Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman


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vor: »Achim Wattenberg – Frau Wolters.«

      »Sehr erfreut«, sagt sie und streckt ihm mit einer lässigen Handbewegung die Rechte entgegen. In der Linken hielt sie das dünne Sektglas. Ein breiter wippender Hut beschattet geheimnisvoll ihr hübsches Gesicht. Die duftige Kleiderwolke ist in der Farbe genau mit ihren Augen abgestimmt.

      Wattenberg ist wütend, daß sie ihn zwingt, die Komödie mitzuspielen. Auch die Hand muß er ihr geben.

      Im Nu hat er sich jedoch wieder gefangen. Er spricht kein Wort mit ihr, begrüßt die anderen und geht dann mit dem Hausherrn etwas abseits.

      »Schöner Rummel, nicht?« lacht Listner zu Wattenberg auf, der ihn um ein Stück überragt. »Hatten Sie schon etwas zu trinken?« Er strahlt über das ganze gutmütige Gesicht, wie stets, wenn er weiß, seine Gäste amüsieren sich gut bei ihm.

      Er winkt dem nächststehenden Diener zu, nimmt zwei Gläser vom Tablett und dreht sich Wattenberg zu. »Sekt – oder etwas Scharfes?«

      »Etwas Scharfes wäre mir lieber.«

      Listner stellt die beiden Sektkelche zurück und fragt: »Wie wäre es mit Whisky pur?«

      »Das wäre gerade richtig.« Sie bekommen ihren Whisky und trinken sich zu.

      »Sie kommen reichlich spät, mein Lieber. Haben Sie schon etwas zu sich genommen? Drüben ist das Büfett aufgebaut. Nehmen Sie nach Herzenslust.«

      »Danke, später«, lehnt Wattenberg vorläufig ab. »Trinken wir lieber noch was.«

      Sie bekommen noch einen Whisky und trinken sich wieder zu. Listner macht eine diskrete Kopfbewegung zu Nana. »Was sagen Sie zu meiner neuen Bekanntschaft? Ist sie nicht eine Bereicherung jeder Gesellschaft?«

      Ach, du ahnungsloser Engel! denkt Wattenberg. Er muß aber etwas antworten. So meint er gleichgültig: »Sie sieht gut aus.«

      Listner scheint von der Antwort nicht recht befriedigt. Dann hat er begriffen. Er lacht fröhlich auf. »Ich hatte vergessen, Wattenberg, daß Sie immer noch keinen Respekt vor den Frauen haben und sich möglichst fern von ihnen halten.«

      Wattenberg verzieht das Gesicht zu einem Grinsen. »Nur vor einer bestimmten Sorte laufe ich davon, mein lieber Listner. Vor meiner Tante Mary und vor hochexplosiven Wesen.«

      Listner lacht wieder auf. »Immer noch nicht das Kriegsbeil mit Tante Mary begraben? Vor Tante Mary würde sogar ich die Waffen strecken.«

      »Nun, Sie wissen ja, warum ich nicht heiraten kann. Eine junge Frau kann ich Tante Mary nicht vor die Nase setzen. Sie würde sie glatt zermalmen. Ins Altersheim würde sie niemals gehen, auch bin ich es dem Andenken meiner Mutter schuldig, sie bei mir zu behalten. Komisch, wie zwei Menschen so grundverschieden sein können. Meine Mutter war die sanfteste und verständnisvollste Frau. Sie verbreitete Gemütlichkeit und Wärme um sich…«

      »Wovon sogar noch ich profitiert habe«, fällt Listner ihm ins Wort. »Früher liebte man den heimischen Herd. Heute gibt man Partys mit Massenabfütterungen.« Er zuckt mit den Schultern. »Na ja, etwas muß der Mensch ja haben.«

      »Ja, etwas muß der Mensch haben«, wiederholt Wattenberg, und er sieht einen Frauenkopf vor sich mit Haaren so schwarz wie japanischer Lack, und Augen vom reinsten Veilchenblau.

      Listner erhebt sich. »Sie entschuldigen mich, Wattenberg. Ich muß mich auch um die anderen kümmern. Wir sehen uns noch.«

      Langsam geht Wattenberg den anderen Räumen zu. Den älteren Herrschaften fühlt er sich am meisten verbunden. Er bleibt hier und da plaudernd stehen, frischt alte Erinnerungen auf und geht weiter.

      Im vorletzten, etwas kleineren Zimmer trifft er auf die Frau des Justizrates, eines Mannes, den er persönlich sehr schätzt, und auf die Frau des Amtsgerichtsrats. Er lächelt grimmig vor sich hin.

