Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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      Frau Heimburg durchfuhr ein Schreck.

      »Wie kommt mein Sohn dazu, mit seinem Chef eine Gesellschaft zu besuchen?«

      Frau Helmer versuchte Frau Heimburg aufzuklären.

      »Ihr Herr Sohn hat sich in den Werken gut eingearbeitet. – Aber das kann Ihnen mein Mann viel besser erklären. Da ist noch ein guter Geschäftsfreund von Bernhard Dahlen da, er hat die Leute eingeladen. Die Herrschaften sind heute früh nach Gut Harlien abgefahren. Dort wird ein Fest gefeiert.«

      »Also habe ich wenig Aussicht, heute noch meinen Sohn zu sprechen«, meinte Frau Heimburg nach einigem Nachdenken.

      »Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen? – Sie bleiben über Nacht bei uns.«

      Frau Heimburg überlegte nicht lange.

      »Ich danke Ihnen. Da habe ich wenigstens Gelegenheit, meinen Sohn sofort nach seiner Rückkehr sprechen zu können.« –

      Der Abend kam. Frau Heimburgs Unruhe steigerte sich. Sie versuchte, sie zu verbergen.

      Frau Helmer sah ihr aber an, daß sie sehr unaufmerksam der Unterhaltung folgte.

      Schließlich zog sich Frau Heimburg in das Zimmer ihres Sohnes zurück. Dort ließ sie sich im Dunkeln am Fenster nieder.

      Immer wieder malte sie sich den Augenblick aus, der die Begegnung mit ihrem Sohn bringen sollte.

      Das Geräusch eines Motors ließ sie auffahren.

      Kam jetzt Klaus?

      Sie tastete sich durch das dunkle Zimmer und fand glücklich den Lichtschalter. Dann ging sie wieder zurück zu ihrem Stuhl und lauschte angestrengt.

      Und dann hörte sie die Stimme ihres Sohnes! –

      Jetzt öffnete sich langsam die Tür.

      plötzlich schrie sie auf:

      »Klaus – Klaus!«

      Dessen Kopf ruckte in die Höhe, und er erkannte die schlanke Gestalt im Lehnstuhl.

      Da trieb es ihn vorwärts. Schon kniete er vor ihr nieder und legte seinen Kopf in ihren Schoß.

      »Mutter – Mutter!«

      Es klang erschütternd.

      Die Tränen liefen ihr unaufhaltsam über die Wangen. Ihr Gefühl hatte es ihr verraten: Klaus war tief verzweifelt –.

      Stille war im Zimmer. – Mutter und Sohn feierten ein trauriges Wiedersehen.

      Endlich fand sie die Sprache wieder.

      Während sie ihm zärtlich über das Haar strich, sagte sie mit zuckenden Lippen:

      »Ich habe deine Beichte gelesen, Klaus – sie hat mich ins Herz getroffen! Ich bin gekommen, dir dein Glück zu erringen! Keine Minute fände ich Ruhe, wüßte ich, daß du um meinetwillen leiden mußt!«

      Langsam hob Klaus den Kopf.

      »Mutter! Du kannst dir nicht vorstellen, wie es in mir aussieht! – Doch, doch!« verbesserte er sich rasch. »Nur du kannst es, weil du selbst den größten Kummer ertragen hast!«

      Er richtete sich auf, stellte sich vor sie hin.

      »Mutter! Weißt du, woher ich komme?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Ich Narr – ich komme von der Verlobung meiner Jutta – hörst du? Meine Jutta hat sich heute mit einem anderen verlobt!«

      Qualvoll stöhnte er auf, sank auf den Stuhl und ließ den Kopf auf die Arme sinken.

      Lange saß er so und rührte sich auch nicht, als ihm eine zitternde Hand sanft über das Haar fuhr.

      »Klaus!« hörte er die tränenerstickte Stimme der Mutter. »Das hat sie dir antun können?«

      Ruckartig hob er den Kopf.

      »Mutter – sie trifft kein Vorwurf! Sie weiß ja nicht, wie es um mein Herz bestellt ist!«

      »Klaus!« unterbrach sie ihn entsetzt. »Nur um meinetwillen hast du dich ihr nicht genähert? Wie soll ich das ertragen!«

      Er sprang auf und nahm sie in die Arme.

