Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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Sozius und übertragen Sie ihm die Scheidungsangelegenheiten. Sie können sich dann größeren Aufgaben widmen. Zum Beispiel könnte ich Sie mir gut als Strafverteidiger vorstellen.«

      Überrascht sieht er sie an, und sie gibt den Blick voll zurück. Genau das hat er häufig erwogen. Und sie spricht es so gelassen aus, als sei das selbstverständlich.

      »Leider geht das nicht, wenn ich es auch möchte. Man will eben mich haben und keinen anderen.«

      »Versuchen Sie es doch«, bohrt Annemarie hartnäckig weiter. »Es kommt ganz darauf an, wie Ihre Klienten reagieren.«

      »Ach, lassen wir das«, wehrt er ab. »Der Tag ist so wunderschön. Wir wollen ihn uns nicht verderben.«

      »Man muß auch unangenehmen Dingen ins Auge sehen«, wirft Annemarie ihm zu, und er lächelt überlegen.

      »Sie halten mich für einen Feigling? Für einen rücksichtslosen Geldverdiener?«

      Annemarie errötet tief. »Nein – durchaus nicht«, gesteht sie ehrlich überzeugt.

      Hartmann blickt auf die Uhr am Handgelenk. »Wie wäre es, wenn wir irgendwohin zum Essen führen?«

      »Aber dann nehmen Sie bitte Ihre kleine Tochter mit«, sagt Annemarie hastig, und Marina nickt dazu.

      »Wollen wir der kleinen Dame in ihrem Reich einen Besuch abstatten?« schlägt er vor, und sofort erheben sich die beiden Damen.

      Bevor sie das Kinderzimmer aufsuchen, führt Hartmann Marina durch alle Räume. Sie ist begeistert. Geschmack und Behaglichkeit strömen die Räume aus. Viel Licht kommt durch die breiten und hohen Fenster herein. Blattpflanzen und Topfblumen sind mit viel Liebe verteilt.

      »Hast du das alles angeordnet?« wendet Marina sich an die Freundin, und diese nickt gleichgültig.

      »Schließlich ist das mein Beruf.«

      »Wunderschön ist alles. Mann kann Ihnen, Herr Doktor, und auch Annemarie gratulieren. Hier läßt es sich schon aushalten.«

      »Meine Tochter sollte endlich wissen, wohin sie gehört. Kinder brauchen ein Elternhaus –.«

      »– und viel Liebe«, unterbricht Annemarie ihn, worauf er ernsthaft nickt.

      »Und jetzt zu Susanne«, sagt Hartmann und geht vor den Damen her in das erste Stockwerk. Es ist das einzige Zimmer, das Annemarie nicht zu sehen bekommen hat. Das hat Hartmann allein eingerichtet, ohne Annemaries Hilfe.

      Kaum haben sie die Tür geöffnet, kommt Susanne ihnen entgegengestürmt und umschlingt Hartmanns Beine.

      »Papi, lieber Papi!«

      Er bückt sich und hält sie etwas von sich ab. »Du hast geweint, Susanne?«

      »Ja, sehr geweint, Papi«, bestätigt sie. Hartmann blickt auf die Erzieherin.

      »Susanne war sehr ungezogen, und da –«

      Das Kind erzählt aufgeregt: »Ich wollte so gern zu dir und den beiden schönen Damen auf der Terrasse. Da hat mich Fräulein Vollmer geschlagen. Ich sollte durchaus ins Bett. Wo doch die Sonne so schön scheint.«

      Vorwurfsvoll blickt Hartmann von seiner Tochter, deren Wange gerötet ist, zur Erzieherin.

      »Warum haben Sie das Kind geschlagen?« fragt er streng.

      »Susanne ist ein widerspenstiges Kind. Einmal reißt einem die Geduld«, versucht sie sich zu verteidigen.

      »Und deshalb wollen Sie Susanne ins Bett stecken, jetzt um diese Tageszeit?«

      Ellen Vollmer schweigt trotzig. Sie ist noch nicht lange im Hause. Sie sieht nicht wie eine Erzieherin aus, eher wie ein Mannequin. Ihren an sich schönen Augen fehlt die Wärme, sie glitzern kalt.