      Da waren doch glücklich die größten Klatschbasen des Ortes beisammen! Er tritt näher und stutzt. Deutlich glaubt er Bettinas und seinen Namen gehört zu haben. Was nun folgt, kann seinen Ohren einfach nicht entgehen.

      »Ja – und das Kind, das sie erwartet? Ob es wirklich Jürgens Kind ist?«

      Er kommt aus dem Schatten hervor und tritt in den Lichtkreis der Stehlampe.

      »Guten Abend, meine Damen.«

      Mit einem Entsetzenslaut fahren sie beide herum. Sie sehen regelrecht töricht aus. Schnell erheben sie sich und verschwinden durch die Fenstertür in den Garten. Das sprichwörtlich gewordene schlechte Gewissen treibt sie davon.

      Wattenbergs Denken war vor-übergehend ausgeschaltet. Dann setzt es um so lebhafter ein. So eine Gemeinheit, so eine riesengroße Gemeinheit.

      Er macht auf dem Absatz kehrt und sucht Listner. Er zieht ihn zur Seite. Die Erregung kämpft er nieder.

      »Eine Frage, Listner, wissen Sie um die Gerüchte, die um Bettina Kröger und mich kursieren?«

      Er sieht den Gastgeber ernst an und bemerkt sofort die Verlegenheit in dessen Zügen.

      »Aber, Wattenberg«, versucht Listner abzuschwächen, denn er sieht das gefährliche Funkeln in Wattenbergs Augen. »Sie werden nichts auf böswilliges Geschwätz geben? Darüber sind Sie doch erhaben.«

      Wattenberg wischt mit der Hand durch die Luft.

      »Ich wohl, lieber Listner, aber nicht die Frau, die wehrlos angegriffen wird. Übrigens, ich gedenke, Frau Kröger zu heiraten. Wenn es soweit ist, sollen Sie mir ein lieber Gast sein. Jetzt gestatten Sie, daß ich mich verabschiede. Dank für den aufschlußreichen Abend…«

      Wattenberg geht dem Ausgang zu. Alle gute Laune ist ihm genommen.

      *

      »Besuch ist da für dich, Liebes.« Franziska steckt den Kopf zur Tür herein. »Sie sagte, sie würde dich kennen – oder du sie. Na ja, ist ja auch gleichgültig. – Weißt du, sie hat so einen komischen Geruch an sich«, meint sie und kommt langsam tiefer in Bettinas Zimmer. »Sie ist in eine Duftwolke eingehüllt. Der ganze Salon stinkt danach.«

      »Aber, Mama«, verweist sie Bettina lachend.

      »Nun geh schon, Kind. Und nimm dir ein sauberes Taschentuch mit, damit du dir die Nase zuhalten kannst.«

      Lachend geht Bettina aus dem Zimmer und sucht den Salon im Erdgeschoß auf, wohin alle Besucher geführt werden.

      Aus einem Sessel erhebt sich Nana Wolters.

      »Ach, Sie sind es«, sagt Bettina, und alles an ihr ist Abwehr. Mama hat doch recht. Sie ist in eine Wolke Parfüm eingehüllt, aber es ist ein sehr teures Parfüm.

      Nana nimmt ungeniert wieder Platz. »Darf ich rauchen?« fragt sie leichthin.

      »Bitte. Ich hoffe, unsere Unterhaltung wird sich nicht allzusehr in die Länge ziehen.«

      »Das liegt ganz bei Ihnen.« Nana raucht genüßlich ihre Zigarette.

      »Und was hat Sie zu mir geführt? Ich glaubte, wir hätten uns nichts mehr zu sagen.« Bettina ist ruhig geworden. Sie hat die Frau zur Kenntnis genommen. In ihr ist alles tot, worüber sie einmal leidenschaftlich verzweifelt war.

      Ein neues Licht ist in ihr aufgegangen. Eine neue Liebe hat Einzug in ihr Herz gehalten. Ihr stockt fast der Atem bei diesen Gedanken. Mein Gott, sie liebt Wattenberg, ja, sie hat ihn unbewußt immer geliebt.

      Und diese Liebe, die tief und fest in ihrem Herzen eingeschlossen ist, gibt ihr die Haltung, die sie Nana gegenüber einnehmen muß.

      Noch einmal fragt sie gelassen: »Was führt Sie in mein Haus?«

      Nana wippt mit dem Fuß. »Nur eine Kleinigkeit«, sagt sie und sieht mit ihren harten Augen auf Bettina. »Geld!«

      »Geld?« fragt Bettina verwundert. In ihrer Stimme liegt offensichtlicher Hohn. »Wollten Sie mir welches bringen? Hat Sie doch die Reue gepackt, den Krögers zuviel weggenommen zu haben?«

      Nana möchte vor Wut platzen. Die hoheitsvolle