      »Liebe Mutter! Ich lasse mich nicht von einer unglücklichen Liebe unterkriegen! Fester denn je werden wir beide zusammenhalten! Arbeit wird mich alles vergessen lassen! – Einen Fehler habe ich allerdings gemacht, den ich jetzt büßen muß: ich dachte nicht an die Möglichkeit, daß sie ihr Herz einem andern schenken würde!«

      »Mach dir nur keine Gedanken mehr – und vergiß, daß die Liebe auch den stärksten Mann einmal umwirft!«

      Schwach lächelte sie ihn an und bat unter Tränen:

      »Klaus! Komm mit heim! Wenn du diese Liebe auch nie aus dem Herzen reißen kannst – aber fliehen kannst du sie!«

      Er trat mit müden Schritten zum Fenster und starrte in das Dunkel hinaus.

      Was blieb ihm übrig, als den Rat der Mutter zu befolgen: Am liebsten hätte er heute noch Narbach den Rücken gekehrt. Doch erstens mußte er die Kündigung einhalten und zweitens ging ihm nicht aus dem Sinn, was die beiden Menschen besprochen hatten, die er ungewollt belauscht.

      Unklar hatte er das Gefühl, daß beide zu einem Schlag gegen die Dahlens ausholten. Da er es jedoch nicht genau wußte, wäre es zwecklos gewesen, Bernhard Dahlen davon Mitteilung zu machen. – Er konnte sich ja auch täuschen – und dann war er der Blamierte!

      Mit raschem Entschluß drehte er sich um.

      »Am Ersten nächsten Monats werde ich um meine Entlassung bitten«, sagte er beherrscht. »Eher kann ich nicht weg.«

      »Klaus«, beharrte die Mutter, »das ist noch eine lange Zeit – du verlangst Unmenschliches von dir.«

      Da lächelte er.

      »Oh, ein Mensch kann noch viel mehr ertragen, Mutter!« und grübelnd setzte er hinzu: »Mir ist, als hätte ich hier noch eine Aufgabe zu erfüllen.«

      »Wie soll ich das verstehen?« fragte sie erstaunt.

      Er zog sie auf das Sofa und erfaßte ihre Hand.

      »Sieh, Mutter«, erzählte er, »als ich mich um eine Anstellung in den Dahlen-Werken bewarb, geschah es doch nur, um Jutta Dahlen nahe zu sein! Aber, das weißt du doch alles aus meinem Brief.«

      Sie nickte nur.

      »Später nahm mich auch meine Tätigkeit ganz in Anspruch. Mit offenen Augen begegnete ich sämtlichen Vorfällen in den Werken. Ich bemerkte, daß sie gut beschäftigt waren – und doch hatte Bernhard Dahlen Schwierigkeiten zu überwinden, die ich mir nicht erklären konnte. Es gelang mir, mit einigen Geschäftsfreunden von uns Verbindung aufzunehmen, die sehr wertvoll für die Dahlen-Werke sind. Bernhard Dahlen hat sich dafür sehr dankbar gezeigt. – Überhaupt«, er streifte sie mit einem scheuen Seitenblick, »ich habe mich dem Mann mit all meiner Härte entgegengestellt. Vielleicht war es ein Vertrauensbruch, den ich an dir begehe – aber meinen Groll, den ich gegen ihn hegte, hat er durch sein herzliches Wesen ganz und gar gebrochen.«

      Als erwartete er, daß sie entrüstet widerspräche, schwieg er einen Augenblick. Aber mit gesenktem Kopf lauschte sie.

      »Ich habe Bernhard Dahlen als gerechten Herrn kennengelernt; seine Arbeiter gehen für ihn durchs Feuer. – Aber da ist einer im Werk, der für ihn eine große Gefahr bedeutet – und, was das erstaunlichste ist: dieser Mann – Direktor Pegau heißt er – übt einen geradezu verblüffenden Einfluß auf Hermine von Erlstett aus.«

      »Pegau, sagtest du?« Tödliches Erschrecken lag in ihren Augen. »Wohnt er in der Villa, die man von hier aus sehen kann?«

      »Nein. – Wie kommst du darauf?«

      Schwer kamen ihr die Worte.

      »Reinhold Pegau – ist