      »Bedauerlich, daß Sie das Herz eines vierjährigen Kindes nicht zu erringen vermögen.« Er erhebt sich. »Kleiden Sie Susanne um. Ich nehme sie mit mir.«

      Hartmann verläßt mit den beiden Damen das Zimmer und begibt sich wieder auf die Terrasse. Er schenkt den Damen noch einmal von dem eisgekühlten Getränk ein, und kaum haben sie ihre Gläser ausgetrunken, als Susanne angeflattert kommt.

      »Da bist du ja, Susanne.« Annemarie zieht das Kind an ihre Seite. »Heute machen wir uns einen schönen Tag, ja? Ißt du gern Kuchen und Schlagsahne?«

      Susanne reißt die großen dunklen Augen auf. Genießerisch fährt die kleine Zunge über die Lippen.

      »Sehr gern, Tante, wenn Papi es erlaubt?«

      Annemarie wechselt einen schnellen Blick mit Doktor Hartmann und lächelt dem Kind zu.

      »Natürlich erlaubt er es. Du darfst soviel essen, wie du willst.«

      »O fein, Tante.« Sie mustert Annemarie eingehend und strahlt dann. »Du bist schön, Tante. Du gefällst mir«, gesteht sie treuherzig.

      »Du mir auch, Susanne.« Annemarie zieht das Kind näher zu sich und küßt es auf die Wange. »Bist ein kleiner lieber Schatz. Nun komm.«

      Doktor Hartmann ist zur Garage gegangen, um den Wagen zu holen. Zwischen Marina und Annemarie trippelt Susanne. Ihr kleines Herz ist randvoll angefüllt mit Freude. Aus dem Fenster aber blickt Ellen Vollmer aus bösen, zusammengekniffenen Augen hinter ihnen her.

      *

      Nach diesem schönen Wochenende erlebt Marina im Büro eine große Überraschung. Auf ihrem Schreibtisch steht ein riesiger Blumenstrauß.

      Barbara Markwart, mit der sie sich gut versteht und mit der sie längst das Du getauscht hat, neckt sie:

      »Das ist ja ein toller Strauß, Marina. Von welchem Verehrer ist er?«

      Marina zuckt die Achseln. Sie kann keine Karte finden, die den Spender erkennen ließe.

      »Keine Ahnung, Barbara.« Sie nimmt den Strauß und trägt ihn zum Fenster. »Der Duft verursacht mir Kopfweh.«

      »Schade«, bedauert Barbara, »und er sah so schön hier aus.« Sie seufzt tief auf. »Mir macht keiner solche netten Geschenke.«

      »Ich finde es komisch, daß keine Karte dabeiliegt. So kann ich mich nicht einmal bedanken«, sagt Marina nachdenklich.

      »Hauptsache –«, jäh verstummt Barbara. Generaldirektor Gellert ist eingetreten. »Ist die Post fertig?«

      Er sieht dabei Marina nicht an, aber er bemerkt den wunderschönen Strauß. Sein Gesicht wird abweisender denn je.

      »Sofort, Herr Generaldirektor«, beeilt Barbara sich zu antworten. »Ich werde sie gleich sortieren und Ihnen bringen.«

      »Danke!«

      Kaum hat sich die Tür hinter Albert Gellert geschlossen, flüstert Barbara der betroffen schweigenden Marina zu:

      »Dicke Luft, Marina, merkst du es?«

      »So ist er immer zu mir.« Sie möchte hinzusetzen: Aber erst in den letzten Wochen ist er so unzugänglich und schroff geworden. Sie verschluckt es und nickt nur.

      Eifrig arbeiten beide Mädchen, bis Barbara im Zimmer des Generaldirektors verschwindet. Marina blickt lange auf die geschlossene Tür.

      Sie kann sich einfach nicht erklären, weshalb Gellert sich so verändert hat, nachdem er anfangs freundlich zu ihr war und ihr geholfen hat, damit sie sich schnell einarbeiten konnte.

      Nach einiger Zeit kommt Barbara zurück und wirft die Post auf den Tisch, die für die einzelnen Abteilungen bestimmt ist. Sie ist erregt und kann kaum Atem holen.

      »Stell dir vor, Marina, ich soll morgen mit dem Chef nach England fliegen! Dabei kann ich kaum drei Worte Englisch. Wie will er da mit mir bloß zurechtkommen? Sprichst du nicht perfekt Englisch?«

      »Ja«, erwidert Marina kurz, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.

      »Das verstehe ich nicht, Marina. Da konnte er dich doch mitnehmen?«

      Marina