ganzen Saal fortpflanzte:
»Unser verehrter Chef, er lebe hoch!«
»Hoch!« erklang es nun von allen Seiten.
Dahlen wehrte verlegen ab, doch sein Gesicht strahlte, als er den Saal verließ, begleitet von seiner Tochter, Tante Hermine und den zwei Herren.
*
In der Villa angekommen, sagte Jutta zu Andersen:
»Entschuldige mich kurze Zeit, ich will nur mein Kleid wechseln.«
Andersen hielt sie zurück.
»Jutta, du brauchst dich nicht erst umzuziehen. Ich habe deinen Vater um eine Unterredung gebeten; er erwartet uns in seinem Zimmer.
Jutta nickte und ließ sich willig von ihm führen.
Hermine von Erlstett sah entsetzt dem Paare nach, wie es Arm in Arm in des Schwagers Zimmer verschwand.
Wie kam Andersen zu dieser Vertraulichkeit? Zog sich hier etwas zusammen, was sich ihren Plänen in den Weg stellte?
Sie sah auf Pegau, der ähnliche Gedanken hatte.
Aber keiner sprach sie aus. Um Hermines Mund lag ein kalter, entschlossener Zug. Jetzt würde sie Pegau vornehmen. – War er so töricht gewesen und hatte Andersen den Vorrang gelassen? Sie bat Pegau, ihr zu folgen.
Im Salon forderte sie ihn auf, Platz zu nehmen. Dann gab sie Anweisung, den Tisch zu decken.
Von dem, was sie beschäftigte, konnte sie nicht sprechen; so begann sie eine leichte Unterhaltung.
Pegau entging jedoch nicht, daß sie nur mit halben Gedanken dabei war. Immer wieder lauschte sie, ob sich nicht Schritte dem Zimmer näherten. Auch an Pegau war alles gespannt. Was würde er in der nächsten Stunde erfahren?
*
Bernhard Dahlen wartete voll Spannung auf Andersen. – Was wollte der Mann von ihm?
Da erschien dieser mit Jutta. Erstaunt musterte er die beiden.
Andersens Antlitz schien von innerem Glück verklärt – und Jutta war blaß und geistesabwesend.
Ullrich sah Jutta noch einmal eindringlich an und sprach dann von seiner Liebe zu ihr.
In Dahlens Zügen zeigte sich höchste Bestürzung, als Andersen schloß:
»Ich hoffe, daß Sie mich mit freundlichen Gefühlen in Ihre Familie aufnehmen – ich will Ihnen stets ein guter Freund und Berater sein.«
Es fiel ihm schwer, das Wort »Schwiegersohn« auszusprechen. – Eigenartig war es doch: der Mann, der einst sein Nebenbuhler gewesen war, sollte nun sein Schwiegervater werden.
Andersens Worte waren an Dahlens Ohr vorbeigebraust; nur den Sinn hatte er verstanden und – daß er Jutta verlieren sollte.
Er faßte nach ihren Händen.
»Ist das auch dein Wille, Jutta?«
Jutta nickte ernsthaft.
»Ja, Vater«, sagte sie fest.
Da wußte Dahlen, daß er sich damit abzufinden hatte.
»Ja«, sagte er ziemlich hilflos, »dann gebe ich dir meinen Segen, Jutta! Du kommst in die besten Hände.«
Seine und Andersens Hand fanden sich in festem Druck.
»Ich weiß, daß Sie mein Kind glücklich machen – aber ich bin ehrlich genug, Ihnen zu gestehen, daß ich Jutta nur ungern hergebe.« Hastig fuhr er sich mit dem Handrücken über die Augen.
Jutta vermochte nicht, den Vater zu trösten; sie verfolgte ihn nur mit langen Blicken, wie er erregt das Zimmer durchmaß, um seine Fassung zurückzugewinnen.
»Jutta – nun bist du meine kleine Braut!« Andersen zog Jutta an sich und küßte ihr die Stirn. »Ich werde nicht lange warten, dann hole ich mir mein blondes Glück ins Haus.«
Da wehrte Jutta lebhaft ab.
»Vater braucht mich noch in den Werken; und dann bin ich doch so jung – ich kann noch einige Zeit warten.«
Aber ich nicht! hätte Andersen beinahe gesagt; doch er hielt sich zurück.
»Ich hätte dich zwar gern bald als meine Frau heimgeführt – deinem Wunsch werde ich mich aber fügen«, sagte er, und Jutta atmete auf.
Dahlen klingelte nun und bestellte eine Flasche Wein und drei Gläser.
»Auf euer Glück!« Seine Hand zitterte, als die Gläser aneinanderstießen.
Sie saßen noch kurze Zeit zusammen.
Andersen sprach von der Veröffentlichung der Verlobung. Da machte Jutta den ersten Vorschlag.
»Wir warten noch einige Wochen, geben dann eine Gesellschaft und verkünden die Verlobung.«
Andersen überlegte kurz. »Könnte man die Verlobung nicht auf meinem Gut feiern?«
Dieser Vorschlag gefiel Jutta. Fern sein von hier, wenn sie sich öffentlich zu Andersen bekannte!
Andersen sprach schon weiter.
»Ich werde einige meiner Beamten einladen, dazu bin ich verpflichtet, auch von eurer Seite wird das geschehen müssen. Vor allem interessiert mich einer eurer Angestellten besonders. – Wie heißt er gleich, der große, vornehme Mensch?«
Jutta brachte kein Wort über die Lippen. Dahlen brachte Andersen auf den Namen.
»Klaus Heimburg meinen Sie sicher.«
»Ja«, sagte Andersen lebhaft. »Der Mann hat einen so günstigen Eindruck auf mich gemacht, daß ich ihm gern vorwärts helfen möchte.«
Dahlen lächelte.
»Sie wollen mir den Mann ausspannen?«
»Ich werde ein so wachsames Auge auf die Dahlen-Werke haben, daß Sie den Verlust kaum spüren werden. Aber noch ist es nicht so weit – es war nur ein Vorschlag«, lenkte Andersen ein.
»Ich ebne Herrn Heimburg gern den Weg. Aber überlassen wir ihm selbst, darüber zu entscheiden«, entgegnete Dahlen und wandte sich dann an Jutta.
»Wie denkst du darüber, Kind?«
Jutta fuhr auf wie aus schwerem Traum, ehe sie antwortete:
»Dein Vorschlag ist sehr vernünftig, Vater, vorausgesetzt, daß es überhaupt dazu kommt.« Dann setzte sie lebhafter hinzu: »Wollen wir nicht zu den anderen gehen? Man wird uns schon vermißt haben.«
»Ja, ich habe fast vergessen, daß wir erwartet werden. Tante Hermine muß es doch auch erfahren«, bemerkte Dahlen und stand auf. Mit ihm erhob sich auch Andersen.
»Vater!« Jutta hielt ihn zurück. »Ist es unbedingt nötig, daß – das heute noch geschieht?«
Unschlüssig sah Dahlen von Jutta auf Andersen. Dieser stimmte seiner Braut zu.
»Jutta hat nicht unrecht – morgen ist auch noch ein Tag. Lange werde ich sowieso nicht mehr bleiben; ich sehe Jutta an, daß sie sehr müde ist.«
Ein dankbarer Blick Juttas belohnte ihn.
So mußte Hermine an diesem Abend ihre Neugier bezähmen.
Doch sie wurde das Gefühl nicht los, daß Andersen plötzlich in ein anderes Verhältnis zu ihnen gerückt war. Auch über seine Worte auf ihre freundliche Einladung, bald wieder bei ihnen einzukehren,